Kultur: Wie ein Zuhause
Eva Brunner als Gast wieder am Hans Otto Theater. Sie spielt in Kästners „Pünktchen und Anton“
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„Als ich Anfang 1992 in Potsdam ankam, bekam ich einen Schreck. Der Zuschauersaal im Theater in der Zimmerstraße wurde gerade geschlossen. Die Stadt hatte kein richtiges Theater mehr. Man spielte zunächst auf der Bühne hinter dem eisernen Vorhang im alten Haus sowie auf der Probebühne. Dann war auch noch der Januar so trist. Es sah hier alles ganz traurig aus. Im November 1992 ging es dann in die eher unbeliebte Blechbüchse.“ Die Schauspielerin Eva Brunner sinniert über ihr gut zweijähriges Engagement am Hans Otto Theater und ihre Erlebnisse in Potsdam. Wenn sie heute, 2007, hierher kommt, erlebt sie die Stadt als eine ganz andere, eine, die sich fein herausgeputzt hat. „Natürlich das neue Theaterhaus am Havelufer begeistert mich.“
Und sie freut sich, dass sie auf seiner Bühne stehen darf. Heute ist für sie nach dreizehneinhalb Jahren wieder Premiere am Hans Otto Theater. In dem Stück „Pünktchen und Anton“, das nach dem gleichnamigen bekannten Kinderbuch von Erich Kästner gespielt wird, ist Eva Brunner das resolute Dienstmädchen der reichen Fabrikantenfamilie Pogge. Sie hilft Pünktchen und Anton, einem bösen Komplott des Kindermädchens und des Ganoven Robert auf die Schliche zu kommen. Die beiden Kinder verbindet eine tiefe Freundschaft, obwohl sie aus sozial unterschiedlichen Familien kommen. Pünktchen wächst in einem wohlhabenden Haushalt auf, Anton muss sich mit seiner Mutter jeden Groschen vom Munde absparen. „Die Geschichte, die Anfang der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts spielt, hat mit seiner Arm-Reich-Thematik von seiner Aktualität leider noch nichts eingebüßt. Das verstehen auch die Kinder bestens, schließlich kann man es vor allem in Berlin täglich erleben, besonders auf den Bahnhöfen.“
Eva Brunner hat nach Potsdam Engagements in St. Gallen und Konstanz angenommen. Seit gut einem Jahr aber ist sie freischaffend und wohnt mit ihrem Mann, einem Musiker, sowie ihren beiden Kindern in Berlin. Dort stand sie aber selten auf der Bühne. „In Berlin künstlerisch ankommen wollen natürlich viele meiner Kollegen. Aber der Markt wird immer dünner.“ Und so war sie froh, dass eines Tages der Regisseur Jürgen Sihler bei ihr anrief und sie fragte, ob sie nicht in „Pünktchen und Anton“ mitmachen möchte. Ein wenig zögerte sie noch, aber ihre siebenjährige Tochter entschied, dass sie die Rolle zu spielen habe. „Sie möchte mich unbedingt in einem Kinderstück erleben.“
Den Regisseur und Schauspieler Jürgen Sihler kennt die Österreicherin schon seit ihrem gemeinsamen Studium am Mozarteum in Salzburg. „Ich habe nie mit ihm auf der Bühne gestanden oder unter seiner Regie gespielt, aber wir haben uns nie aus den Augen verloren.“ So freut sie sich, dass sie mit ihm in Potsdam arbeiten kann. „Es war hier für mich wie ein Wieder-nach-Hause kommen, in ein geliebt-ungeliebtes Zuhause. „Besonders die Kollegen, die hinter der Bühne arbeiten, kenne ich noch. Sie sind von großer Herzlichkeit. Wir erinnern uns an die schwierigen Zeiten Anfang der neunziger Jahre, an die meist wunderbaren Proben und an Vorstellungen, die leider nur von wenigen Zuschauern besucht wurden. Manchmal kamen nur zehn.“ Da stellte sich für sie die Sinnfrage: Lohnt es sich noch in Potsdam Theater zu spielen. Frustriert verabschiedete sie sich inmitten der Spielzeit 1993/94 vom Hans Otto Theater.
Zuschauerprobleme kennt das Potsdamer Theater heutzutage nicht. Und bei Kinderstücken zur Weihnachtszeit sowieso nicht. Mehr als 20 Mal wird Eva Brunner das Dienstmädchen verkörpern. Ein Kraftakt, „der aber Spaß machen wird. Die Kinder reagieren nämlich ganz spontan auf unser Spiel. Wenn wir nicht hundertprozentig bei der Sache sind, dann sind sie es ebenfalls nicht.Was will man auch anderes verlangen?“
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