zum Hauptinhalt
Prägend. Der Kirchenmusikdirektor Friedrich Meinel.

© Andreas Klaer

Kultur: Wirken mit Ausstrahlung

Kirchenmusikdirektor Friedrich Meinel feiert heute seinen 80. Geburtstag

Stand:

Kirchenmusik – das ist Singen der Gemeinde, Orgelspiel, Chorgesang, Konzert und die ganze Vielfalt traditioneller und neuer Kompositionen, die auf ihre Weise Gottes Wort verkündigen, die erfreuen, trösten und zum Glauben einladen. Viele Menschen in den Kirchengemeinden und darüber hinaus haben Anteil daran, dass die Musica sacra erklingt und gepflegt wird. Und ihre Interpreten, ob Laien oder Profis, pflegen nicht nur Werke vergangener Zeiten, sondern halten die neugierige Nase in den Wind der Gegenwart.

Verantwortlich dafür sind die Kantoren. Sie prägen maßgeblich das kirchenmusikalische Geschehen in der Gemeinde, das oftmals auf die gesamte Stadt und die Region ausstrahlt. Dazu gehört auch Friedrich Meinel, dessen Wirken in Potsdam mehr als fünf Jahrzehnte beträgt. Sein Werdegang erzählt von der Entwicklung und der Geschichte der evangelischen Kirchenmusik in der Stadt an der Havel, die bekanntlich eine sehr reiche ist. Auch nach dem Erreichen des Rentenalters vor 15 Jahren blieb er seinem langjährigen Wirkungsort, der Erlöserkirche in der Brandenburger Vorstadt, treu verbunden. An vielen Sonntagen und Feiertagen des Kirchenjahres versieht er hier den Organistendienst.

Heute feiert er seinen 80. Geburtstag. Kaum zu glauben, wenn man sein immer noch hoch motiviertes und facettenreiches Spiel auf der Schuke-Orgel erlebt. Ohne den Bau dieses Instruments hätte Friedrich Meinel Potsdam wohl nicht angesteuert. Der in Schneeberg im Erzgebirge Geborene, der an der Kirchenmusikschule Halle studierte, war zunächst Kantor in Mühlhausen. Doch Veränderungen können oftmals erfrischend sein und geben reizvolle Zukunftsaussichten. Als die Stelle des Organisten und Kantoren an der Erlöserkirche in Potsdam frei wurde, schickte Meinel eine Bewerbung in die Stadt an der Havel. Beim Gespräch mit dem Gemeindekirchenrat, der die Begabungen des jungen Kirchenmusikers erkannte, ließ Friedrich Meinel unmissverständlich durchblicken, er käme nur an die Erlöserkirche, wenn das Gotteshaus eine neue Orgel bekäme, denn die alte sei in einem kaum sehr erquickenden Zustand. Es dauerte nicht lange, die Zusage für den Neubau einer Schuke-Orgel wurde gegeben. Friedrich Meinel kam nach Potsdam. Nun begann eine ereignisreiche Zeit für den Kantor, für seine Frau Annemarie, die ihm kirchenmusikalisch eine unentbehrliche Stütze war und ist, für die Gemeinde, für die Chöre, die er weiterentwickelte beziehungsweise ins Leben rief: die Potsdamer Kantorei, der Motettenchor, der Kinderchor – Ensembles, die durch ihre Qualität beeindruckten.

Mit der Kantorei, die bis zu 120 Sängerinnen und Sänger zählte, führte er die großen Oratorien der Musikgeschichte auf. Aber auch Werken des 20. Jahrhunderts galt immer wieder seine Aufmerksamkeit: Frank Martins „Golgotha“, die „Psalmensinfonie“ von Igor Strawinsky, „Summa vitae“ von Hans Chemin-Petit oder das „War Requiem“ von Benjamin Britten. 1993 brachte er mit Adele Stolte als Solistin das „Potsdamer Te Deum“ von Helmut Barbe zur Uraufführung. Die Sopranistin gehörte wie Sibylle Suske, Gerda Schriever, Wolf Reinhold, Christian Vogel, Peter-Volker Springborn, Johannes Künzel oder Thomas Wittig zu den Oratoriensängerinnen und -sängern, die vielen Aufführungen einen besonderen Glanz verliehen. Meinels intensive chorerzieherische Arbeit zahlte sich aus. Er erreichte mit seinen Mitstreitern einen ausgewogenen Chorklang und eine Transparenz, die faszinierten. Mit der Kantorei und den anderen Ensembles verstand der Kantor in beeindruckender Weise das Wort Gottes auszudeuten und musikalisch erlebbar zu machen. Die Potsdamer Kantorei besteht auch heute ohne Kantor, da der Potsdamer Kirchenkreis aus Sparzwängen die Stelle eines hauptamtlichen Kirchenmusikers an der Erlöserkirche Mitte der neunziger Jahre leider strich. Der aus Israel stammende Dirigent Ud Joffe führt die Arbeit Meinels in der Chorarbeit fort und setzt neue Akzente.

Nach wie vor ist Friedrich Meinel Organist an der Erlöserkirche, nunmehr aber im Ehrenamt. Mit hörbar großem Enthusiasmus. Die Orgel stellte er neben den Chören in den Mittelpunkt des kirchenmusikalischen Wirkens. Vor mehr als 20 Jahren hat er gemeinsam mit seinem Kollegen an der Friedenskirche, Matthias Jacob, den renommierten Internationalen Orgelsommer initiiert. Der Meister des Orgelspiels war auch ein gefragter Lehrer. Interimsweise leitete er in den Achtzigern ein Jahr lang die Kirchenmusikschule in Greifswald für deren erkrankten Rektor. Nach der Wende erhielt er einen Lehrauftrag an der Universität der Künste Berlin und wurde Professor.

Friedrich Meinel hat seinen Dienst für die Musica sacra nicht allein um des künstlerischen Erlebnisses und Genusses verstanden, sondern auch im Sinne des von Johann Sebastian Bach verwendeten Signums: „Deo soli gloria“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })