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Kultur: „Woodstock am Karpfenteich“

Ulli Blobel schrieb ein Buch über die Anfänge der Jazz-Szene in der DDR / Morgen gibt es im Nikolaisaal eine Jazzwerkstatt

Stand:

Vor vierzig Jahren in einer Kleinstadt bei Cottbus, in Peitz bei den Karpfenteichen, war Ulli Blobel der Erste, der ein Jazzfestival in der DDR organisierte. Die Jazzwerkstatt Peitz war zehn Jahre lang ein kleines „Woodstock am Karpfenteich“, zu dem Mengen Rotwein geschmuggelt und internationale Jazzkünstler eingeladen wurden. Für Viele war es der „Höhepunkt der Jugend“, sagt Blobel. Alte Bekannte hätten ihm erzählt, ihr Leben wäre möglicherweise anders verlaufen, wenn sie damals in Peitz nicht so eine Art von freiem Geist und Unabhängigkeit gespürt hätten. Ulli Blobel kennt seitdem alle wichtigen Namen der Jazzszene und die meisten kennen ihn – heute noch. 1982 fand die Jazzwerkstatt mit einem Verbot der Kulturbehörde der DDR ihr vorläufiges Ende und Ulli Blobel wurde in den Westen ausgewiesen. Nach vielen Jahren in Wuppertal zog Ulli Blobel erst vor fünf Jahren nach Berlin zurück und ließ die Jazzwerkstatt in Berlin und Potsdam als Konzertreihe wieder auferstehen.

In Potsdam ist die Jazzwerkstatt seit 2006 aktiv. Zuerst fand sie im gläsernen Foyer des Hans Otto Theaters statt, zog dann ein Jahr später ins Foyer des Nikolaisaals. Und wurde gut angenommen, was Blobel nicht für ganz selbstverständlich hält: „Wir machen immer noch modernen Jazz, nicht Jazz als Unterhaltungskulisse. Wir sind in der Programmwahl sehr künstlerisch und zeitgenössisch orientiert.“

Nun, rechtzeitig zum 40. Jubiläum der Jazzwerkstatt, hat Ulli Blobel ein Buch über die Anfänge geschrieben: „Woodstock am Karpfenteich. Die „jazzwerkstatt Peitz“ heißt die Hommage, die gerade rechtzeitig zur Jazzwerkstatt am morgigen Donnerstagabend im Foyer des Nikolaisaals erscheinen wird. Vorstellen wird Blobel es zusammen mit zwei alten Bekannten aus Peitz: den Gitarristen Uwe Kropinski und Joe Sachse. Uwe Kropinski hat in den Siebzigern sein erstes Solokonzert bei Blobel auf dem Festival in Peitz gespielt. Zusammen mit Joe Sachse nennt ihn Blobel einen der „populärsten ,DDR-Gitarristen’ aus der Anfangszeit“. Beide bringen am Donnerstag ihre sehr unterschiedlichen Stile zusammen, der eine aus dem Rock, der andere als filigraner Konzertgitarrist.

Geschrieben hat Blobel das Buch zur Jazzwerkstatt zusammen mit acht alten Hasen aus der Peitzer Zeit. Er hat sie alle zusammengesucht: darunter Christoph Diekmann von der Zeit, ein alter Fan von Peitz, Berd Noblik, der damals der einzige Jazzjournalist in der DDR war und heute noch immer einer der bekanntesten ist oder Stephan Wolle, ehemaliger Mitarbeiter der Gauckbehörde, heute Kurator im DDR-Museum. Jeder der acht Koautoren schildert die Erinnerungen und Ereignisse in Peitz aus seiner Sicht. Die meisten Kontakte waren über die letzen zwanzig Jahre eingeschlafen, aber auch nach so langer Zeit wurden Blobels Anfragen freudig aufgenommen.

Für jemanden, der, wie er sagt, nur noch das tut, was ihm Spaß macht, ist Blobel recht beschäftigt. Seit den ersten schlecht besuchten Veranstaltungen ist die Jazzwerkstatt heute mit bis 120 Konzerten im Jahr eine der aktivsten modernen Jazzakteure in Deutschland mit einem regelmäßigen Stammpublikum.

Mittlerweile hat Blobel für die Jazzwerkstatt kleine Festivals in Rom, Palermo und, worauf er ganz besonders stolz ist, auch einen in New York organisiert. Die Buchpräsentation am Donnerstagabend in Potsdam ist für ihn der Beginn einer kleinen nostalgischen Tournee, die ihn auch wieder zurück nach Peitz führen wird. Undine Zimmer

jazzwerkstatt: „Woodstock Am Karpfenteich“ mit Ulli Blobel, Joe Sachse und Uwe Kropinski, Morgen um 20.30 Uhr im Foyer des Nikolaisaals, Eintritt 15 Euro

, ine Zimmer

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