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Kultur: Zauber des Orients

Vorboten: Zwei türkische Zelte im Neuen Palais

Vorboten: Zwei türkische Zelte im Neuen Palais Zwei türkische Zelte, außen aus schlichtem Leinen, innen mit gemustertem seladongrünen Damast ausgeschlagen, wurden gestern im Neuen Palais aufgebaut. Sie sind die Vorboten der Ausstellung „Der Traum vom Orient - Wilhelm II. im Osmanischen Reich“, die ab 30. April in den Untern Roten Kammern gezeigt wird. Den Vergleich mit den teils riesengroßen, prachtvoll ausgestatteten Zelten, von denen die Sultane auf ihren Feldzügen eine ganze Zeltstadt mitführten, halten die beiden im Palais gezeigten luftigen Behausungen mit 2,80 mal 2,47 m Grundfläche und 1,80 m Höhe nicht aus. Auch stellen sie keinen Teil der Türkenbeute dar, die die europäischen Heere den osmanischen Kriegern nach ihrem Sieg von 1687 abnahmen. Ebenso stammen sie nicht aus der Türkei, sondern sind in der Berliner Hoftapeziererwerkstatt angefertigt worden. Damit stellen sie aber wichtige Zeugnisse der „Orientmode“ jener Zeit dar. Die Zelte sind erst in den 90er Jahren bei Restaurierungsarbeiten im Huis Doorn wiederentdeckt worden, berichtete der Konservator der Stiftung, Dr. Dick Verroen, den PNN. Kaiser Wilhelm II. hatte nach seiner Abdankung 1918 nicht weniger als 59 Güterwaggons voller Kunstschätze und Einrichtungsgegenstände mit ins holländische Exil genommen, und einiges davon harrt immer noch der Erschließung. Warum der Exkaiser die Zelte mit nach Doorn nahm, konnte Verroen bisher nicht klären. Sie waren wahrscheinlich als Spielzeug für die heranwachsenden Prinzen bestimmt. Dafür spricht auch eins der beiden türkischen Tischchen, die in den Zelten aufgestellt werden. Die Hofdame der Kaiserin Auguste Viktoria, Gräfin Brockdorff, hatte es 1898 auf der zweiten Orientreise Wilhelms aus der Palette von Geschenken ausgewählt, die der Sultan in einem Saal für seine deutschen Gäste bereitstellen ließ. Später schenkte sie das Tischchen Prinz Eitel Friedrich. Die Zelte, die in Huis Doorn durch die Textilrestauratorin Loutje den Tex aufgearbeitet wurden, werden einen der drei Räume der Orient-Ausstellung bestimmen, erläuterte deren Kuratorin Gudrun Gorka-Reimus, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Im einem zweiten Raum werden die drei Reisen Wilhelms II. in das Osmanische Reich beleuchtet, mit dem Preußen-Deutschland enge politische, wirtschaftliche und militärische Beziehungen unterhielt. Sie fanden 1889, 1898 und 1917 statt. Im dritten Raum sind kostbar verzierte Waffen, Schmuck, Porzellan, Möbel, Teppiche und Orden zu sehen , die der Kaiser vom Sultan zum Geschenk erhielt oder als Reiseandenken mitbrachte. Wie PNN von Konservator Verroen erfuhren, ist die Zusammenarbeit zwischen Huis Doorn und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten intensiviert worden. Bereits im August wird es ebenfalls im Neuen Palais die nächste Ausstellung geben, dann mit Beispielen aus dem fotografischen Nachlass des Kaisers, der nicht weniger als 12 000 Aufnahmen mit ins Exil nahm. Dazu zählen zwei der weltweit nur drei erhaltenen Gold-Daguerreotypien, des Vorläufers der Fotografien. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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