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Kultur: Zerstörung einer Kontinuität

Vertrag für Chef der Brandenburger Symphoniker wird nicht verlängert

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Michael Helmrath, Chefdirigent der Brandenburger Symphoniker, soll gehen. Dies hat der Aufsichtsrat des Theaters der Havelstadt beschlossen. Neben Helmrath, dessen Vertrag Ende der Spielzeit 2010/11 nicht verlängert werden soll, muss sich auch Intendant Christian Kneisel zwei Jahre später verabschieden. Dies machte dieser Tage in Brandenburg die Runde. Aufregung herrschte, weil das erfolgreiche Wirken Kneisels und Helmraths auch durch eine schlechte Stimmungsmache niedergeredet werden soll. Die Zuschauerzahlen sprechen aber eine eigene Sprache. 2008 besuchten rund 80000 Zuschauer das Brandenburger Theater (BT) in 395 Veranstaltungen. Für 2009 liegen sie noch nicht endgültig vor.

Das BT sieht sich in einer misslichen Situation. Vor mehr als zehn Jahren wurden zwei Sparten – das Schauspiel- und das Musiktheaterensemble – abgeschafft. Der damalige SPD-Kulturminister Steffen Reiche schickte die meisten Künstler und fast das gesamte technische Personal nach Hause. Mit einem Theaterverbund, in dem neben Brandenburg auch Potsdam und Frankfurt an der Oder beteiligt sind, wollte man das fehlende Repertoire in den Städten mit Gastspielen begegnen. Dennoch sollte das Brandenburger Theater mit seinem Orchester, das bestehen blieb, mit Oper, Operette und Musical nach Frankfurt und Potsdam reisen. Doch ohne eigene Solisten und Chor. Man bemühte sich mit Gästen den Landesauftrag zu erfüllen. Doch die finanzielle Situation verschärfte sich auch in Brandenburg. Die kostenaufwendigen Musiktheaterproduktionen konnten nicht mehr gedeckelt werden. Vor zwei Jahren hob man zwar noch die Oper „Kleist“ erfolgreich aus der Taufe und im Mai wird Puccinis „La Bohéme“, die sich vor allem auch an junge Zuschauer richtet, Premiere haben. Diese Inszenierungen haben aber mit Kontinuität nichts mehr zu tun.

Den Theaterverbundauftrag in Sachen Musiktheater können die Brandenburger nicht mehr erfüllen. Das brandenburgische Kulturministerium verpflichtete 2009 das Staatstheater Cottbus die Städte Potsdam, Brandenburg und Frankfurt mit Oper- und Operettenaufführungen zu bereisen. Im kommenden Jahr läuft dieser Theaterverbundvertrag aus und muss neu überdacht werden.

Die beiden Brandenburger Theaterhäuser, die nach der Wende eröffnet wurden, zogen vor allem Gastensembles ein, wenn man von dem erfolgreich agierenden Laien-Jugendtheater der Stadt einmal absieht. Viele Brandenburger beklagen, dass sie zu ihrem Theater kaum eine Beziehung aufbauen können. Sie seien nämlich nur durch ein eigenes Ensemble möglich, nicht durch austauschbare Gastspiele. Das Hans Otto Theater Potsdam hat einen schweren Stand bei den Zuschauern in Brandenburg. Die Aufführungen, die Stücke für Kinder ausgenommen, finden jedoch wenig Resonanz.

Die Brandenburger Symphoniker sind nach wie vor beliebt, in Brandenburg sowie in Potsdam und anderswo. Der Nikolaisaal lädt regelmäßig den Klangkörper und seinen Dirigenten Michael Helmrath zu bestens besuchten Konzerten ein. Der Aufsichtsrat möchte aber, dass Helmrath im Sommer 2011 die Chefposition der Symphoniker aufgibt. Doch man hat anscheinend vergessen, dass man einen neuen hervorragenden Dirigenten in knapp einem Jahr wohl kaum in die Havelstadt holen kann. Vorgeworfen wird Michael Helmrath beispielsweise, dass er zu viel probe. Aber bei jedem Auftritt wird deutlich, dass sich die intensive Arbeit mit dem Orchester sehr lohnt. Die klangliche und interpretatorische Qualität der Symphoniker, die man derzeit hören kann, war in Brandenburg noch nie zu erleben. Gute Kontinuität sollte man nicht zerstören.

Es ist verständlich, dass Künstler ihren Wirkungsort hin und wieder wechseln sollten. Aber dies muss in Ruhe geschehen, ohne Hektik. Dies käme auch dem Orchester und nicht zuletzt den Publikum zugute. Klaus Büstrin

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