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Kultur: Zu Gast bei Freunden

Keimzeits 25. Geburtstag im Lindenpark

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Wir schreiben das Jahr 1982. Der Brachvogel wird zum „Vogel des Jahres“ gekürt, Italien gewinnt die Fußballweltmeisterschaft mit 3:1 gegen Deutschland, die Popgruppe ABBA löst sich auf und Helmut Kohl wird zum Bundeskanzler gewählt. Na? Ist in dieser Liste nicht etwas vergessen worden? Genau! Vor 25 Jahren wurde eine der bekanntesten Bands Ostdeutschlands gegründet. Vorhang auf für Keimzeit!

Die dazugehörige Geburtstagsfeier fand am Freitag im Potsdamer Lindenpark statt. Die Band hatte mit drei Stunden Bühnenprogramm sowie den Protagonisten aus 25 Jahren Keimzeit geworben. Der Lindenpark gleicht an diesem Abend einem bunten Familientreffen. Man grüßt sich, man umarmt sich und mittendrin spielen die Kinder.

Dann ertönt der erste Song „Bunte Scherben“ und Norbert Leisegangs charakterstarke Stimme weckt so manche Erinnerung in den Herzen der treuen Fans. Gleich danach betritt die Schwester des Keimzeit Sängers die Bühne und mit ihr geht es zurück in die Gründungsjahre der Gruppe, als Keimzeit noch als reines Familienquartett die musikalische Landschaft erkundeten. Überraschend viel Blues steckt da in den frühen Nummern der vier Geschwister. Überhaupt ist das Programm äußerst abwechslungsreich und kurzweilig gestaltet. Ruhige, melodiöse Passagen gehen Hand in Hand mit karibischen Rhythmen und rockigen Gitarrensolos. Ein Höhepunkt ist sicherlich der energetische Titel „Das elektromagnetische Feld“, der unglaublich atmosphärisch durch den Raum schwebt. Zwischendurch betreten immer wieder musikalische Wegbegleiter die Bühne. Ob „Ulle“ Sende oder Mathias Opitz – die ehemaligen Mitglieder bekommen an diesem Abend noch einmal gehörige Streicheleinheiten von den dankbaren Zuschauern. Besondere Würze bringt aber das eingeladene Bläsertrio.

Den farbenfrohsten Part spielt dabei zweifelsohne Ralf Benschu. Seine Saxophonsolos sind es, die den Songs eine unverwechselbare Note geben und zeitweise scheint das Scheinwerferlicht nur an seinem Mund zu kleben. Nur Schade, dass bei dem Rest der Band der Eindruck entsteht, die Spielfreude und Euphorie hätten in den 25 Jahren Bandgeschichte ein wenig an Vitalität verloren. Zu diesem doch eigentlich besonderen Konzertereignis scheinen die Musiker um Leisegang ihre Emotionen im Tourbus gelassen zu haben.

Erst gegen Ende der drei Stunden Keimzeit hat man das Gefühl es gebe wirklichen Grund zum Feiern. Die Fans applaudieren trotzdem kräftig und schicken Keimzeit in die nächste Ehrenrunde. Na dann: herzlichen Glückwunsch! Wir sehen uns 2032. Philipp Kühl

Philipp Kühl

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