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Kultur: „Zur beßren Zierde der Stadt“

Die Potsdamer Turmbläser feiern mit einem Konzert auf dem Pfingstberg ihr 30-jähriges Bestehen

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Als der Trompeter Bernhard Bosecker 1971 vom Studium nach Potsdam kam, hatte er die Idee, den alten Brauch des Turmblasens wieder zu beleben. Mit Kollegen, die, wie er, Mitglieder des einstigen Orchesters des Hans Otto Theaters und des DEFA-Sinfonieorchesters waren, wollte man musizieren, so wie es in einer alten Schrift heißt: „zur beßren Zierde der Stadt bey Frembden sowie zur Erbauung der Bürger“.

Mit seiner Idee ging Bernhard Bosecker zum damaligen Rat der Stadt, denn man musste ja für seine Vorhaben das Ja-Wort der Oberen einholen. Und die Musiker fanden sogar kreative Unterstützung in der Kulturabteilung. Schließlich konnte man mit solch einem Ensemble gut „Staat“ machen. Bosecker suchte in Bibliotheken und Archiven nach Kompositionen von Stadtpeifern oder Musik, die für sie geschrieben wurden. Mit einem guten Fundus an musikalischem Material beschloss man 1978, vor dreißig Jahren, die Potsdamer Turmbläser zu gründen. Aber auf welchem Turm wollte man musizieren? Natürlich gibt es etliche in dieser Stadt. „Aber entweder guckten die Potsdamer Türme zu weit nach Westberlin hinüber oder sie waren zu marode“ erzählt Bernhard Bosecker, der Chef des Ensembles. „Und so bliesen wir in Potsdam zwanzig Jahre lang auf ebener Erde. Das hatte natürlich auch Auswirkungen auf unser Repertoire. Turmmusiken haben wir somit nur in beschränktem Maße spielen können, denn die klingen erst richtig gut von einem hohen Turm.“ Und so beschäftigen sich die Potsdamer Turmbläser, die heute mit den Trompetern Bernhard Bosecker und Jan Birkner, dem Hornisten Gisbert Näther, dem Posaunisten Dieter Bethke sowie mit dem Tubisten Tilmann Hennig besetzt sind, vor allem mit anspruchsvoller Konzertliteratur für Blechbläser von der Renaissance bis in unsere Gegenwart. „Wir können uns glücklich schätzen, dass wir in Gisbert Näther auch einen Komponisten in unserem Ensemble haben, der unserer Besetzung Musik auf den Leib schreibt. Schon mehrmals haben wir Werke von ihm aus der Taufe gehoben“, sagt Bosecker. Die Potsdamer Turmbläser sind selten in Veranstaltungen zu erleben, die eine strenge Konzertform aufweisen. Bei ihnen dürfen sich gern Unterhaltung und Nachdenklichkeit die Hände reichen. Und so wird auch das Festkonzert anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Formation am 6. Juli eine große Palette ihres Musizierens parat halten: von Bach-Chorälen über Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ bis zu einem Gershwin-Medley. Dabei ist auch wieder Meier“s Clan, ein Saxophon-Quartett, das beim gemeinsamen und solistischen Musizieren eine ganz eigene Klangfarbe bringt. Auf dem Belvedere des Pfingstbergs, und somit auch auf seinen Türmen, werden die Musiker zu hören sein.

Der Pfingstberg ist ihnen ein vertrautes Terrain. Seit längerem blasen die Turmbläser auf dem Belvedere vor hunderten Besuchern immer das neue Jahr ein. Zwischen Neujahr und Silvester ist das Ensemble dann mit etlichen Konzerten in Deutschland und anderswo unterwegs. „Besonders gern spielen wir auf Burgen und in Schlössern. Und wenn sie sogar noch Türme haben, dann sind wir besonders glückliche Musikanten“, erzählt Bernhard Bosecker. Manchmal holt sich das Quintett Verstärkung durch weitere Blechbläser, vor allem dann, wenn doppelchöriges Musizieren angesagt ist.

Die Turmbläser, die sich große Verdienste um die Schulmusik besonders in DDR-Zeiten erworben haben – über 1000 Konzerte gehen auf ihr Konto – fühlen sich der Potsdamer Musikgeschichte verpflichtet. Bernhard Bosecker hat für das Ausgraben und Sichten vergessener Musik ein besonderes Faible. Das wurde auf einer von vier erschienenen CDs mit Werken von wiederentdeckten Handschriften aus der königlichen Hausbibliothek hörbar gemacht, die bereits 1993 erschien. Mit vergessener Bläsermusik, die vor allem von Militärkapellen seit des Soldatenkönigs Zeiten in Preußen gespielt wurde, wollen die Potsdamer Turmbläser auch weiterhin überraschen.

Festkonzert, 6. Juli, 19 Uhr, Pfingstberg

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