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Kultur: Zwei unterschiedliche Köpfe

Michael Seiler sprach über Schinkel und Lenné im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte

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Schlangestehen für „Schinkel und Lenné“ im Jahr der Architektur, das erlebt selbst das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte nicht alle Tage. Kein Geringerer als Prof. Michael Seiler, ehemaliger Gartendirektor der Stiftung Schlösser und Gärten Berlin–Brandenburg, hatte es sich zur Aufgabe gemacht, als Begleitveranstaltung zur Schinkel-Ausstellung über das Verhältnis dieser Geistesgrößen zu referieren.

Fruchtbringend wirkte Seiler an mancherlei Ort für die Rekonstruktion und Wiederbelebung historischer Parkanlagen. Und eben diese anerkannte Kapazität begann seinen von Lichtbildern gestützten Vortrag mit den Worten: „Sie sind erschienen, um zu wissen, was ich auch nicht weiß“. Er sei gar „kein Schinkelkenner“, fasse die Person Lennés auch nur „undeutlich“, zumal die beiden Herren keinerlei Dokumente hinterlassen hätten, aus denen man ihr persönliches Verhältnis ableiten könne. Von Magdeburg bis Neuhardenberg waren sie vermutlich immer nur „auf dem Bau“, lediglich dort, wo sich ihre Aufgaben kreuzten, könne man diesen oder jenen Hinweis entnehmen.

Eigentlich also ein recht vergebliches Projekt, zu dem man geladen wurde. Der Referent selbst regte an, zwei Dissertationswillige mit einer speziellen Untersuchung zu beauftragen, um diesem Mangel abzuhelfen.

Vielleicht war es der Überfülle des allgemeinen Interesses geschuldet, dass die letzten Reihen sowohl optisch wie akustisch den Kürzeren zogen. Die projizierten Baupläne und Zeichnungen waren von hinten aus kaum zu erkennen, dazu bediente sich der Redner einer so flinken wie unscharfen Rhetorik, indem man hörte, „er“ habe dies oder jenes getan, ohne genau zu erfahren, wer nun gemeint war. Kurzum, von diesem Vortrag war eigentlich nicht viel zu holen. Leider war auch ein Nachfragen abgesagt, die unventilierte Luft ließ es angeblich nicht zu.

Michael Seiler begann seinen Vortrag mit den Gemeinsamkeiten der beiden vor dem Angesicht des Kronprinzen und späteren Königs Friedrich Wilhelm IV. Sowohl Schinkel als auch Lenné wählten Rousseaus Ideen und die französische Aufklärung als lebenslange Grundlage ihrer Arbeit, was sich besonders 1824 in dem Lenné übertragenen Projekt „Magdeburger Volksgarten“ nebst des nur geplanten „Gesellschaftshauses“ niederschlagen sollte.

Dann zeigte er Beispiele aus Potsdam oder Berlin, wo einer die Ideen des anderen aufnahm und variierte: Zum Beispiel in Charlottenhof, bei der Neugestaltung des Berliner Tiergartens oder, kurz vor dem Ausscheiden Schinkels, des „Köpenicker Feldes“ nach 1840: „Lenné plante allein, Lenné scheiterte allein“, so der Redner. Am Ende wurde zusammengefasst, was Michael Seiler so deutlich nicht aussprach: Schinkel und Lenné hätten sich gut verstanden, künstlerisch ergänzt, einander die Erfolge nicht geneidet. Aber gewiss ist das nicht.

Man darf fragen: Warum bestallte der Kronprinz und spätere König zwei so unterschiedliche Künstler, deren einer den englischen Stil, der andere den italienischen bevorzugte? Ihre Interessen überkreuzten sich doch: Schinkel projektierte Gärten, Lenné befasste sich mit Städteplanung. Kamen ihre Ansichten über „Mensch und Landschaft“ wirklich so glücklich zusammen, war also, was als „Gemeinschaftswerk“ angepriesen wird, nicht eher ein künstlerisch minderer Kompromiss, den kein Kreativer gern sieht? Man wird das noch genauer untersuchen müssen.Gerold Paul

Gerold Paul

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