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Kultur: Zwielicht auf Laternenweg

Malerei von Tanja Nittka in der Urania

Stand:

In diese Räume schleicht man auf Zehenspitzen: besetzt von der Angst, die Stimmung könnte kippen. Die in warme dunkle Töne getauchte Malerei von Tanja Nittka verströmt Wohligkeit und zugleich Melancholie. Vor allem aber geheimnisvolle Tiefe. Welche Geschichten oder Alpträume werden uns hier an den Wänden der Urania erzählt? Was bedeutet der kleine Schlüssel in dem leeren Zimmer, in dem nur ein kleiner Ofen sein „Futter“ verschlingt? Für wen wurde dieser menschen- und möbelleere Raum angeheizt, aus dem allein eine Leiter hinauszuführen scheint?

Rätselhaftes schält sich im flackernden Licht dieses zwielichtigen „Laternenweges“, wie die in Berlin lebende Malerin ihre Ausstellung überschrieb, heraus. Nichts ist, wie es scheint. Da ist zum Beispiel diese „Lichtenbergschaukel“. Unter den gotischen Bögen eines Klosterganges, auf dem in jedem Moment Mönche in schwarzen Gewändern auftauchen könnten, schwingt eine leere Schaukel. Fröhliches Kinderlachen und Jauchzen an diesem Ort der stillen Einkehr? Irritation beim Betrachter. „Je mehr sich bei Erforschung der Natur die Erfahrungen und Versuche häufen, desto schwankender werden die Theorien“, sagte der Aufklärer Georg Christoph Lichtenberg. Ist er der Namenspatron dieses Bildes, das vertraute Assoziationen durcheinanderwirbelt und ins Schwanken bringt?

Bevor Tanja Nittka in den Niederlanden und in Hamburg Kunst studierte, beschäftigte sie sich mit Philosophie. Und so wie ihre Bilder zeugt auch ihr Text zur Ausstellung von einer Affinität zum Imaginären, von einer Lust, jede Deutungshoheit abzulehnen. „Nachts baumelt das Licht zwischen den Fingerspitzen und vielleicht geht es erst aus, wenn ein Nächstes erscheint. Man möchte die Lichter fragen, was sie gesehen, wie viele Träume sie verschreckt oder angelockt haben?“, beschreibt sie poesievoll ihre Lichtgeschenke, in denen die Tupfen der Bettdecke im Schein des Mondes zu tanzenden Sternen werden, ein Windzug durch das „Kaminzimmer“ fegt und beschriebene und weiße Blätter wie Schneeflocken aufstieben lässt.

In ihrem Bild „Olenka?“ verleiht sie dieser (Alp)traumwelt Gestalt. Eine Frau sitzt versunken am Kamin, hängt am wärmenden Feuer ihren Gedanken nach. Im Rücken ihres Ohrensessels lehnt eine schwarze männliche Gestalt mit dem Kopf eines Wolfes. Doch diese Bedrohung ist fast lieblich, das Gesicht des nächtlichen Gastes nicht wirklich Angst einflößend. Es ist das einzige Bild, in dem Menschen auftauchen. Doch man spürt ihren Atem, ihre Aura in jedem der rund 20 Werke: Lichter auf dem Laternenweg zwischen noch nicht und nicht mehr, Bewegung im trüben Licht der Starre, die getaucht sind in die Farben der Alten Meister, vielschichtig, doch nie ganz ergründbar. Heidi Jäger

Bis 18. Februar, Gutenbergstraße 71/72

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