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Am vergangenen Sonntag stellte Regisseur Akiz seinen neuen Film "Der Nachtmahr" im Thalia Kino vor.

© M. Thomas

"Der Nachtmahr" im Thalia Kino Potsdam: Zwischen Mythologie und Sinnesrausch

„Der Nachtmahr“ von Regisseur Akiz ist eine intelligente Auseinandersetzung mit dem emotionalen Innenleben von Teenagern. Der Film ist nun im Potsdamer Thalia Kino zu sehen.

Von Sarah Kugler

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Potsdam - Ein Duckface-Selfie hier, ein Facebook-Post über die aktuelle Party dort und zwischendurch das Ringen um die Aufmerksamkeit der Gleichaltrigen. Beliebt sein ist wichtig, cool sein zählt. Bloß nicht negativ auffallen, zu einem Freak werden oder noch schlimmer: zu einem Psycho. Das Leben als Teenager ist ein ewiger Kampf mit der Umwelt und sich selbst. Ein Kampf, der im Film „Der Nachtmahr“ von Regisseur Akiz sogar physische Gestalt annimmt. Vergangenen Sonntag stellte der Regisseur und Bildhauer sein Werk im Babelsberger Thalia Kino vor.

Erzählt wird darin die Geschichte von Tina (Carolyn Genzkow), die eigentlich ein glückliches Leben führen könnte: Ihre Eltern sind wohlhabend und lassen ihr alle Freiheiten, die sich ein junger Mensch wünschen kann. Ihr Freundeskreis besteht aus einer hippen Gang, die wilde Partys feiert und selbst Tinas Schwarm Adam (erstaunlich gut: Wilson Gonzalez Ochsenknecht) erwidert ihre Zuneigung. Doch Tina beginnt eine seltsame Kreatur zu sehen -  erst im Traum, dann in der Realität – die ihr zunehmend die Kräfte raubt. Denn natürlich glaubt ihr niemand. Die Eltern schicken sie zu einem Psychologen, der ihr zumindest hilft, sich dem Wesen anzunähern. Schritt für Schritt überwindet sie ihre Abscheu und beginnt, sich mit ihrem „Nachtmahr“ anzufreunden.

"Der Nachtmahr" ist kein typischer Horrorfilm

Wie Akiz am Sonntag betonte, habe er keinen typischen Horrorfilm mit einer Monster-Opfer Beziehung machen wollen und davon könnte „Nachtmahr“ auch nicht weiter entfernt sein. Vielmehr erinnert der Film an eine düstere Variante von Steven Spielbergs „E.T.“ – allerdings weitaus vielschichtiger und weniger offensichtlich in seinem Erzählstrang. Denn eine klare Interpretation möchte Akiz nicht vorgeben. „Ich gehe davon aus, dass mein Publikum intelligent ist und versteht, was ich ihnen dort zeige“, so der Regisseur, der unter seinem richtigen Namen Achim Borhak 2007 einen großen kommerziellen Erfolg mit dem Uschi-Obermaier-Biopic „Das wilde Leben“ feierte. Ein Film, von dem er sich heute allerdings distanziert. „Filme, in denen alles erklärt wird, jeder Hintergrund, jeder Charakter, finde ich schnell langweilig“, so Akiz. Für ihn sei es viel spannender, die verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten seiner Geschichte zuzulassen, die für ihn selbst vor allem ein Gefühl sei. „Gerade in der Pubertät gibt es eine starke Angst, nicht beliebt zu sein“, sagte er. „Die Frage, wie ich sein soll, damit mein Umfeld mich akzeptiert, spielt eine große Rolle.“ Und genau deswegen ist „Der Nachtmahr“ in vielen Momenten vor allem eins: Eine klassische Coming of Age Story, die vor allem durch das  facettenreiche Spiel von Jungschauspielerin Carolyn Genzkow getragen wird. Sie ist quasi die personifizierte Pubertät. In einem Moment unsicher, schüchtern und höchst zerbrechlich. Im nächsten starrsinnig, diva-gleich und willensstark. „Sie war die einzige im Casting, die nicht als Scream-Queen aufgetreten ist und sofort mit der Gummipuppe, also der Kreatur, interagierte“, erzählte Akiz begeistert. Ob die Kreatur dabei ein Spiegelbild von Tinas Seele sei, ließ er allerdings offen.

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An seinem „Nachtmahr“ begann der Filmemacher bereits 2001 zu arbeiten, die Entwicklung zog sich mit Unterbrechungen zehn Jahre hin. Letztendlich entstanden drei Puppen aus Kunststoff, die während der Dreharbeiten von Puppenspielern bewegt wurden. Bis auf die animierten Augäpfel und der Zunge seien alle Gelenke der Kreatur hydraulisch und mechanisch, wie Akiz am Sonntag erklärte. Die Figur sei auch der Ausgangspunkt des Films  gewesen, um den die Geschichte sich langsam entwickelt habe. „Es waren immer wieder Fragmente da, die ich wie eine Vase zusammengeklebt habe“, so Akiz. Darum fiele es ihm auch so schwer die Gründe für den Film zu nennen. Er habe sich nie Gedanken darum gemacht, warum das so oder ist, es kam einfach.

Parallelen zu deutschen Mythen

Genau das macht den Film, der laut dem Regisseur der Auftakt zu einer „Dämonischen Trilogie“ ist, so vielschichtig und lässt Auslegungen in viele Richtungen zu. Den Nachtmahr als Personifizierung von Tinas pubertärem Innenleben zu sehen, ist dabei nur eine Möglichkeit. Auch Gedanken an deutsche Mythen wie den tatsächlichen Nachtmahr oder eben das gleichnamige Bild von Johann Heinrich Füssli, aber auch Goethes „Erlkönig“, lassen sich nicht ganz wegschieben. Trotz seiner mythischen Aufladung  ist der Film keineswegs altbacken. Im Gegenteil: Mit seinen Stroboskopeffekten und der lauten Grunge-Musik kommt „Der Nachtmahr“ als eine hochmoderne Rave-Party daher, die den Zuschauer in ihren Rausch hineinzieht. Die mythischen Elemente liegen lediglich in den leisen Zwischentönen, die jeder ganz für sich entdecken muss.               

„Der Nachtmahr“ läuft ab Donnerstag täglich um 21.15 Uhr im Thalia-Kino, Rudolf Breitscheid Straße 50.

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