Potsdam-Mittelmark: 2006: Mühlenwunder und Kanal-Geschichte
Was war wichtig im Jahr 2006 in Werder · Havelland: Tops und Flops
Stand:
Umleitung für Ortsumgehung
13. Februar: Mit der Gründung der Bürgerinitiative „Rettet den See“ wird die Protestgemeinde gegen die Potsdamer Ortsumgehung größer. Auch in der Arbeitsgemeinschaft von Vertretern aus Potsdam und Potsdam Mittelmark gibt es Widerstände: Die AG scheitert schließlich an ihrem Auftrag, der Planung für ein erstes Teilstück der Ortsumgehung über den Templiner See den Weg zu bereiten. Am 4. Dezember dann verkündet SPD-Verkehrsexperte Jörg Vogelsänger seine Sicht auf die Dinge: Angesichts des Streitpotenzials wird es zumindest bis zum Jahr 2015 kein Geld vom Bund für die Ortsumgehung geben. Der achtstreifige Ausbau der A 10 zwischen Dreieck Nuthetal und Dreieck Potsdam hat Priorität.
Bizarrer Schulstreit
22. Februar: Die sinkenden Schülerzahlen führen zu einem bizarren Schlagabtausch zwischen den Gymnasien in Michendorf und Beelitz. Der Michendorfer Schulleiter fühlt sich durch ein Schreiben einer Beelitzer Elterninitiative angegriffen – und macht dies öffentlich. Am 16. März werden dann die Schulanmeldezahlen bekannt: Die Schulreform hat einen Run auf die Gymnasien zur Folge, die Streithähne haben beide keine Probleme, neue Klassen zu bilden. Für die Oberschulen Caputh, Neuseddin und Stahnsdorf bedeuten die Zahlen indes das Aus.
Tierparktiere werden verkauft
2. April: Der Geltower Tierpark verkauft seine 350 Tiere. Am 2. April gibt es einen ersten Verkaufstag. Für die Tierparkflächen auf dem Geltower Franzensberg laufen die Genehmigungen und Pachtverträge aus. Pläne für einen Umzug auf die Löcknitz-Halbinsel in Petzow sind gescheitert: Die BVVG als Eigentümer schreibt die Fläche aus. Unter den Bewerbern ist der Petzower Touristikunternehmer Axel Hilpert.
Werder wird zum Fernsehstar
21. Mai: In einer TV-Dokuserie von Kabel Eins wird in den Havelauen Werder (Havel) Deutschlands luxuriösestes Ferienhaus gebaut: Eine Wohnmühle, auf deren beweglichen Flügeln Sonnenkollektoren montiert sind. Anfang April beginnt die Ausstrahlung, in der letzten Folge am 1. Juni wird die Mühle verlost. Die Gewinner aus Langenhagen bei Hannover lassen die Mühle durch die LBS verkaufen. Die Bekanntheit sorgt für neue Investoren: Ebenfalls aus Langenhagen kommt die Firma Holtmann, die auf der anderen Havelbuchtseite am 8. Juli den Bau einer Ferienhaussiedlung ankündigt.
Verlängerte Spargelsaison
24. Juni: Die Beelitzer Spargelbauern brechen mit einer Jahrhunderte langen Tradition: Mehrere Landwirte verlängern wegen der starken Ernteausfälle auf Grund niedriger Temperaturen die Saison, die normalerweise am Johannistag endet. Regen und für die Jahreszeit viel zu kühle Temperaturen hatten bereits ein dickes Loch in die Kassen vieler Spargelbauern gerissen. Der Spargel braucht zum Wachsen 20 Grad, die Temperaturen lagen deutlich darunter. Es gibt auch Kritik von Spargelbauern, die nicht mitmachen: Die Pflanzen würden die Pause benötigen, um sich zu regenerieren.
Beelitzer Mühlenwunder
27. Juli: Die alte Beelitzer Bockwindmühle dreht sich wieder: Innerhalb weniger Monate wurde die alte Mühlenruine demontiert, restauriert und einige Meter weiter wieder neu aufgestellt. Als „Mühlenvater“ gilt der pensionierte Zimmermann Karl Gedicke – er hatte die Rekonstruktion angeschoben und einen Förderverein gegründet. Kosten des Mühlenbaus: 300 000 Euro. 235 000 Euro kamen aus Fördermitteln. Der Rest wurde bei Sponsoren zusammen getrommelt, Hauptsponsor war der Beelitzer Bauunternehmer Thomas Schielicke. Zur Spargelsaison 2007 wird nebenan der „Mühlenhof Beelitz“ seine Tore öffnen.
In einem Boot
28. Juli: Die Anrainer der Potsdamer und Brandenburger Havelseen rücken beim Ausbau des Wassertourismus eng zusammen: Bei einer Dampferfahrt auf der MS Werder gründen die Kommunen Potsdam, Werder (Havel), Schwielowsee, Groß Kreutz, Ketzin und Brandenburg (Havel) die Initiative WIR. Man ist sich einig: Der Ausbau des Wassertourismus soll eine Zukunfts- und Schwerpunktaufgabe der Region werden. Er müsse deshalb abgestimmt weiter entwickelt werden, wie es in einer Vereinbarung heißt. In einer Studie soll eine gemeinsame Marketingstrategie dargestellt werden.
Beelitzer Weinbergschnecken
29. August: Nach dem Spargel gibt es eine zweite Beelitzer Köstlichkeit: In Buchholz eröffnet Jan Kickinger einen Zuchtbetrieb für Weinbergschnecken. 60 000 Gehäuseträger knabbern sich durch die Salatbeete. Mit Unterstützung des „Gutenbergkreises“, einer Initiative lokaler Forschungs- und Unternehmensprominenz um die Potsdamer SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein, die guten Ideen auf die Beine helfen will, konnte das Konzept mit einer Investitionssumme von 50 000 Euro auf einer Ackerfläche an der Buchholzer Mühle gehoben werden. Ab 2008 sind die ersten Schnecken groß genug zum Verzehr.
Neues Kirchengemeindehaus
17. Oktober: Das Babelsberger Architekturbüro „Kühn von Kähne und Lange“ gewinnt einen Wettbewerb zum Bau eines neuen Kirchengemeindehauses in Caputh. Der Entwurf für den modernen Flachbau wird als verhalten und doch selbstbewusst gelobt. Die Denkmalpflege war zuvor skeptisch über einen Neubau in unmittelbarer Nähe der alten Stülerkirche. Pfarrer Hans-Georg Baaske hofft auf die Umsetzung bis zum Reformationstag 2007. Das alte Gemeindehaus ist zu klein und steht zum Verkauf.
Prominenz für Sonnenstrom
28. Oktober: In Caputh geht eine Bürgersolaranlage auf dem Dach des Seniorenzentrums in Betrieb. Von dem Geschäftsmodell haben sich auch prominente Caputher wie Ruderweltmeisterin Kathrin Boron und die beiden Grimmepreis-Träger, Tatort-Regisseur Thomas Freundner und sein „Kommissar“, Jörg Schüttauf, überzeugen lassen. In Beelitz geht im Dezember sogar die zweite Bürgersolaranlage in Betrieb. Die Firma Fenotec hat ihre Werkhalle im Gewerbegebiet extra so gebaut, dass die Solarpaneele auf dem Dach Platz finden.
Sonntagseinkauf im Advent
30. November: Werders Stadtverordnete machen den Weg frei für drei verkaufsoffene Sonntage im Advent. Mit einer „ordnungsrechtlichen Verordnung“ nutzten sie den vom Landtag geschaffenen Spielraum. Von der Möglichkeit wird in Werders Altstadt besonders zum Weihnachtsmarkt am 1. Advent Gebrauch gemacht – es wird ein voller Erfolg. Auch der Werder-Park nutzt die Chance: Am dritten Advent sind alle Geschäfte von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Kaufland ist auch an den anderen beiden Adventssonntagen von 13 bis 18 Uhr auf.
Schleichendes Aus?
10. Dezember: Der Bahnkundenverband fürchtet ein schleichendes Aus für die Reginalbahnlinie RB 33, weil sie mit dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember zwischen Wannsee und Michendorf nur noch eingeschränkt an den Bahnhöfen Medienstadt Babelsberg, Rehbrücke und Wilhelmshorst hält. Kritik kommt auch aus Michendorf und Nuthetal. Insgesamt werden in Brandenburg ab 2007 sehr viel weniger Regionalzüge fahren. Ursache ist die Kürzung der Bundeszuschüsse für den Regionalverkehr von 450 auf 420 Millionen Euro jährlich.
Kleiner Gipfel am Schwielowsee
18. Dezember: Dem Resort Schwielowsee in Petzow gelingt ein werbewirksamer Coup: Im Mai 2007 werden die Finanzminister der G 8–Staaten in Petzow das Treffen ihrer Staats- und Regierungschefs vorbereiten. Für die hochrangigen Politiker aus Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Russland, den USA sowie aus Deutschland entsteht auf dem Gelände des im Frühjahr 2005 eröffneten Resorts ein Tagungscenter. Das rund acht Hektar große Areal am Ufer des Schwielowsees soll für die Zeit des Kleinen Gipfels aus Sicherheitsgründen für das übrige Publikum geschlossen werden.
Abschied nach 16 Jahren
26. Januar: Nach 16 Jahren aktiven Mittuns verabschiedet sich PDS-Mann Harry Hartig (78) von der Kleinmachnower Kommunalpolitik.
Ende Januar rückt Kleinmachnow in den Fokus der Nahost-Politik. Dem rechtsextremen Horst Mahler wird die Ausreise nach Teheran verboten, wo er an einer Antisemitismus-Konferenz teilnehmen will. Das Kleinmachnower Ordnungsamt zieht Mahlers Reisepass ein.
Die Straße am Weinberg wird im Januar zum Denkmal erklärt.
Aufruhr in Seehof
Februar: Die Siedlungspläne der Sabersky-Erben Valerie und Peter Sonnethal in Teltow-Seehof sorgen für Aufruhr. Die Bewohner fürchten eine zu massive Bebauung und den Verlust des ländlichen Charakters. Es kommt zur Gründung einer Bürgerinitiative.
Andere Teltower Bürgeraktivisten ziehen vors Bundeskanzleramt und fordern eine Lärmschutzwand für die Anhalter Bahn.
Funke kehrt heim
9. März: Zum 70. Todestag von Förster Heinrich Funke bekommt Kleinmachnow die Urkunde über Funkes Ehrenbürgerschaft aus dem Jahr 1932 zurück. Sie wird im Rathaus aufgehängt.
„Gesell dich einem Bessern zu “ ist der Titel des im März erschienenen Buches der jungen Autorin Hannah Ahlheim über das Weinberg-Gymnasium im Wandel der politischen Systeme.
Wo Zukunft gemacht wird
7. April: Der 3. Technologietag in Teltow steht unter dem Motto: „Telematik verbindet Technologien“. 26 Unternehmen und Institutionen beteiligen sich und demonstrieren einen Branchenschwerpunkt der Region.
Der Kleinmachnower Gemeindevertreter John Banhart (WIR) gewinnt am 28. April vor demLandgericht einen Prozess gegen die Gemeindetochter P & E. Die wollten Banhart verbieten, sie eine „Briefkastenfirma“ zu nennen. Das Gericht meint, das Recht auf freie Rede lasse diese Äußerung zu.
Schulen und Schulen
6. Mai: Die Hoffbauer-Stiftung bestätigt Überlegungen zum Bau eines evangelischen Gymnasiums in der Region Teltow. Die Pläne verdichten sich im Laufe des Jahres. Währenddessen überlegt man in Stahnsdorf, nach dem Aus der Lindenhof-Oberschule das Haus als Grundschule zu nutzen.
Der italienische Soldatenfriedhof auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf wird saniert. Umweltschützer beklagen im Mai die vielen Baumfällungen, letztlich siegt die Diplomatie.
100 Jahre Teltowkanal
2. Juni: Mit einem Volksfest, Schiffsparade und einem offiziellen Festakt wird das 100-jährige Jubiläum des Teltowkanals gefeiert. Gleichzeitig werden zahlreiche Appelle an die Bundesregierung gerichtet, die Kleinmachnower Schleuse in einem verträglichen Rahmen auszubauen.
Der Trägerverein Kammerspiele startet im Juni die Reihe „Lesen im Exil“. An „fremden“ Orten bietet der Verein Kunst und Kultur an, um u.a. darauf aufmerksam zu machen, dass die Kammerspiele noch immer nicht als Kulturstätte in alter Tradition zur Verfügung stehen.
Der Ukrainische Fußballverband bezieht am 13. Juni zur Fußball-WMM sein offizielles Quartier im Teltower Hotel Courtyard by Marriot.
Seit dem 17. Juni ist die Berlin Brandenburg International School Eigentümerin über 40 Hektar des Kleinmachnower Seebergs.
Zwischen Güterfelde und Schenkenhorst wird der 2,4 Kilometer lange Radweg eingeweiht.
Brückenstreit am Kanal
Juli: Der Berliner Senat will die stillgelegte Autobahnbrücke über dem Teltowkanal abreißen. Brandenburg stellt das Bauwerk als Zeugnis der deutschen Teilung unter Denkmalschutz. Bis Jahresende werden die Bemühungen um den Erhalt der Brücke und Überlegungen ein Nutzungskonzept für das geschichtsträchtige Umfeld andauern.
Das Teltower Diana-Kino öffnet wieder – spielt aber nur einen Sommer.
Die Orco Immobilien GmbH kauft die Kleinmachnower Hakeburg. Der ehemalige Adelssitz soll ein Hotel mit Restaurant werden. Zusätzlich soll ein neues Bettenhaus gebaut werden.
Die Alte Dorfschule in Schenkenhorst wurde für mehr als 200 000 Euro zum Bürgerhaus umgebaut. Vereine, die Feuerwehr, Senioren und Kinder nutzen das Haus künftig für Feste.
Fred Loose aus Schenkenhorst wird geehrt: Er hat zum 1000. Mal Blutplasma gespendet.
Nur Teltow wird Mittelzentrum
August: In Stahnsdorf formiert sich aus Sorge, „vom Verkehr überrollt zu werden“, die Bürgerinitiative „Schulzen- und Mühlenstraße“. Vor allem der Stahnsdorfer Hof wird als Gefahrenpunkt ausgemacht.
Nur die Stadt Teltow soll Mittelzentrum werden.
Ronny Pietzner, Kapitän der deutschen Köche-Nationmannschaft, gibt diese Führungsrolle ab. Der Sputendorfer will sich auf seine neue Herausforderung konzentrieren: die Bäkemühle in Kleinmachnow.
Die Glocken der Andreaskirche in der Teltower Altstadt haben am 27. August zum letzten Mal geläutet. Sie sind so stark beschädigt, dass sie ersetzt werden müssen. Für je 30 000 Euro sollen zwei neue Glocken in den Turm kommen.
Ort der Erinnerung
1. September: Am Stahnsdorfer Damm in Kleinmachnow wird der „Ort der Erinnerung“ eingeweiht. Er soll an das ehemalige Fremd- und Zwangsarbeiterlager der Dreilinden Maschinenbau GmbH während des zweiten Weltkrieges erinnern. Eine Tafel aus Cortenstahl informiert über die Geschichte des Ortes, Cortenstahlbänder umfassen das Fundament einer alten Lagerbaracke.
Der Penny-Markt an der Potsdamer Straße in Stahnsdorf brennt am 10. September vollständig aus.
Im Kleinmachnower Weinberg-Viertel sorgen sich die Anwohner um das historische Straßenpflaster, das durch den Baustellenverkehr für den Bau der Turnhalle für das Weinberg-Gymnasium zerstört werden könnte. Es wird Anzeige wegen Zerstörung eines Denkmals gestellt, jedoch werden keine Ermittlungen aufgenommen.
Der S-Bahn nichts im Weg
Oktober: Ein Gutachten von Verkehrsexperten geht davon aus, dass die Freihaltetrasse für die S-Bahn in Stahnsdorf noch genutzt werden kann. Zeit, sich zu entscheiden.
An der Eigenherd-Schule in Kleinmachnow wird am 20. Oktober die neue Turnhalle übergeben. Ein Werk voller Missverständnisse und Kompromisse.
Der Förderverein für die Kammerspiele gibt im Oktober auf. Nach vier Jahren sieht man den Versuch, das Kulturhaus zu fördern und wieder zu beleben, als gescheitert.
Keine Tabus mehr
November: Die Bürgermeister Enser und Blasig nehmen Gespräche über einer verstärkte Zusammenarbeit zwischen Stahnsdorf und Kleinmachnow auf. Eine Fusion ist kein Tabu mehr.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin legt eine umfangreiche Studie zur Wirtschaftskraft der Region vor.
An der A 115 kurz vor Dreilinden stellt die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur am 9. November eine Tafel zur Erinnerung an die deutsche Teilung auf.
Urteil für Sommerfeld-Siedlung
1. Dezember: Die Alte Bäckerei in Nudow ist wieder eröffnet. Sozial benachteiligte Jugendliche werden hier ausgebildet.
Die Eigenherd-Schule hat seit 8. Dezember eine Bücherei – Das „Leseland“ ist 30 Quadratmeter groß.
Im Restititutionsstreit in der Kleinmachnower Sommerfeld-Siedlung lehnt am 13. Dezember das Bundesverwaltungsgericht die Rückübertragung eines Grundstücks ab. Das Urteil ist richtungsweisend für zahlreiche ähnliche Fälle.
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