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Ein Regiobus in Geltow (Potsdam-Mittelmark)

© Pnn/Andreas Klaer

„Aber der Bus muss auch kommen“: Potsdam-Mittelmark baut Nahverkehrsangebot stark aus

Wer auf dem Land ohne Auto von A nach B kommen will, hat es im Kreis mitunter nicht leicht. Das soll sich ändern - mit der bisher größten Fahrplananpassung. Es gibt aber ein Problem.

Stand:

Das Dorf Neu Plötzin in Werder (Havel) ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht ganz einfach zu erreichen. Wer vom Bahnhof Werder kommt, muss zunächst einen Bus der Linien 630, 631 oder 641 nehmen, um dann an der Post umzusteigen in die Linie 635. Das soll sich künftig ändern. Der Landkreis wird gemeinsam mit seinem Busanbieter Regiobus Potsdam-Mittelmark die Zahl seiner Busfahrten deutlich erhöhen und Linien - wie die 635 dann bis zum Bahnhof Werder - ausbauen.

„Das ist der größte Fahrplanwechsel in der Geschichte des Regiobusses“, sagte Regiobus-Geschäftsführer Martin Grießner am Donnerstag bei der Vorstellung der Fahrplanänderungen in der Kreisverwaltung in Bad Belzig. Laut Kreis ist es die größte Fahrplananpassung, die je im Landkreis umgesetzt wurde. Mehr als 50 Linien im Kreis sind betroffen.

Takterhöhung RE1 und RE7

Hintergrund der Ausweitung ist vor allem die Takterhöhung des RE1 und RE7. Die Züge sollen ab dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember häufiger fahren. Der RE1 verkehrt dann beispielsweise im Halbstundentakt von Bad Belzig nach Potsdam. Der RE7 soll ebenfalls zweimal pro Stunde fahren.

Die Fahrplanänderungen des Regiobusses betreffen laut Thorsten Müller, Verkehrsleiter bei Regiobus, jede Buslinie, die am Bahnhof vorbeikommt. Das seien mehr als 50 Linien. So sollen beispielsweise mehr Busse auf den Linien 643 und X43 von Potsdam nach Beelitz fahren, sodass künftig zwei Mal stündlich aus Beelitz ein Anschluss an den RE7 ermöglicht werden kann.

Vorstellung der Fahrplanänderungen (v.l.) mit Geschäftsführer Martin Grießner, Landrat Marko Köhler,  Fachdienstleiterin Anke Wollweber und Verkehrsleiter Thorsten Müller

© Pnn/Anna Kristina Bückmann

Aber nicht nur die Taktung der Fahrten soll erhöht werden. Auch bestehende Linien sollen ausgebaut werden. So wird es künftig eine Direktverbindung durch die Linie 645 von Brandenburg an der Havel nach Beelitz geben. Das neue Quartier Beelitz-Heilstätten, wo das neue Gebäude der Kreisverwaltung entstehen soll, und touristische Ziele in Brandenburg an der Havel sollen dadurch ebenfalls besser erreichbar sein. Der Plusbus soll montags bis freitags stündlich, am Wochenende zwei-stündlich fahren.

Von Neu Plötzin und Derwitz direkt zum Bahnhof Werder

Die oben angesprochene Linie 631 von Potsdam nach Werder soll ebenfalls deutlich ausgebaut werden. Zur Hauptverkehrszeit ist ein Zehn-Minuten-Takt vorgesehen, vormittags und samstags soll der Bus im 20-Minuten-Takt fahren. Daneben soll die Linie 635 über die Werderaner Dörfer Neu Plötzin und Derwitz bis zum Bahnhof Werder fahren und damit die Ortsteile erstmalig an den Bahnhof direkt anbinden.

Und auch die 607 von Potsdam über Caputh nach Werder wird häufiger auf den Straßen zu sehen sein. Von montags bis freitags soll während des Berufsverkehrs die Taktung von 30 auf 20 Minuten erhöht werden. Man reagiere damit auch auf die Nachfrage, so Müller. Vormittags und in den frühen Abendstunden sollen die Busse alle 20 bis 40 Minuten fahren, bislang war es jede Stunde. „Es gibt keine Veränderung im Schülerverkehr“, so Müller.

Die neuen Fahrpläne sollen ab Mitte November einsehbar sein - auch in der Fahrinfo des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg. Fahrplanhefte sollen dann auch als Hauswurf in die Haushalte kommen. Dann ist auch eine Abstimmung mit den Schulen geplant. „Es ist wichtig, dass sich die Fahrgäste über die Änderungen informieren“, sagte Müller.  

Millionensumme wird für Kreis zum Problem

Den Kreis kostet das Vorhaben jährlich 710.000 Euro. Insgesamt werden 23 Millionen in die Hand genommen, sagte Fachdienstleiterin Verkehrsmanagement beim Kreis, Anke Wollweber. Die Summe komme aus dem Haushalt. Es gebe keine Förderung - das wird für den Kreis zum Problem. Denn das kreiseigene Unternehmen Regiobus ist durch das 9-Euro-Ticket stark belastet.

Geschäftsführer Grießner sprach auf PNN-Nachfrage von einem Einnahmeverlust von mehr als 75 Prozent. „Über kurz oder lang wird es ohne Unterstützung des Landes schwierig“, sagte Landrat Marko Köhler (SPD). Ein Rettungsschirm für kommunale Unternehmen sei „dringend nötig“.

Man habe „enorme Finanzmittel“ in die Hand genommen, so Köhler. Denn neben mehr Fahrten müssen die Flotten auch umweltfreundlicher werden. Die sogenannte Clean-Vehicle-Richtlinie der EU, wonach die Kommunen künftig nur noch zunächst saubere und dann emissionsfreie Verkehrsmittel - also solche ohne Verbrennungsmotor - einsetzen sollen, bringe enorme Investitionen in die Zukunft mit sich. Man müsse die Menschen motivieren, das Auto stehenzulassen und doch mal den Bus zu nehmen. „Aber der Bus muss auch kommen“, sagte Köhler.  

Fahrer:innen dringend gesucht

Hinzu käme das Problem, dass Technik teils schwer oder nicht zu beschaffen sei sowie der Fachkräftemangel. Um das neue Angebot umzusetzen, fehlen Regiobus aktuell rund zehn Fahrer:innen. Das Unternehmen bildet selbst aus. „Auch Quereinsteiger sind willkommen“, sagte Grießner.  

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