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Potsdam-Mittelmark: Adolf Damaschke: Der unbekannte Prominente

Der Heimatverein fand seinen Großcousin als Gesprächspartner

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Der Heimatverein fand seinen Großcousin als Gesprächspartner Von Elisabeth Richter Werder. Man kennt den Namen: In 120 deutschen Städten und darüber hinaus in Polen gibt es „Adolf-Damaschke-Straßen“ – aber kaum jemand weiß, wer er war. Dabei ist sein Wirken bis in die heutige Zeit bedeutsam. Er wurde in Ost und West gleichermaßen anerkannt, sowohl in der DDR als auch in der alten Bundesrepublik gab es Straßen mit seinem Namen. Ebenso in Werder, und hier ist Adolf Damaschke überdies begraben. Genügend Gründe also, sich hier für ihn zu interessieren. Der Heimatverein Werder hatte nun einen weitläufigen Verwandten Damaschkes eingeladen. Gerd Damaschke, Berliner, Jahrgang 1954, versuchte die komplizierten Verwandtschaftsverhältnisse zu erhellen und bot schließlich zum Festhalten den „Großcousin“ als Verwandtschaftsgrad an. Die „Verwandtschaft im Geiste“ sei aber das Entscheidende für sein Interesse an Adolf Damaschke, den er so treffend als „unbekannten Prominenten“ vorstellte. Es war ein umfassendes soziales Gewissen, das den 1865 in Berlin geborenen Damaschke trieb. Die soziale Ungerechtigkeit seiner Zeit, mit maßlosem Reichtum einerseits und unvorstellbarem Elend andererseits brachte den engagierten Lehrer und späteren Journalisten zur Bodenreformbewegung, um die Spekulation bekämpfen und für sozialen Ausgleich zu sorgen. Damaschkes Ziel war nicht die Enteignung, sondern die Versteuerung der Spekulationsgewinne, um über diesen Weg der Allgemeinheit einen Anteil zuzuführen. Er selbst wusste durch seine Herkunft, was es bedeutete, in drangvoller städtischer Enge aufzuwachsen: Sein Vater war Tischler und hatte Existenzsorgen; die mehrköpfige Familie lebte in einer Wohnung mit „Stube, Kammer und Küche – die Kammer war natürlich vermietet“, und Adolf Damaschke hatte, wie viele Kinder seiner Zeit, nicht einmal ein Bett. Sein soziales Engagement brachte ihn weit, er hatte nie Abitur gemacht oder studiert, aber er bekam drei Ehrendoktortitel und wurde Vorsitzender des Bundes der Bodenreformer. Der persönliche Erfolg war allerdings nicht Motor seines Handelns. Er wollte „ein Mann des einfachen Volkes bleiben“. Als solcher forderte er die Lernmittelfreiheit, engagierte sich für naturgemäße Gesundheitspflege und regte die gemeinschaftliche Nutzung des Bodens an. Auf ihn gehen das Erbpachtrecht, die Kleinpachtverordnung und das Reichsheimstättengesetz zurück. „Er war ein praktisch wirkender politischer Mensch“, charakterisiert Gerd Damaschke seinen Verwandten, „ein Hansdampf in fast allen Gassen."Weitsichtig setzte sich Adolf Damaschke bereits 1901 in seinem Buch „Die Bodenreform“ mit dem Marxismus auseinander und prophezeite, dass die Macht eines „Zentralpunktes“ – Gerd Damaschke fügte augenzwinkernd das Wort "Zentralkomitee" hinzu – das Ende der persönlichen Freiheit bedeuten würde. Aus Damaschkes Leben ist nicht viel Privates überliefert. Bekannt ist, dass er 1903 heiratete, drei Töchter bekam und ab 1907 ein Grundstück mit Sommerhaus in Werder besaß. 1935 starb er in Berlin, wohl wissend, welche Verheerungen „der andere Adolf“ noch im Schilde führte. Den Vortrag ergänzen konnten zwei Zuhörer, die derzeit gemeinsam eine Biografie über Adolf Damaschke schreiben: Klaus Hugler aus Potsdam, der bereits vor zwei Jahren in der Evangelischen Kirchengemeinde Werder über Damaschke referierte, und Alan Nothnagle aus Berlin. Damaschkes zentrale Idee sozialer Gerechtigkeit, so betonten sie, nämlich den Mehrgewinn der Allgemeinheit zugute kommen zu lassen, sei das, was man heute noch von ihm lernen könne. Er sei als Reformer so aktuell wie je. „Mit Damaschke können sich viele identifizieren, auch über Parteigrenzen hinweg“, ergänzte Gerd Damaschke und bot den griffigen Satz, dass das Ziel „weder Mammonismus noch Kommunismus“ sei.

Elisabeth Richter

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