Potsdam-Mittelmark: Aktionsbündnis Kurage ruft nach Halbe
Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg zu Besuch in Werder
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Werder - Manchmal braucht es Zuspruch, um weitermachen zu können. „Man ist ja schließlich keine Maschine, die stur vor sich hinarbeitet.“ Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg konnte am Dienstagabend jede Menge Bestätigung für seine Arbeit aus Werder (Havel) mitnehmen, speziell was den Kampf gegen Rechts angeht. Nicht nur, dass das Aktionsbündnis Kurage mittlerweile immer mehr Gehör in der Stadt findet – zum jüngsten Treffen war der Kreis besonders groß. Auch die vorgebrachten Sorgen und Vorschläge haben gezeigt: Die Bürger beschäftigen sich mit dem Thema.
Kurage hatte Rautenberg in Vorbereitung auf den „Tag der Demokraten“ am kommenden Sonnabend in Halbe eingeladen. Wie in anderen märkischen Gemeinden wird auch in Werder ein Bus bereitstehen, um engagierte Bürger kostenlos zu der geplanten Großveranstaltung zu bringen und zurück zu fahren. Treffpunkt ist um 10 Uhr am Plantagenplatz. In Halbe wird es um 13 Uhr einen Gottesdienst geben, ab 14 Uhr wird eine Menschenkette vor dem Friedhof gebildet. Bei einer anschließenden Kundgebung werden unter anderem Petra Pau als Bundestagsvizepräsidentin, Landtagspräsident Gunter Fritsch und Ministerpräsident Matthias Platzeck sprechen. Darüber hinaus will der Musiker Heinz Rudolf Kunze auftreten.
Die Rechtsradikalen, die auch in diesem Jahr zum Volkstrauertag ihr „Heldengedenken“ auf Deutschlands größtem Soldatenfriedhof feiern wollten, sind mittlerweile nach Seelow ausgewichen (PNN berichteten). „Das ist für die nur ein Notbehelf und wir können zeigen: in Halbe sind die Demokraten, nicht die Rechten“, so Rautenberg, der in Werder über die Bedeutung des kleinen Ortes Halbe und über Brandenburgs Kampf gegen Rechts referierte.
Der Generalstaatsanwalt hat kürzlich zusammen mit seiner Frau eine Broschüre zu diesem Thema herausgegeben. Hier wird unter anderem dem Irrglauben widersprochen, die Soldaten in Halbe hätten sich 1945 aus der Einkesselung gekämpft, um Hitlers Befehl zur „Befreiung“ Berlins umzusetzen. Vielmehr ging es dem Kommandanten darum, sich vor der Roten Armee in amerikanische Gefangenschaft zu flüchten.
Immerhin war die Sowjetunion von den Nazis zum Hauptfeind erklärt worden, was sich in der Ermordung gefangener Soldaten bis hin zum Hinterlassen der „verbrannten Erde“ niederschlug. „Daher machte sich eine manische Angst vor Vergeltung breit.“ Tatsächlich entlud sich der Zorn russischer Soldaten unter anderem beim Einmarsch in Ostpreußen, „aber einen Vernichtungsbefehl wie auf deutscher Seite hatte es dort nicht gegeben“.
Durch die Aufklärung über geschichtliche Ereignisse versucht man, den Neonazis das ideologische Nährwasser abzugraben. Erfolge sieht Rautenberg auch darin, dass Neonazis kaum noch so martialisch wie noch vor einigen Jahren in der Öffentlichkeit auftreten, in Stiefeln und Bomberjacke. „Und Jugendliche urteilen heute differenzierter über die Vergangenheit, rechts zu sein ist nicht mehr in.“
Dass es dennoch Ausnahmen gibt, berichtete Kurage-Vorsitzender Uwe Dinjus, der erst kürzlich auf dem Plantagenplatz jungen Leuten begegnet sei, die rechte Parolen skandiert hätten. „Viele Werderaner sehen das nicht. Man muss sich fragen: Sind wir auf dem rechten Auge blind?“ Daraufhin wurden die verschiedenen Möglichkeiten erörtert – juristisch von einem Verbot der NPD bis hin zu stärkeren bildungspolitischen Maßnahmen. Diskutiert wird über das Problem also durchaus, auch in Werder. Thomas Lähns
Anmeldungen für die Fahrt nach Halbe beim DGB, Telefon (0331) 275 960.
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