Potsdam-Mittelmark: Allgemeine Verunsicherung
Die Zukunft liegt in einem gesunden Mix von erneuerbaren Energien
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Die Zukunft liegt in einem gesunden Mix von erneuerbaren Energien Von Dr. Elke Seidel Der heiße Sommer ist vorbei und die Zeit ist vergessen, in der das Wasser in den Flüssen knapp war. Anfang September las ich in der Zeitung, dass die Energiewirtschaft in den nächsten Jahren ihren Kraftwerkspark erneuern muss. Und sie steht vor der Frage: welche Kraftwerke sollen gebaut werden, welche werden benötigt. Ja, diese Frage muss man deutlich stellen. Während der Hitzeperiode zeigte es sich, dass Kondensationskraftwerke (Kraftwerke, die gekühlt werden müsse, wie Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke) sehr schnell an ihre Grenzen stoßen, wenn kein Wasser vorhanden ist. Und das Wasser wird in Brandenburg von Jahr zu Jahr knapper. Es muss doch zu denken geben, wenn sogar die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost, das Projekt Deutsche Einheit 17 unterbricht, weil sich die „Rahmenbedingungen geändert hätten“. Genauso trifft es für die Energiewirtschaft zu. Brauchen wir neue Atomkraftwerke? Nein, dazu gibt es zum Glück einen Beschluss der Bundesregierung und eine Vereinbarung mit den Atomkraftwerksbetreibern. Und der Himmel bewahre uns vor einer Rücknahme dieses Ausstieges. Brauchen wir neue Kohlekraftwerke? Nein. Der eingetretene Klimawandel mit seinen extremen Wetterlagen und den Folgen (Dürre, Hochwasser, Stürme, Erosionen jeglicher Art) mahnt uns, den Verbrauch der fossilen Brennstoffe drastisch zu senken. Und da kann und sollte jeder das seine dazu tun. Wenn jetzt der Bundeswirtschaftsminister schreit: Der Wind schafft es nicht, den benötigten Strom zu erzeugen, so muss ich dem Minister sagen: Lösen Sie sich von der zentralistischen Stromerzeugungsvorstellung, und dann sehen Sie, wie es gehen kann. Alle Reden über die erneuerbaren Energien haben als Grundlage den Gedanken, „dort wird der regenerative Strom erzeugt“, also muss es dort riesige Anlagen von Wind oder Raps oder Sonnenstrom geben. Aber genau dieses ist mit den „Erneuerbaren Energien“ nicht gemeint. Erneuerbare Energien in einem gesunden Mix, wo eine Stromerzeugungsform die andere ergänzt, sind die Zukunft. Perspektivisch können und müssen erneuerbare Energien den gesamten Energiebedarf decken. Die Energiewirtschaft mit ihren bisherigen Strukturen ist allerdings nicht dazu geeignet, den energiewirtschaftlichen Übergang zum dezentralen Solarzeitalter zu befördern. Deshalb sollen Projekte durchgeführt und unterstützt werden, die sich mit dem Management der dezentral erzeugten Energien (Koordinierung der dezentralen Standorte, Steuerung des Stromflusses, Ergänzen von fehlenden Strukturen usw.) befassen. Nur wenn in einer Region alle Potenziale durch Verwaltungen, Betriebe und Bürger genutzt werden, wird sehr schnell der fossil erzeugte Strom zurückgehen. So ist es dem Betrieb, der eine Gasheizung betreibt, möglich, gleichzeitig Strom zu erzeugen (Wärme-Kraft-Kopplung, dazu gibt es ein Gesetz). So ist es jedem Bürger freigestellt, sein Dach mit Sonnenstrommodulen zu bedecken (die Förderung für diesen Sonnenstrom soll in dem neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz gegenüber heute erhöht werden, weil die Vergünstigungen des 100000-Dächer-Programms ausgelaufen sind) – in Beelitz ist mir bisher nur eine private Anlage bekannt, aber die Solar-Gesamtschule und das Gymnasium haben Anlagen. In der Stadt Beelitz gibt es – auf Salzbrunner Gemarkung – eine Wasserkraftanlage, die Strom aus dem fallenden Wasser erzeugt. In der Landwirtschaft kann aus den Abfällen der Viehwirtschaft (Gülle) in unterschiedlichen Kombinationen mit Grünmasse, Trockenmasse, Küchenabfälle, Schlächterabfälle, Fettabscheiderinhalter u.a. Biogas erzeugt und in Wärme und Strom umgesetzt werden. Dazu gehört die eine oder andere Windkraftanlage, aber keine Windfarm mit mehr als acht Anlagen. Wenn wir in dieser Weise die Potenziale umsetzen, muss kein Kohlekraftwerk durch ein neues Kohlekraftwerk ersetzt werden. Dieser dezentral erzeugte Strom muss natürlich in die Netze aufgenommen, verteilt und gesteuert werden. Das gibt wieder die Chance für dezentrale, regionale Betriebe, die aus der Region für die Region arbeiten. Für uns kommt dann nicht nur der Strom aus der Steckdose, sondern wir wissen: „Der Strom ist von Bauer Frenzel.“ Ist das eine Vision und Zukunftsmusik? Für viele vielleicht, für mich nicht. So dezentral erzeugter Strom ist nicht so anfällig wie zentrale Strukturen (siehe Amerika, Stromausfall). Und wenn mal Strom knapp werden sollte, kann man über eine vertraglich gesteuerte Vereinbarung zwischen Netzbetreiber und BHKW-Betreiber (Blockheizkraftwerk) jederzeit zusätzliche Strommengen produzieren. In der e.dis sind diese Gedanken vorhanden, die Politik fordert sie aber nicht ein und deshalb bleiben sie leider im Schubkasten. Die Chancen für die Zukunft werden heute vertan. Dr. Elke Seidel (SPD) ist stellvertretende Kreistagsvorsitzende und Mitglied im Umweltbeirat des Landes Brandenburg
Dr. Elke Seidel
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