Potsdam-Mittelmark: Amme des Waldes im märkischen Sand
Neue Forstbetriebsgemeinschaft will 400 Hektar Wald bei Ferch ökologisch aufwerten
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Neue Forstbetriebsgemeinschaft will 400 Hektar Wald bei Ferch ökologisch aufwerten Schwielowsee · Ferch - Eiche, Linde, Buche, Ahorn – das sind Bäume, die im hügeligen Fercher Wald an sich beheimatet sind. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Kiefern, so weit das Auge reicht. Hier mal eine Eiche, da eine Birke. Und irgendwo hat sich eine blau-blühende Fingerhutkolonie in den Schatten verirrt. „Die verschärfte Bewirtschaftung in den DDR-Jahren hatte nicht nur in Ferch drastische Kiefern-Monokulturen zur Folge“, sagt der Forstsachverständige Andreas Rechzygier. Der Boden ist verhagert, der Wald anfälliger gegen Insekten und Krankheiten, Sturm- und Brandschäden geworden. Und wenn Fortsleute wie Rechzygier in eine bessere Zukunft schauen, müssen sie einige Generationen überspringen: „Bis dieser Wald wieder zum Mischwald werden kann, dauert es mindestens 60 Jahre.“ Trotzdem haben sich Anfang des Jahres zwölf Waldbesitzer in der „Forstbetriebsgemeinschaft Märkischer Sand e.V.“ zusammengeschlossen, um das Ziel ins Auge zu fassen. Wälder zwischen Ferch und Seddin, der Behnitzer Heide und bei Ludwigsfelde besitzen sie, insgesamt fast 3000 Hektar. Auf 400 Hektar bei Ferch soll erprobt werden, wie man den ökologischen Waldumbau innerhalb von Beständen beginnen kann, die noch zu jung für die Kettensäge sind. Politik des Agrarministeriums ist es, gefällte Kiefernbestände durch bestimmte Laubbaumarten zu ersetzen. In Ferch, wo die Kiefern erst zwischen 30 und 60 Jahre alt sind und der geförderte Waldumbau in diesem Maßstab noch nicht möglich ist, will man nun mit „Insellösungen“ einen Anfang machen. Andreas Rechzygier nimmt die Sache für die Forstbetriebsgemeinschaft in die Hand. Der „Zauberbaum“ von Rechzygier und Jörg Bretzke, Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft, heißt Eberesche. In ausgelichteten Waldbereichen sollen Inseln vor allem aus Ebereschen gepflanzt werden. Ökonomisch ist die Weichholzart ohne Wert, ökologisch ein Alleskönner: Die schnellwachsende „Amme des Waldes“ nährt den Waldboden, der neue Humus bildet die Grundlage für heimische Laubarten. Auch entlang der breiten Forstwege will die Forstbetriebsgemeinschaft auf Bewirtschaftungsflächen verzichten und die Monokultur durchbrechen: An Wegen, die zum Wietkiekenberg hinaufführen, sollen auf einer Länge von 4 Kilometern regelrechte Alleen aus Laubbäumen entstehen. Kastanie, Ahorn und Holzbirne sollen zum Einsatz kommen, natürlich muss dafür auch ein „Verbissschutz“ gegen hungriges Damwild her. Um schon bestehende Biotope zu schützen und zu vernetzen, sind als Drittes Reisighecken geplant, die mit Schwarzdorn, Holunder und Brombeeren bepflanzt werden sollen. Nicht zuletzt sollen die nördlich ans Dreieck Potsdam angrenzenden Waldgebiete einen neuen, breiten und langsam ansteigenden Waldsaum in 1,2 Kilometer Breite bekommen. Für Rechzygier haben die Maßnahmen nicht nur einen ökologischen, sondern auch einen touristischen Wert. „In Wäldern, die nicht überall gleich aussehen, findet man sich besser zurecht.“ Alleen und Hecken könnten zu markanten Orten und Zielen, wie eben dem Wietkiekenberg, führen. Von der begonnenen Waldverbesserung würden erst kommende Generationen auch ökonomisch profitieren. Für die Fortsbetriebsgemeinschaft kommt es jetzt darauf an, dass die Maia-Agentur die Gemeinnützigkeit des Vorhabens anerkennt und 15 Ein-Euro-Jobs zusagt, der Antrag ist bereits gestellt. Ohne die wird aus den schönen Plänen nämlich nichts. „Wir können das Knowhow, Werkzeug und Pflanzmaterial zur Verfügung stellen. Wenn wir das erforderliche Personal einstellen müssten, wäre die Forstbetriebsgemeinschaft allerdings in einem halben Jahr pleite“, sagt Rechzygier. Verwaltung, Abgaben, Berufsgenossenschaft und Versicherung – ein Hektar Wald kostet pro Jahr 30 Euro, das Geld kommt bei Holzerlösen von 10 Euro pro Kubikmeter kaum wieder rein, sagt Rechzygier. Drei Prozent Rendite in 100 Jahren, so rechnen Forstleute. Rechzygier: „Waldbesitz ist etwas für Liebhaber.“ Ferchs Ortsbürgermeister Roland Büchner (BBS) begrüßt, dass die Fercher Waldbesitzer sich „ihrer Verantwortung bewusst sind und diese auch bereit sind, für künftige Generationen wahrzunehmen. Dies sollte für die Maia-Agentur ein Grund sein, die Anträge zu bewilligen.“ Wichtig sei, dass das Vorhaben „keine Eintagsfliege bleibe“. Das wünschen sich auch Andreas Rechzygier und Jörg Bretzke. Denn fünf bis zehn Jahre werde es schon dauern, bis von den gedanklichen Entwürfen etwas im Fercher Forst sichtbar wird. Henry Klix
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