
© Thomas Lähns
Potsdam-Mittelmark: Auf dem Zeitstrahl bis ins Mittelalter
Konzept für Beelitzer Postmuseum liegt vor / Die Umsetzung dürfte jedoch noch eine Weile dauern
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Beelitz - Die Fahrt durch die Beelitzer Feldflur beginnt romantisch: Leise zirrpen die Grillen, Vögel zwitschern und werden bei ihrem Konzert nur vom Hufgeklapper der Pferde unterbrochen. Dann wird die Strecke holprig: Bei Regen geht es durch Schlaglöcher, man sollte sich festhalten. Plötzlich ein Schuss! Berittene Räuber sprengen auf die Reisenden zu, während der Kutscher seine Pferde zur Eile antreibt. Nun werden die Passagiere so richtig durchgerüttelt, bevor die Postkutsche mit Müh’ und Not die schützenden Stadttore erreicht. Die Risiken des Reisens in früheren Jahrhunderten, simuliert durch die Technik unserer Zeit – mit dem Kutschensimulator im neuen Beelitzer Postmuseum soll das möglich werden.
Authentisch und eindrucksvoll – so soll sich die über 1000-jährige Beelitzer Stadtgeschichte künftig den Besuchern präsentieren, heißt es im Museumskonzept. Studenten der Fachhochschule Potsdam hatten es schon vor geraumer Zeit entworfen, nun wurde es überarbeitet. Statt wie ursprünglich geplant über zwei Etagen, wird sich die allumfassende Dauerschau zur Stadthistorie ebenerdig und barrierefrei über die beiden Häuser, Poststraße 15 und 16, sowie das Hofgebäude erstrecken. Über obligatorische Exponate wie Bilder, Ackergeräte und persönliche Utensilien hinaus sollen Medien wie Tonaufnahmen und Filme zum Einsatz kommen. Aber auch unterschwellige Elemente wie Farben und die Gestaltung der Räume werden eine Rolle spielen.
Schon das Haus selbst beheimatet einen wesentlichen Aspekt der Stadtgeschichte: Beelitz war einst Haltepunkt für Postkutschen auf der Strecke Berlin-Leipzig. In der 1789 erbauten Posthalterei wurden die Pferde ausgetauscht, während auch die Passagiere verschnaufen konnten. Insgesamt 15 Themenfelder werden im künftigen Museum auf einem umgekehrten Zeitstrahl präsentiert: Der Spargelanbau wird einen Platz bekommen, ebenso wie die Garnisongeschichte. Bis zur Wunderblut-Legende und der slawischen Besiedelung im Mittelalter wollen die Kuratoren zurückgehen – inklusive der Ersterwähnung der Burg „belizi“ in einer Urkunde Ottos III aus dem Jahre 997. Dabei erhalten die Gäste auch einen Einblick in die Arbeit der Archäologen und lernen, was der Boden über die verheerenden Brände in Beelitz verrät.
Im Moment ist das alles jedoch mehr Vision als Wirklichkeit. Auf einen konkreten Zeitplan kann sich die Verwaltung nicht festlegen, weil ein Teil der geplanten Ausstellungsräume zurzeit anderweitig genutzt wird. So befindet sich in der Poststraße 15, wo den Besuchern unter anderem die Heilstätten und die Ackerbürgergeschichte vorgestellt werden sollen, die Bibliothek. Die soll voraussichtlich in zwei Jahren umziehen – in das ehemalige Hotel Wehner, das die Stadt sanieren will. Andererseits hat sich aber auch schon viel getan, vor allem in der Poststraße 16. Mit Städtebaumitteln ist das Objekt vor wenigen Jahren von außen saniert worden, der Hof ist wieder für Veranstaltungen geöffnet. Im Innern hat der Potsdamer Restaurator Ulrich Kobelius die historischen Wandmalereien freigelegt und aufgearbeitet. Das Torhaus sieht jetzt wieder aus wie anno 1830: Vasen und Zöpfe zieren die Wände, über den Türen prangt der Preußen-Adler und weist den Weg in Passagierstube und Expedition.
Die Obergeschosse der beiden Gebäude werden künftig ebenfalls zum Teil offen stehen. Denn obwohl sie nicht Teil des Museums sein werden, sind sie ebenfalls Teil der Geschichte. Kobelius hat auch hier Wandmalereien entdeckt und aufgearbeitet: Potsdamer Parklandschaften, Ende des 19. Jahrhunderts gemalt, zieren den Goethesaal und das Vorzimmer – und wahrscheinlich sogar noch weitere Räume in der Alten Posthalterei.
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