Potsdam-Mittelmark: Auf und ab, hin und her: Bewegung im Ortsparlament So manch einer fürchtete große Politinszenierungen auf der kleinen Kleinmachnower Bühne – jetzt gibt es die ersten Theater-Kritiken
Von Peter Könnicke Kleinmachnow. Nun also doch: Gepflogenheiten wie im Bundestag in Kleinmachnow.
Stand:
Von Peter Könnicke Kleinmachnow. Nun also doch: Gepflogenheiten wie im Bundestag in Kleinmachnow. So beklagt es zumindest Bernd Pape. Der langjährige Abgeordnete der Lokalunion beobachtet argwöhnisch, wie sich in den Sitzungen der Gemeindevertretung neuerdings bewegt, wie debattiert und abgestimmt wird. „Da sind von Beginn an die Vertreter der beiden großen Parteien auf Achse, besuchen diesen, besuchen jenen. Da hockt man sich zum Gesprächspartner – Augenhöhe ist wichtig. Man setzt sich ein Weilchen zur anderen Fraktion, oder verlässt minutenlang den Saal.“ All das veranlasst Pape zum sarkastischen Willkommensgruß: „Endlich auch in Kleinmachnow – die Politkultur des Bundestages!“ Sollten sich die Sorgen aus dem Kommunalwahlkampf bestätigen, dass auf der kleinen Bühne der Ortspolitik großes Theater gespielt wird? Vor parteipolitischen Ränkespielen, Machtgehabe und Parteibuchtreue wurde im vergangenen Spätsommer gewarnt. Sacharbeit, so das böse Orakel, werde auf der Strecke bleiben. Etwas Theatralik scheinen Gemeindevertreter wie Michael Scharp von der SPD gern zu bemühen, um das Anliegen eines Antrages oder anstehenden Beschlusses zu unterstreichen. Es erschien den Vertretern von CDU, SPD und FDP wichtig, sich für den – ihrer Überzeugung nach bedeutsamen – Bau einer weiteren Schule quer zu legen, in die Knie zu gehen oder im Kreis zu laufen. Vieliecht hilft es SPD-Vize-Fraktionschef Klocksin nach hitziger Debatte den Überblick zurück zu gewinnen, wenn er sich von der ersten in die letzte Bankreihe setzt. Dieses für manchen fremd erscheinende Gebahren war nicht abträglich, als die Kleinmachnower Gemeindevertretung vor Wochenfrist mit deutlicher Mehrheit einen Grundsatzbeschluss für eine dritte Grundschule fasste. Auch der Vorschlag für einen Sonderausschuss „Seeberg“ fand nach – zugegeben so manch schauspielreifer Einlage – den Zuspruch von vier der sechs Fraktionen. „Es wurden wichtige Entscheidungen getroffen, zu denen die alte Gemeindevertretung nicht fähig oder willens war“, zählt für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Ludwig Burkardt letztlich das Resultat. „Wenn das der Stil ist, der zu Entscheidungen führt, erwartet Kleinmachnow nicht das Schlechteste.“ Der Gang zur anderen Fraktion oder der Schritt zum Parlamentskollegen ließen sich doch auch so deuten: Es ist Bewegung und Annäherung in der Kleinmachnower Gemeindevertretung. In zwei wichtigen Angelegenheiten hat das zumindest zum Etappen-Ziel geführt. Ob eine neue Schule dem Ort tatsächlich hilft und der Seeberg-Ausschuss erfolgreich ist, muss sich erst noch beweisen. CDU-Fraktionschef Burkardt spricht bereits von einer neuen Qualität der Gemeindevertretung. Ob diese wirklich darin besteht, dass eine „Politkultur des Bundestages“ herrscht, ist eine Frage der Erfahrungen, Erwartungen und Empfindungen. Das Politik-Feld war schon immer ein Marktplatz der Eitelkeiten und Inszenierungen. „Die Wirksamkeit wichtiger Beschlüsse wird das nicht beeinflussen“, meint Burkardt. Es sind Begleiterscheinungen, die nicht gefallen müssen, man muss sie auch nicht pflegen. Doch man muss Obacht geben, sich vor lauter Befremden nicht zu isolieren. Vom Leder gezogen Herbert Franke als Vertreter der Unabhängigen Bürger Kleinmachnows (UBK), der wie Pape bereits auf fünf Jahre Ortsparlamentsarbeit zurück blicken kann, erstaunt indes ein anderer Umstand. Seine Fraktion zu der neben seinem UBK-Kollegen Hubert Faensen die beiden WIR-Vertreter Scheib und Banhart gehören, sah sich auf der jüngsten Parlamentssitzung reichlich attackiert, wobei Franke die verbale Schärfe überraschte. Nachdem im Dezember während der ersten Sitzung der Gemeindevertretung alle Fraktionen in einem gemeinsamen Antrag forderten, die geplanten Baumfällungen an der Machnower Schleuse zu verhindern, wagte es jetzt die UBK/WIR-Fraktion, einen erneuten Beschluss in gleicher Sache vorzuschlagen: Die Gemeindevertretung sollte ein Moratorium zum Schleusenausbau verlangen. Das gut gemeinte Anliegen erntete zunächst Protest. PDS-Vertreter Klaus-Jürgen Warnick zückte eine Liste seiner Landtagsfraktion – voll mit Anträgen zum Stopp des Schleusen- und Havelausbaus, um zu illustrieren: „Man muss das Rad nicht neu erfinden.“ Bei der SPD hätte sich Jens Klocksin gefreut, wenn UBK/WIR aus ihrem Antrag ein fraktionsübergreifendes Anliegen gemacht hätten. Und der bündnisgrüne Norbert Schrödter kommentierte den erneuten und diesmal im Alleingang einer Fraktion initierten Vorstoß gegen den Schleusenausbau als „Schaulaufen“. Daher konnte er dem Antrag nicht zustimmen, gleichwohl er hundertprozentig gegen das Projekt ist. Franke zeigte sich von den Reaktionen überrascht: „Wie hier vom Leder gezogen wird “, gab er sich sichtlich betroffen. Etwas gelassener sah es sein Fraktionskollege John Banhart, wohlwissend, den verbalen Keulenschlag selbst recht gut zu beherrschen. Natürlich, so Banhart, ließen sich in Zukunft Anträge, bei denen grundsätzliche Einigkeit vorausgesetzt werden kann, gemeinsam formulieren. „Wir lassen uns gern umarmen.“ Das wäre dann eine Qualität, wie sie selbst im Bundstag nicht geboten wird.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: