Potsdam-Mittelmark: „Außer Spesen nichts gewesen“
Regionale Firmen fühlen sich bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen oft übergangen – ein Test in der Teltower Altstadt
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Teltow - Wenn in Potsdam-Mittelmark ein Bauauftrag öffentlich ausgeschrieben wird, bewirbt sich der Stahnsdorfer Bauunternehmer Peter Weiß schon gar nicht mehr. „In der Vergangenheit hat sich einfach gezeigt, dass wir da sowieso keine Chance haben.“ Nach einer ganzen Reihe erfolgloser Bewerbungen, bei denen für sein Unternehmen „außer Spesen nichts gewesen“ sei, bemühe er es auch nicht mehr beim derzeit größten regionalen Bauprojekt, der Sanierung der Teltower Altstadt, um einen Auftrag.
Dieses Bauvorhaben wird im Auftrag der Stadt Teltow vom Sanierungsträger Complan GmbH koordiniert. Projektleiter Eckhard Hasler kennt den Verdacht regionaler Mittelständler, man übergehe sie bei der Auftragsvergabe zugunsten von Billig-Anbietern, weist ihn aber zurück: „Wenn unsere Firma ein öffentliches Bauprojekt, wie die Sanierung der Kupplmayrschen Siedlung treuhänderisch verwaltet, dann läuft alles seriös und fair ab“ versichert er. In dem konkreten Fall gebe es ein Budget von mehr als fünf Millionen Euro. Bei dieser Summe schreibe die Vergabeordnung vor, dass die Ausschreibung europaweit erfolgen muss. „Wir können die Aufträge also nicht einfach innerhalb der Region vergeben“, erklärt Hasler.
Korrigieren lässt sich damit Peter Weiß“ genereller Eindruck nicht, dass es nicht mit rechten Dingen zugeht, wenn sich regionale Bewerber immer seltener gegen auswärtige Konkurrenz behaupten können. „Selbst wenn wir mit unserer Preiskalkulation an der unteren Grenze operieren, gibt es immer noch Unternehmen, die uns unterbieten“, sagt Weiß. Es sei ihm schleierhaft, wie man die Kosten so niedrig ansetzen könne, ohne ernsthafte Qualitätseinbußen zu verantworten.
Einfach den billigsten Anbieter zu wählen, sei kurzsichtig, sagt Weiß. Die Billigkalkulationen stünden oft auf tönernen Füßen. Später kämen dann auf die Stadt oder Gemeinde riesige Rechnungen für Nachbesserungen zu. „Man erlebt es ja immer wieder, dass öffentliche Bauvorhaben am Ende viel teurer werden, als ursprünglich geplant. Das liegt meist daran, dass die Kalkulation zu niedrig angesetzt war“, sagt Weiß. Das schwedische Vergabemodell hält er indes für geglückt: „Dort bildet man einen Mittelwert aus dem höchsten und dem niedrigsten Angebot. Das Unternehmen, was dann am nächsten dran liegt, bekommt den Zuschlag.“
Eckhard Hasler vom Sanierungsträger Complan sieht gegenwärtig keine Benachteiligung regionaler Unternehmen. „In der Regel vergeben wir auch bei landes- und europaweiten Ausschreibungen die meisten Aufträge an Unternehmen aus der Gegend, weil aus anderen Regionen oft keine Bewerbungen kommen“, sagte Hasler. Das sei auch im Fall der Kupplmayrschen Siedlung so, wo man die Aufträge nach und nach, den einzelnen Bauabschnitten entsprechend, ausschreibe.
Ein Blick auf die Liste der beteiligten Firmen bestätigt seine Aussage: Von den 19 bisher vergebenen Aufträgen, gingen 13 an Unternehmen in Brandenburg, drei weitere an Firmen aus Berlin. Aus Potsdam-Mittelmark kommen unter anderem die Bauzäune und -schilder. Die Teltower Baustoffrecycling TBR GmbH ist verantwortlich für den Aushub der Baugrube und „Elektro Unger“ aus Stahnsdorf erhielt den Zuschlag für den Baustrom und die Montage von Baulaternen. Daneben sind Brandenburger Unternehmen aus Wriezen, Wustermark, Luckau oder Frankfurt (Oder) beteiligt. Zwei Unternehmen kommen aus Mecklenburg-Vorpommern, eines aus Dresden. So werden die Holzfenster und Türen für das neue Bürgerzentrum in Teltow von einem Tischlereibetrieb aus dem mecklenburgischen Strasburg gefertigt. Tischlermeister André Laszyk findet es gerechtfertigt, dass die Wahl auf seinen Betrieb fiel. „Ich weiß, dass wir nicht der billigste Anbieter waren, aber unsere Firma hat in der Branche einen guten Ruf, weil bei uns das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.“ Überzogene Nachforderungen werde es mit Sicherheit nicht geben, so Laszyk. Ähnlich argumentiert das seit 20 Jahren bestehende Dresdner Unternehmen FB-Aufzüge. „Wir haben nicht das billigste, sondern das wirtschaftlichste Angebot unterbreitet, weil wir ein Unternehmen sind, das selber fertigt und nicht noch Material einkaufen muss. Das verschafft uns natürlich einen Preisvorteil“, erklärt Geschäftsführer Falk Burkhard.
Einigkeit herrscht bei allen Unternehmen, egal ob aus Brandenburg oder von außerhalb, dass man in der heutigen Zeit flexibel sein müsse und Anfahrten von ein bis zwei Stunden zum Arbeitsort selbstverständlich seien. „Wir fahren dorthin, wo es Arbeit gibt“, sagt auch Tischlermeister André Laszyk.
Nur von der Firma Prenzel Dachsysteme aus Bützow (Mecklenburg-Vorpommern) war zu ihrem Engagement in der Kupplmayrschen Siedlung keine Stellungnahme zu bekommen. Auch wenn es sich um ein öffentliches Bauvorhaben handele, das mit öffentlichen Mitteln finanziert werde, müsse man sich nicht äußern, ließ die Sekretärin von der Geschäftsführung ausrichten. „Genau diese Art des Abblockens führt bei uns anderen Unternehmern zu Argwohn“, sagt der Stahnsdorfer Bauunternehmer Peter Weiß. Denn wer nichts zu verbergen habe, könne auch offen sprechen. Juliane Schoenherr
Juliane Schoenherr
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