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Potsdam-Mittelmark: Bahnhof am Bahnhof

Närrische Eröffnung des neuen „Service Stores“ der Deutschen Bahn in Werder (Havel)

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Werder - Weiberfastnacht gestern am Bahnhof Werder (Havel): Fast hätte Werders Beigeordnete Beate Rietz einem Bahner den Schlips abgeschnitten. Die Schere hatte sie schon in der Hand. Und das kam so: Die Deutsche Bahn AG eröffnete gestern ihren neuen „Service Store“, den elften im Land Brandenburg. Zeitungen, Reisebedarf, Snacks, Zigaretten und Fahrkarten können hier gekauft werden. Gestern gab es kostenlosen Nescafé und belegte Brötchen. Die Stimmung war trotzdem ein bisschen gereizt.

Das neue Bauwerk – ein klimatisierter Metallcontainer mit Schaufenster und Türen – steht auf dem Bahnsteig, während das verwitterte Bahnhofsgebäude dahinter einen weniger stabilen Eindruck macht. Um das rote Band für den Store – sprich den Laden – zu durchschneiden, wurden auf einem Samtkissen mehrere Scheren für die Bahnprominenz und Werders Beigeordnete serviert. Da juckte es Beate Rietz in den Fingern. „Ist heute nicht Weiberfastnacht?“, fragte sie den Leiter des Bahnhofsmanagements Potsdam, Thomas Hesse, klapperte mit der Schere und fixierte den Schlipsknoten.

Hesse konnte sich glücklich schätzen, dass der Termin nicht im Rheinland stattgefunden hat. Zuvor hatte er sich mit der Beigeordneten einen heftigen Schlagabtausch geliefert, das schneidende Angebot von Beate Rietz war nicht ganz unernst gemeint. Stadtverwaltung und die Deutsche Bahn AG liegen seit Jahren wegen des Bahnhofs im Clinch. Die Stadt hatte 2001 ein komplettes Sanierungskonzept mit Pächter zur Nutzung des Gebäudes vorgelegt, doch erst wollten die Bahngremien gar nicht verkaufen. Und dann wollten sie prüfen, ob das Gebäude „entbehrlich“ ist. Jahre gingen darüber ins Land. Die Partner der Stadt sprangen ab, die Fördertöpfe leerten sich. Jetzt würde die Bahn verkaufen, aber Werder will nicht mehr. Auch wegen der Verkaufspreisvorstellungen der DBAG. Helau!

Bahnsprecher Holger Auferkamp zeigte sich gestern schuldbewusst: „Das ist wirklich dumm gelaufen. Ich kann verstehen, dass die Stadt sauer ist.“ Bahnhofsmanager Hesse war weniger diplomatisch. Für kleine bis mittlere Bahnhöfe wie Werder sei an sich nicht mal die automatischen Fahrplananzeige am Dach im Standard. Der Vandalismus koste eine Menge Geld. Und den von höchster Stelle unterschriebenen Bahnbrief vom Sommer 2006 habe die Stadt nicht mal beantwortet. Überhaupt: Das Bahnhofsgebäude sei nicht der Bahnhof. „Wissen Sie auch, wie viele unserer Briefe die Bahn nicht beantwortet hat?“, konterte Rietz, die Hesses Argumente als „absurd“ abkanzelte.

Trotz des Streits hofft die Bahn noch ein bisschen, dass die Stadt das Bahnhofsgebäude kaufen wird. Hesse verwies gestern gegenüber den PNN auf erfolgreiche städtische Bahnhofsprojekte: In Luckenwalde habe die Stadtbibliothek im Bahnhof ihren Platz gefunden, in Ludwigsfelde das Stadtmuseum, in Neuruppin (Rheinsberger Tor) das Tourismusbüro. Den Service Store in den Altbau zu integrieren, wäre indessen unwirtschaftlich gewesen.

Die neuen Betreiber, Jacqueline und Hans-Peter Knuth, bestätigten auch, dass der Laden in der Laufrichtung vom Parkhaus zum Bahnsteig einen besseren Platz habe. „Niemand geht durch das Bahnhofsgebäude“, so Hans-Peter Knuth. Von Management-Pannen der Bahn konnte allerdings auch er berichten: Den Laden betreibt das Ehepaar aus Halbe mit drei Mitarbeitern nämlich schon seit Juli 2006. Doch unmittelbar nach der Eröffnung wurde mit der Sanierung des Bahnsteigdachs begonnen, rund um den Laden war drei Monate lang alles gesperrt und die Reisenden nutzten den gegenüberliegenden Bahnsteig 2. „Hätten wir das vorher gewusst, dann hätten wir später eröffnet.“ Verschoben hat man dann zumindest den offizielle Start – in die närrische Zeit !

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