Beelitz/Brück: Bataillon auf der Bahn
Für ein Training in Süddeutschland verladen Beelitzer Soldaten gerade mehr als 100 Fahrzeuge – neben einem Panzer vor allem 40 Tonnen schwere Laster.
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Beelitz /Brück - Langsam rollen die Räder des „Elefant“ von der Laderampe auf den Zug, die 40 Tonnen des Schwerlasttransporters der Bundeswehr drücken den Eisenbahnwaggon mehrere Zentimeter gen Erdboden. Die Seitenspiegel sind für den Transport schon eingeklappt. Der Fahrer des gut drei Meter breiten und achteinhalb Meter langen Lasters muss sich voll auf seine beiden Einweiser verlassen, denn der Anhänger unter ihm ist nur so breit wie sein „Elefant“. Mit dem Zollstock misst ein Mitarbeiter der Bahn noch nach, ob der Wagen wirklich gerade steht. „Das ist extrem wichtig, damit sich der Waggon bei kleinen Stößen nicht aufschaukelt“, sagt Verladeoffizier Volker Ruhmer vom Beelitzer Logistikbataillon. Er organisiert den Abtransport von 106 Fahrzeugen des Beelitzer Bataillons an der Rampe auf dem Truppenübungsplatz Lehnin-Brück. Am heutigen Freitag werden die letzten Waggons beladen, gestern war das schwere Gerät dran. Es geht auf eine 800 Kilometer lange Fahrt bis zum Übungsplatz Baumholder in Rheinland-Pfalz.
„Seit mehr als zehn Jahren haben wir schon keine Bahnverladung mehr geprobt“, sagt Kommandeur Marco Haub den PNN. Zwei Tage lang sind die Züge unterwegs, am Sonntagabend wird abgeladen. 500 der 866 Beelitzer Soldaten, die selbst mit Bussen nach Baumholder gefahren werden, werden dann ab Montag eineinhalb Wochen lang den Ernstfall proben: Gefechtsschießen, Hindernisbahnen bezwingen, lange Märsche mit Verletzten überstehen. All das könnte man zwar theoretisch auch in der Mark trainieren – „in dem Zeitraum sind die Übungsplätze hier in der Nähe aber schon belegt“, so Haub.
Deshalb muss die komplette Kolonne jetzt vom Stützpunkt über die Landstraße nach Beelitz, durch den südlichen Teil der Stadt hindurch und über die Bundesstraße 246 zum Truppenübungsplatz bei Brück fahren. „Die Bevölkerung in Beelitz ist es ja gewohnt, unsere Fahrzeuge zu sehen, und wir fahren nicht durch die Altstadt“, so der Kommandeur. Zwar liegt auch am Beelitzer Stützpunkt noch ein Gleis, das aber ist seit 2004 nicht mehr an das Netz der Deutschen Bahn angeschlossen, wie Bahn-Sprecher Burkhardt Ahlert bestätigt. „Die Truppe muss einen längeren Anfahrtsweg in Kauf nehmen und DB Cargo die Zugbildung bereits in Seddin vornehmen“, so Ahlert. Eine Wiederinbetriebnahme des Beelitzer Gleises sei von der Bundeswehr nicht angedacht.
Für Verladeoffizier Volker Ruhmer und seine 30 Mitarbeiter, die die Fahrzeuge mit Eisenketten an den Waggons festzurren, birgt aber auch die Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn Herausforderungen: Am Donnerstagmorgen wurden gleich vier Waggons zu wenig geliefert, schon am Mittwoch fehlten einige. Während die ersten Wagen beladen werden, fährt der Lokführer noch einmal los, um Nachschub zu holen. Ruhmer, der hinten an der Rampe steht, plant um. Er will erst alle vorhandenen Waggons beladen, sie wegbringen lassen und dann die leeren Waggons zur Rampe bringen – bei nur einem Ladegleis, hinter dem sich der Bundeswehrfuhrpark aufreiht, muss die Logistik stimmen. Dann fährt die Lok aber plötzlich mit dem halben Zug los im Schlepptau los, die Kollegen der Bahn haben anscheinend anders geplant. Noch einmal muss umgedacht werden. „Wir Soldaten sind Flexibilität gewohnt, nichts ist beständiger als die Lageänderung“, so der Verladeoffizier gelassen.
Nach drei Stunden ist schließlich alles so hinrangiert, wie es soll, und das richtig schwere Gerät kann verladen werden: Der knapp 50 Tonnen schwere Bergepanzer, der etwa schwere Lastwagen aus Gräben ziehen kann, ragt an jeder Seite fünf Zentimeter über den Waggon und steht schon beim ersten Versuch schnurgerade. „Das war gestern schwerer, als größere Fahrzeuge auch an den Anfang des Zuges mussten“, so Volker Ruhmer. Das Gleis liegt in einer Kurve, entsprechend krümmt sich der vordere Teil des Zuges.
Die Rückfahrt am 24. und 25. November nach Beelitz bestreitet das Bataillon dann ohne Bahn. Jeweils 20 bis 30 Fahrzeuge fahren in drei Kolonnen zusammen zurück. Auch da gibt es Kommandeur Marco Haub zufolge wichtige Trainingseffekte, wie das Wachbleiben trotz langer monotoner Fahrt, womöglich fällige Reparaturen unterwegs und das Halten der richtigen Abstände auf der Autobahn. „Der Bremsweg eines Panzers ist extrem kurz, da hat es schon viele Unfälle mit normalen Autos gegeben.“ Im eigenen Bataillon habe Haub aber noch keine erlebt.
Nach den Übungen jetzt folgt im kommenden Jahr wieder der Ernstfall für die Beelitzer Soldaten: Im Mai werden einige Truppenteile die Kfor-Kräfte im Kosovo unterstützen. Später im Jahr sind dann noch Einsätze in Afghanistan, Mali und dem Irak geplant.
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