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KulTOUR: Bein auf Bein

Fotos und Objekte im Kunst-Geschoss Werder

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Werder (Havel) - Nach schöpferischer Pause macht die Stadtgalerie in Werder mit dem kämpferischen Namen wieder mobil, allerdings mit dürrem Titel. Er sagt, dass „Zwei im Kunst-Geschoss“ ausstellen, deren Gänze mehr als die Summe ihrer Teile seien. Das ist zwar niemals zu beweisen, dafür stammt es von Aristoteles. Ganz profan zeigt der bei Brandenburg (Havel) lebende Berliner Ingo Kuzia urbane Fotografie, der andere Teil gehört dem gebürtigen Kölner Heinz B. Dreckmann mit Objekten, jetzt Falkensee.

Kurator Frank Weber hatte nicht übertrieben, als er eine „klar gegliederte und formale Ausstellung“ androhte. Da war nichts Buntes oder gar Hübsches zu erwarten, doch kann man dem Besucher so viel Sachlichkeit, Materialsinn noch zumuten? Klar, sonst wäre es keine Kunst, ungefähr wenigstens, oder eben auch nicht. Auffällige Nüchternheit deshalb hier und da, konstruktivistisch anmutend, oder neu-sachlich, oder wie man diese Schau in ihrer absichtsvollen Menschenlosigkeit auch immer nennen mag. Dahinter steckt die Frage, wie viel Stoff es zur Kunst braucht, ob der Betrachter nur ordinäre Wäscheklammern sieht, oder behufs ihrer Kunst. In dem Punkt stimmen die beiden Aussteller überein.

Den langjährigen Fotojournalisten Ingo Kuzia schien ein wenig Heimweh umtrieben zu haben, als es ihn vom brandenburgischen Refugium zurück in die Metropole spülte. Seine Fotos sind echte Stimmungsbilder, andererseits Elogen an das Gebaute, und wie Alt und Neu ins Gleichgewicht kommt. So spiegelt sich der Reichstag in der Glasfassade des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses, man wird zum Hardenberg-Platz gebeten, zum Lietzensee, nach Witzleben, an die Ufer der Spree oder zu den Westend-Terrassen. Kuzias Sehnsuchtsmotive als Architekturfotografie, klar gegliedert, sachlich, ziemlich menschenfrei: „Strukturen interessierten mich immer.“ Technisch hat er alles in Farbe fotografiert, dann die Farbpixel weitgehend getilgt und den Rest auf Alpha-Cellulose gebracht, wie man die Hadern (Lumpen) einst nannte.

Das gilt für die Objekte von Heinz Bert Dreckmann erst recht. Bein-auf-Bein, Platte-auf-Platte schichtet er schwarz-weiße Tische aufeinander, bis eine Formalie entsteht, vor der es einem schaudert: Was ist das! Streng ist für diese Objekte fast kein Ausdruck, schade nur, dass ihr Schöpfer sie einfach bei ihren Namen nannte, statt sich etwas einfallen zu lassen. So baut er aus handelsüblichen Zollstöcken fischgrätenartige Reliefs, aus Scheren ein Scherenrund, aus Vorhängeschlössern einen Messingkreis, aus Fahrradteilen „Räder durchspeicht“. Bei den guten alten Wäscheklammern ist sein schöpferischer Geist besonders fündig geworden: Hier erschafft er mal eine kitschig rosaweiße Rosette, mal fügt er sie in abstrakte Formen oder eine offene Spirale, die an den alten Turm zu Babel erinnert. Material, Kunst, beides? So war das verkündet, so ist das gemeint.

Karin Peters kleine Farbfotoschau „Licht ist Leben“ eine Etage darunter gibt darauf die Antwort. An der Glasfassade entdeckt man den Schneck im Großformat, einen ausgedienten Lkw im Gebüsch, die Tapsen einer Watschel-Ente, den Pik Buben im Sand. Das Kopflastige oben, das heitere Licht zum Leben eine Etage darunter. Gerold Paul

bis 7. Juli Donnerstag, Samstag und Sonntag 13-18 Uhr, Uferstraße 10

Gerold Paul

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