Potsdam-Mittelmark: Bereit für die „Zuckertüte“
Michendorfer Runde der SPD-Landtagsfraktion zum Thema „Schule trifft Kita“
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Michendorf - Es gibt mehrere Wege, Kinder auf die Schule vorzubereiten: In Wilhelmshorst ist der Kindergarten Teil des Ganztags-Schulprogramms, in Wildenbruch kommen Kita-Kinder zur Eingewöhnung jeden Donnerstag in die Grundschule. In der evangelischen Kita Michendorf heißen die Großen „Zuckertütenkinder“: Während die jüngeren Schützlinge Mittagsschlaf halten, machen sie Sprachübungen und lernen zählen.
„Schule trifft Kita“ – das Thema am Dienstagabend im Michendorfer Gemeindezentrum ist in der Großgemeinde in Ansätzen verwirklicht. Die SPD-Landtagsfraktion um ihren Chef Günter Baaske und Abgeordnete Susanne Melior hatte eingeladen. Mit Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD), Vertretern der mittelmärkischen Kitas und Grundschulen sowie Eltern sollte überlegt werden, wie beide Einrichtungen zusammenrücken können. Das Thema beschäftigt nicht nur Fachleute – zirka 120 Gäste waren im „Apfelbaum“ zusammengekommen.
Der Übergang zur Grundschule sei das zentrale Erlebnis in der Bildungslaufbahn eines Kindes, so der Minister. „Es kommt in eine neue Umgebung, hat Kontakt zu neuen Personen, verliert Freunde.“ Der Wechsel sei auch deshalb einschneidend, weil jeder mit anderen Voraussetzungen eingeschult wird. Einige hätten sprachliche, andere motorische Probleme. Die zentrale Forderung am Dienstag war eine individuelle Beobachtung und „Übergabe“ der Kinder an die Schulen.
Dafür sprach sich auch Jörg Ramseger aus, er ist Professor für Entwicklungspsychologie an der Freien Universität Berlin. „Kita und Grundschule wissen zu wenig voneinander“, so der Experte. 62 Prozent der Grundschullehrer wüssten nicht, nach welchem Konzept im Kindergarten gearbeitet wird, nur 40 Prozent würden Kitas besuchen. Dabei sei der Bildungsauftrag beider Einrichtungen ähnlich.
Ein Aspekt sei das Lernen durch eigenes Forschen. „Das alte Bild vom Lernen durch Instruktion ist hinfällig“, sagte Ramseger und berichtete von einer knapp Dreijährigen in einer Wünsdorfer Kita, die selbstständig Schreibversuche unternimmt. Selbstständigkeit werde den Kindern auch in Michendorf vermittelt, erklärte Michaela Hipp, Leiterin der evangelischen Kita „Tausendfüßler“. Zusammen mit anderen Kitas in der Umgebung sei das alte Lernkonzept überdacht worden. Die Rede war von „Qualitätsmanagement“ und Fortbildung. Eine Mitarbeiterin habe gerade eine Ausbildung im Bereich Sprachförderung absolviert. „Die Unterschiede sind enorm, jedes Kind braucht individuelle Behandlung.“
Hipp und viele ihrer Kolleginnen wünschen sich, dass Grundschullehrer öfter vorbeischauen und die Kinder kennenlernen. Der Rahmen ist gesteckt: Eine Stunde pro Woche wird für solche Hospitationen vom Land vorgeschrieben. „Ein erster Schritt, aber ein großer“, urteilte Jörg Ramseger. SPD-Fraktionschef Baaske kündigte ferner eine Gesetzesinitiative an, der zufolge in jeder Kita eine Expertin für Sprachstandserhebung und -förderung vertreten sein soll – wie bei den „Tausendfüßlern“ bereits der Fall. Weiterer Bestandteil des Gesetzes: Kinder von Arbeitslosen sollen nicht zwangsläufig die Kita verlassen müssen.
Dafür gab es Applaus – ebenso für die Michendorfer Kommunalpolitik. Dieter Brüchert, Leiter der Michendorfer Grundschule, lobte den Gemeinderat, der sich von Anfang an für Kitas und Schulen eingesetzt hätte. Thomas Lähns
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