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Betrugsprozess in Frankfurt (Oder): Bewährung oder Gefängnis
Im Betrugs-Prozess gegen Axel Hilpert verkündet das Frankfurter Landgericht am Montag das Urteil.
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Frankfurt (Oder) - Er wirkt angespannt, jetzt, wo es bald vorbei sein könnte. Fast. Wie es ihm geht, nach dem Plädoyer des Staatsanwaltes, der ihn auf Jahre hinter Gitter sehen will? „Ich habe nichts anderes erwartet“, antwortet Axel Hilpert. Die Verhandlung, die letzte in diesem Prozess, im Saal 007 des Landgerichts Frankfurt (Oder) gegen ihn, ist da gerade vorbei. Nun heißt es noch einmal warten, noch dreieinhalb Tage innere Hochspannung für ihn. Denn nun hängt es allein vom Gericht ab, ob er noch einmal ins Gefängnis muss. Im Betrugsprozess gegen den 69-Jährigen um das Resort Schwielowsee will die von der Vorsitzenden Richterin Claudia Cottäus geführte Strafkammer am Montag das Urteil verkünden. In ihrem Plädoyer forderte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag eine Haftstrafe von vier Jahren und zwei Monaten für Hilpert, die Verteidigung verlangte eine Bewährungsstrafe.
In erster Instanz war Hilpert 2012 vom Potsdamer Landgericht zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt worden, weil er sich 9,8 Millionen Euro Fördermittel für das mondäne Luxushotel von der Investitionsbank Brandenburgs (ILB) betrügerisch erschlichen haben soll. Hilpert hatte die Hotelanlage im Florida-Stil ohne eigenes Geld, allein aus einem 30-Millionen-Kredit der Deutschen Kreditbank (DKB), einer Tochter der bayerischen Landesbank, und den Fördermitteln Brandenburgs finanziert. Hier hatte er beste Drähte in die Landespolitik. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das Potsdamer Urteil teilweise aufgehoben. Zwar war auch für die Karlsruher Richter klar, dass Hilpert betrogen hat, etwa weil sein spezielles Rückvergütungssystem in die Kosten und damit die Förderung einfloss. Hilpert, der zu DDR-Zeiten im Imperium des Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski einträgliche Ost-West-Geschäfte machte, hatte bei jedem Auftrag für die Errichtung der Hotelanlage an Baufirmen, Architekten, Planer sich extra privat Provisionen zahlen lassen. Doch nach Auffassung des BGH war es nicht rechtens, die gesamte 9,8-Millionen-Fördersumme als Schaden – und damit als Grundlage für das Strafmaß – anzusetzen. Schließlich stünde das 500-Betten-Hotel mit 100 Arbeitsplätzen, so der BGH. Im Berufungsverfahren musste deshalb geklärt werden, um wie viel Geld Hilpert die ILB tatsächlich betrogen hat. Und dabei geriet immer stärker – anders als beim ersten Prozess in Potsdam – die merkwürdige Rolle der brandenburgischen Förderbank ILB in den Fokus, die schon wegen des Skandals um die laxe Bewilligung von Fördergeldern für die Pleitefirma Human Bio Sciences (HBS) unter Druck ist.
Die Anklage hält nach wie vor schon die gesamte Firmenkonstruktion für das Resort Schwielowsee für auf Betrug angelegt, was Staatsanwalt Ivo Maier wiederholte. Die Dachfirma „Theodor Fontane“, wo Hilpert Geschäftsführer und zentrale Figur war, hatte den Auftrag für den Bau des Hotels über ein Bauträgermodell an die hundertprozentige Hilpert-Firma PMPS vergeben. Da Hilpert auch dort abkassierte, habe er die Kosten für das Resort um rund 13 Millionen Euro aufgebläht, damit rund 3,43 Millionen Euro zu viel Fördergeld kassiert. Das entspricht der Summe, die im Auftrag des Gerichtes ein Gutachter ermittelt hatte. „In der Sache waren es In-Sich-Verträge“, sagte Staatsanwalt Maier. Die PMPS sei „überflüssig“ gewesen. „Das Ganze war ein Betrugsmodell.“
Wenn das allerdings stimmen würde, dann hätte die ILB nach dem Prozessverlauf dazu womöglich Beihilfe geleistet. Denn die Firmenkonstruktion sei in engster Abstimmung und sogar auf Empfehlung der ILB gewählt worden, wie Hilpert wiederholte. Und seine drei Top-Anwälte zogen in ihren Plädoyers alle Register, um Hilpert vor dem Gefängnis zu bewahren. Der Hamburger Star-Verteidiger Gerhard Strate – er hatte unter anderem Gustl Mollath aus der Psychiatrie geholt – verwies darauf, dass nach dem vom BGH vorgegeben Rahmen allein die Rückvergütungen für den Schaden angesetzt werden dürfen. Der Verwaltungsrechtsexperte Martin Lailach verwies darauf, dass die ILB die Konstruktion und PMPS-Abrechnungen nie infrage gestellt habe, zudem sei der Förderbescheid auslegbar gewesen. So kam die Verteidigung auf einen Schaden von 27 113 Euro, bei einer maximal möglichen Auslegung von höchstens 359 000 Euro. Und Matthias Schöneburg, einer der profiliertesten Strafverteidiger in Berlin und Brandenburg, erinnerte an die jahrelange Dauer dieses Prozesses. Er sei mit Hilpert befreundet, man treffe sich zweimal die Woche, er habe persönlich erlebt, wie dieses „Damoklesschwert“ der Ungewissheit seinen Mandanten belaste, der bereits 13 Monate in Untersuchungshaft verbracht habe und krank sei. Ehe sich das Gericht zurückzog, bekam Hilpert das letzte Wort. Er ging auf den Prozess nicht ein. Er erzählte, wie er das vom Bund erworbene Grundstück, wo heute das Resort steht, beräumt hatte: ein asbestverseuchtes Gebäude, 6000 Tonnen Müll, 250 Kühlschränke, 200 Fahrräder, einen Bunker mit Lkw-Ladungen Batterien. Ein Betrüger, so sagte er es draußen vor Journalisten, sei er nicht.
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