
© Kai Heinemann
Giftiger Bärenklau bei Ferch: Bloß nicht anfassen!
Am Rande des Kammeroder Obstplans bei Ferch breitet sich der giftige Riesenbärenklau ungehindert aus. Naturschützer Kai Heinemann sieht jetzt die letzte Gelegenheit, etwas gegen den Einwanderer zu tun.
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Schwielowsee - Riesenbärenklau sollte man besser nicht berühren. Um sich gegen Pflanzenfresser zu schützen, hat der aus dem Kaukasus eingeschleppte Doldenblütler Gift in fast allen Bestandteilen. Es wirkt auch auf menschliche Haut phototoxisch und kann zu Hautveränderungen führen, die Verbrennungen dritten Grades gleichen. Aus Heinersdorf (Märkisch-Oderland) ist ein Fall dokumentiert, in dem sich ein Junge ein Blasrohr aus dem Pflanzenstengel bastelte – und dadurch schwere Gesichtsverbrennungen erlitt.
Auf einer Wiesenbrache am Rande des Kammeroder Obstplans breitet sich der Riesenbärenklau derzeit ungehindert aus. Auf einer Fläche von gut 500 Quadratmetern konkurrieren die zweieinhalb Meter hohen, nicht mal unschönen Pflanzen mit Baumaufwuchs und Gräsern, im weiten Umkreis sind bereits Ableger auszumachen. Der Naturschützer und Biologe Kai Heinemann, der sich als Schutzwart der Glindower Alpen wie kaum ein anderer mit dem Landschaftsraum der Potsdamer Havel auskennt, beobachtet die Ausbreitung seit einiger Zeit.
Riesenbärenklau-Bestand breitet sich weiter aus
Heinemann warnt: In den vergangenen Jahren habe sich der Bewuchs verdoppelt. Ein solcher Initialbestand könne dazu führen, dass sich der Samen verbreitet und der Riesenbärenklau bald überall in der Gegend wächst und heimische Pflanzen verdrängt. „Irgendwann weiß dann keiner mehr, wie es passiert ist.“ Heinemann kennt ähnlich gelagerte Fälle von pflanzlichen Einwanderern, sogenannten Neophyten, aus anderen Bereichen wie den Glindower Alpen, wo Himalajaspringkraut, Topinambur oder japanischer Staudenknöterich heimischen Pflanzen Konkurrenz machten.
Gegen das Himalajaspringkraut sei der Kampf schon verloren. Breite sich der Riesenbärenklau aus, sei das auch eine Gefahr für Wanderer, fürchtet Heinemann. Das Bundesamt für Naturschutz berichtet von Einzelfällen, in denen die Berührung zu mehrwöchigen Klinikaufenthalten geführt hat.
In der DDR wurde Riesenbärenklau als Futtermittel getestet
Laut Thomas Frey vom Landesumweltamt ist der Riesenbärenklau an sich vor allem in Mittelgebirgslandschaften entlang von Flussläufen zu finden. Vereinzelte Bestände gebe es aber auch in der Mark, so am südlichen Stadtrand oder nordwestlich von Frankfurt (Oder): In Heinersdorf wurde in den 60er-Jahren der Riesenbärenklau im Auftrag des DDR-Landwirtschaftsministeriums als Futterpflanze getestet – erfolglos. Mit den Folgen hat die Region bis heute zu kämpfen. Jahr für Jahr warnt das Rathaus vor den Gefahren und bittet die Bürger, Bestände zu melden.
In den 70er-Jahren sei der Riesenbärenklau, auch als Herkulesstaude bekannt, wegen seiner dekorativen Fruchtstände eine Modepflanze in vielen Hausgärten gewesen, sagt Frey. Als Zierpflanze gibt es ihn seit dem 19. Jahrhundert in Europa. Frey selbst war schon mal an einem Bekämpfungseinsatz beteiligt und erinnert sich an die Schutzkleidung, die auch nicht vollständig wirkte. Das Pflanzengift hebt den natürlichen Sonnenschutz der Haut auf. „Das ist ernst zu nehmen, man bekommt wirkliche Verbrennungen“, so Frey. Je früher die Bestände bekämpft würden, desto besser. Flächeneigentümer hätten dafür Sorge zu tragen, die Bestände unter Kontrolle zu halten.
Kontakt mit der Pflanze vermeiden
Beim Entfernen der Pflanze sollte Schutzkleidung getragen werden. „Ansonsten muss der Kontakt mit dieser Pflanze unbedingt vermieden werden“, so eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums. Besonders wichtig sei es, Kinder entsprechend über die Kontaktvermeidung zu informieren. „Ansonsten sollten die entsprechend befallenen Flächen abgesperrt werden.“
Davon kann im Fall Kammerode nicht die Rede sein, auch wenn es sich nicht um ein belebtes Gebiet handelt oder Wanderrouten in der Nähe sind. Die befallene Brache befindet sich an einem Waldrand, in der Nachbarschaft sind eine verwahrloste Obstplantage und eine junge Sanddornplantage. Deren Eigentümer Andreas Berger ist das Problem bekannt, es bestehe kein Grund zur Panik, meint er. „Der Herd ist so klein. Wenn er zur Gefahr wird, kann man ihn problemlos beseitigen.“ Biologe Kai Heinemann sieht das anders. „Es ist jetzt die letzte Gelegenheit, etwas zu tun.“
Eigentümer der seit Jahren unbewirtschafteten Fläche ist offenbar eine Erbengemeinschaft. Der Fercher Ortsvorsteher Roland Büchner will sich der Sache jetzt annehmen, wie er auf Anfrage sagte. „Das war mir nicht bekannt, aber ich werde mich mal schlaumachen und gegebenenfalls werden Maßnahmen eingeleitet, die dazu führen, die Gefahr einzudämmen“, so Büchner.
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