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Potsdam-Mittelmark: Boogie-Woogie an der Werkbank
Ein Wilhelmshorster veranstaltet in seiner Garage regelmäßig Blues- und Boogiekonzerte
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Michendorf - Es ist eine Garage wie jede andere, eine große Werkbank steht darin, zwei Stoßstangen liegen herum, es riecht nach Motoröl. Einzig das Klavier, das in einer Ecke steht, passt nicht so recht zum Ambiente. Oder vielleicht doch?
Garagenblues, das ist die Leidenschaft von Thomas Bernhardt. Seit etwa sechs Jahren bringt er zwei- bis dreimal im Jahr namhafte Blues- und Boogiemusiker nach Wilhelmshorst, in seine kleine Garage. Bei den Konzerten werden kräftig die Klaviertasten angeschlagen, der Bass brummt und das Schlagzeug gibt den Rhythmus vor – es wird wild getanzt. „Da fallen alle Hemmungen“, sagt der 47-jährige Mann mit einem Schmunzeln.
Es wird viel geklatscht, gejohlt und vor Freude aufgeschrien. Erst recht brodelt die Stimmung, wenn ein Pianist mit den Füßen auf dem Klavier spielt. Legendär war auch das Konzert des Blues-Professors David Evans. Er lehrt an der Uni in Memphis die afroamerikanische Musik und kam bei seinem Deutschlandbesuch in Wilhelmshorst vorbei. Aus Deutschland, England und den Niederlanden reisen die Musiker an, um in der 130 Quadratmeter großen Garage zu spielen. Sie zu überreden sei bisher leicht gewesen: „Wenn ich ihnen sage, dass sie bei mir spielen sollen, dann stellen sie sich die wildesten Sachen vor“, so Bernhardt. Der Zusatz, dass es sich um eine Oldtimergarage handelt, würde dann viele der Blues- und Boogiemusiker überzeugen. „Und wenn sie einmal hier waren, kommen sie gerne wieder.“ Auf Konzerten spricht der Wilhelmshorster die Musiker nach ihren Auftritten an und wirbt für seine Garage. Glücklicherweise würden sie dann ihre Gagen auch den Umständen entsprechend anpassen, erzählt der Dachdeckermeister. So würde sein Hobby ihn nicht ruinieren. Denn für die Auftritte mietet er Technik und Licht und lässt das Klavier stimmen.
Wenn alles nach tagelanger Vorbereitung fertig ist, herrscht Clubatmosphäre im Amselweg 1. Bis zu 100 Besucher haben Platz in der Bluesgarage. Die Musiker sind ganz nah an ihrem Publikum, nur ein kleines Holzpodest trennt sie. Zuschauer bringen ihre Instrumente mit und steigen auf die Bühne. Solche Sessions gehen bis spät in die Nacht. „Damit kann man einfach nicht aufhören – die Musik ist irre gut“, schwärmt Bernhardt, der selbst kein Instrument spielt. Obwohl er es mal probiert hatte. Doch seine Töchter, die klassischen Klavierunterricht nehmen, hätten ihn längst überholt. Er habe einfach zu wenig Zeit zum Üben.
Zeit ist sowieso so eine Sache: Gerne würde er mehr als zwei bis drei Konzerte im Jahr organisieren, die Vorbereitungen sind jedoch aufwendig. Wenn ihn die Lust nach Blues und Boogie packt, dann geht er in eine Kneipe, die noch wie früher seine Musik spielt, das Berliner Yorckschlösschen. Für gute Konzerte fährt er auch bis nach Hamburg. „Die Musik wird aber leider immer seltener gespielt“, so Bernhardt.
Mit seinem Projekt kämpft er dagegen an, dass sie nicht in Vergessenheit gerät. Und Garagen scheinen im Ort als Veranstaltungsort beliebt zu sein – ein paar Straßen weiter werden in einer Garage Stummfilme gezeigt. Das Besondere an der Garage: „Es ist ein ungewöhnlicher Veranstaltungsort, das weckt Interesse“, so Bernhardt. Und zu Blues und Boogie, was passt da besser dazu als schicke Oldtimer und Werkzeuge. Eva Schmid
Am Samstag spielt das Trio „Boogielicious“ mit Klavier, Mundharmonika und Schlagzeug in der Blues- und Oldtimergarage im Wilhelmshorster Amselweg 1. Einlass ist ab 20 Uhr. Der Eintritt kostet 16, ermäßigt 12 Euro.
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