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Potsdam-Mittelmark: Braune Flecken

Seit Jahren gibt es mitten in Teltow einen rechten Szeneladen – erstmals wird das diskutiert

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Teltow - Ein blickdichter Lamellenvorhang verwehrt allzu Neugierigen den Blick ins Innere von „Nordic Thunder“, dem Szeneladen für rechten Lifstyle in der Teltower Altstadt. Nur manchmal, an heißen Sommertagen, steht die Tür offen und gibt den Blick frei auf dicht behangene Kleiderständer mit Trendklamotten. Allzu großes Interesse scheint auch gar nicht erwünscht, so der Eindruck einiger Schüler des Kant-Gymasiums, die kurz nach der Eröffnung 2001 dem neuen „Textilfachgeschäft“ einen Besuch abstatteten. Unter dem Titel „Jugend forscht“ beschrieben sie ihre Eindrücke in der Schülerzeitung „Provokant“: Nette Kundenbetreuung, auch wenn man nichts kaufen will, sind aufgrund einiger netter kahl geschorener junger Männer garantiert.“

Diese Erfahrung machten auch zwei Jugendliche, die am vergangenen Mittwochabend ins Hoteltow zur Veranstaltung „Handlungsmöglichkeiten gegen Rechtsextremismus“ gekommen waren. Eingeladen hatte der SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin und das Moses-Mendelssohn-Zentrum (MMZ). Vorgestellt wurde das Handbuch „Rechtsextremismus in Brandenburg“, das über Strategien rechtsextremer Parteien und Organisationen aufklärt (PNN berichteten). Den rund 30 Gästen schilderten die Jugendlichen ihren „Einkaufsbummel“ im „Nordic Thunder“. Der winzige Laden, in dem patriotische Kleidung mit nordischer Attitüde verkauft werde, biete auch CD''s von verbotenen Nazibands wie „Landser“ an. Die seien allerdings unterm Ladentisch versteckt und würden erst bei Nachfrage hervorgeholt. Wer nicht ins Bild der Ladeninhaber passe, werde regelrecht aus dem Laden gepöpelt. Denn dort sei ein Szenetreff, was schon mehrere Jugendliche beobachtet haben.

Gleichfalls sei der „Musicparc“ in der Oderstraße ein Treffpunkt, den organisierte Nazis aus dem Potsdamer Spektrum gern aufsuchen, erzählen sie. Dafür würden auch die Partyfotos sprechen, die auf der Website des „Musicparcs“ zu finden seien. Die zeigen Jugendliche mit szenetypischer Kleidung, teilweise sogar mit verbotenen Symbolen wie der Schwarzen Sonne. Teltow, so meinen die beiden Jugendlichen, sei für junge Linke, ein schwieriges Pflaster. „Wir haben hier keine Location, wo wir uns treffen und auch sicher fühlen können.“ Daher hätten sie sich nach Berlin und Potsdam zurück gezogen, berichteten sie.

Auch SPD-Mitglied Assol Urrutia-Grothe bekannte: „Ich finde es schlimm, dass sich dieser Nordic-Thunder-Laden in der Altstadt direkt neben dem Verwaltungsgebäude des neuen Bürgerzentrums befindet und sich dort scheinbar etabliert hat. So was wirkt doch auch auf die Bevölkerung“. Diesen Unmut teilt auch SPD-Ortschef Frank Fromm. Er erfuhr nach einem Gespräch mit dem Vermieter des Ladens, dass dieser dem jetzigen Mieter sofort kündige, wenn man ihm einen neuen Mieter schicken würde. Diese Auskunft ist nicht neu, denn das teilte der Vermieter schon vor zwei Jahren dem Bürgermeister mit. Der allerdings befürchtete, der Laden würde sich dann in Teltows Einkaufsmeile an der Oderstraße einquartieren. Anders Fromm: „Ich sehe es als Lösungsansatz, das Mietverhältnis zu beenden, denn wir müssen was tun.“

Aus Sicht von MMZ-Mitarbeiter Werner Treß sind die Strukturen der NPD in Potsdam-Mittelmark eher noch schwach. Denn bisher gebe es nur fünf Kreisverbände im Land Brandenburg, im Gegensatz zu 20 Kreisverbänden im Land Sachsen. Schwierigkeiten habe die NPD zwar noch mit dem Personal, allerdings sei das kein Grund, sich in Sicherheit zu wiegen. Deutliche Zeichen einer rechtsextremen Szene sieht indes Dietmar Vieweger vom Netzwerk Tolerantes Teltow seit längerem in der Stadt. Die freien Kameradschaften hätten schon mehrfach ihre Duftmarken in Form kleiner Aufkleber hinterlassen, auch im Vorfeld der Veranstaltung. Das Netzwerk setzt daher auf Zusammenarbeit aller demokratischen Kräfte und will ein Argumentationstrainig durchführen. Klocksin plädierte dafür, das Thema auch regional aufzugreifen, damit es erst gar nicht zu Auseinandersetzungen wie in Halbe komme. „Denn diese rote Linie darf nicht überschritten werden.“ KiG

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