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Von Thomas Lähns: Brücke zum Bankrott

Bahn plant Millionen-Neubau über die alte B 2. Die Gemeinde Michendorf soll sich zur Hälfte beteiligen

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Michendorf - Die Übernahme der alten B 2 vom Bund könnte der Gemeinde Michendorf teuer zu stehen kommen: Die Deutsche Bahn will in drei Jahren die Bahnbrücke über die Potsdamer Straße abreißen und komplett neu bauen – ein Mammutprojekt mit Kosten im zweistelligen Millionenbereich, wie es gestern seitens der Bahn hieß. Erste Schätzungen sehen ein Investitionsvolumen von 16 Millionen Euro vor. Die Gemeinde soll sich als sogenannter Baulastträger an den Kosten beteiligen: Laut Eisenbahnkreuzungsgesetz mit bis zu 50 Prozent.

Bereits vor drei Jahren habe die Bahn angekündigt, die Brücken in der Potsdamer und in der Flottsteller Straße erneuern zu wollen, sagte gestern Michendorfs Bauamtsleiter Karl-Heinz Oed auf Anfrage. Damals hatte die Gemeinde gerade die alte B 2 vom Bund übernommen, nachdem die Ortsumgehung fertiggestellt und zur neuen Bundesstraße 2 wurde. Wäre der Brückenbau davor angepackt worden, hätte der Bund zahlen müssen. „Laut Gesetz haben diejenigen die Kosten zu tragen, die ein Interesse an dem Neubau haben“, veranschaulichte Bahnsprecher Giesbert Gahler die Rechtslage. Da die Bahnbrücke aus dem Jahre 1914 allein schon aus Sicherheitsgründen ersetzt werden müsse, werde sowohl Bahn als auch Kommune ein gleich großes Interesse unterstellt. Die genaue Verteilung der Kosten müsse aber noch verhandelt werden.

Dass die Michendorfer alles andere als interessiert an einer neuen Brücke sind, wurde in der jüngsten Sitzung des Verkehrsausschusses deutlich: Das Gremium hat das Bahnprojekt einstimmig abgelehnt – wenn auch erst einmal „nur“ aus bautechnischen Gründen. Denn laut den Entwürfen des Berliner Planungsbüros Gassl wird sich die Durchfahrtshöhe für Kraftfahrzeuge um zehn Zentimeter reduzieren. Laut Michendorfs Ordnungsamtsleiterin Juliane Seidel gebe es jedoch konkrete Grenzwerte: Generell müsse die Höhe 4,70 Meter betragen, nur ausnahmsweise seien 4,50 Meter erlaubt. In Michendorf sei die Unterführung schon jetzt nur 4,34 Meter hoch. „Wird es noch niedriger, kommen Lkws und Feuerwehrfahrzeuge nicht mehr durch“, so Seidel.

Die Planer haben deshalb vorgeschlagen, die Potsdamer Straße um 20 Zentimeter abzusenken. „Dann sammelt sich dort noch mehr Wasser – und schon jetzt sieht es da unten bei Starkregen aus wie am Herthasee“, warnt Ausschusschef Wolfgang Kroll (UWG). Die Absenkung der Straße sei aber immer noch die preiswertere Variante, verteidigte gestern Bahnsprecher Gahler die Pläne. Würde man die Brücke höher bauen, müsste das gesamte Gleisbett angehoben werden, „und das möglicherweise bis in den Bahnhof hinein.“ Sollte die Straße abgesenkt werden, dann gehöre eine funktionierende Entwässerung aber auf jeden Fall dazu, so Gahler.

Die Ablehnung aus dem Ausschuss kam, noch bevor die Kosten und deren Finanzierung öffentlich wurden. Bürgermeisterin Cornelia Jung (parteilos) reagierte gestern entsetzt auf die Ankündigung, dass sich Michendorf mit Millionenbeträgen beteiligen soll. „Dann wäre die Gemeinde für lange Zeit nicht mehr investitionsfähig“, so Jung, die sich vom DB-Konzern enttäuscht gab. Sie verwies auf den Bahntunnel in Wilhelmshorst, den die Gemeinde gern mit Fördermitteln und eigenem Geld barrierefrei ausbauen möchte. Allerdings warte man vergeblich auf Planungsunterlagen und Vertragsentwürfe der Bahn. „Jetzt versucht man uns, auf diesem Wege in die Knie zu zwingen“, so die Bürgermeisterin.

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