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Potsdam-Mittelmark: Cannabis-Aufzucht in der Scheune

Prozess vor dem Landgericht: Bewährungsstrafe für Lehniner Drogenfarmer

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Kloster Lehnin – Heiko W. hatte auf das schnelle Geld gehofft: Nachdem der gebürtige Berliner mit seiner Freundin vor drei Jahren einen alten Bauernhof bei Lehnin gekauft hatte, setzte er auf ein fragwürdiges Anbauprodukt: Ein Freund aus Jugendzeiten hatte ihm vorgeschlagen, Cannabis zu züchten. Dieser Freund war in der Drogenszene gut vernetzt: Er schickte Leute vorbei, die die alte Scheune binnen weniger Wochen zu einer professionellen Aufzuchtsanlage umbauten – mit Wärmelampen, Pflanzbänken und Isolierung. W. sollte die Pflanzen aufziehen und pflegen – und dafür 5000 Euro im Monat bekommen. Aber die Fahnder vom LKA hatten die Bande längst im Visier.

Der 42-jährige Drogenfarmer, der selbst noch nie Gras geraucht haben will, und seine zwei Jahre jüngere Lebensgefährtin hatten sich gestern vor dem Landgericht Potsdam zu verantworten. Der Vorwurf der auf organisierte Kriminalität spezialisierten Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder): W. habe mit Betäubungsmitteln in nicht unerheblicher Menge Handel getrieben und sei Mitglied einer Bande gewesen, seine Lebensgefährtin Simone B. habe ihm dabei geholfen. Bei einer Razzia vor einem Jahr hatten die Ermittler die Anlage, die für die Aufzucht von 5000 Pflanzen ausgelegt war, ausgehoben. 2089 Pflanzen standen dort in voller Blüte, 17,2 Kilogramm Cannabis waren bereits abgeerntet und getrocknet. Außerdem wurden gut 5000 Euro Bargeld beschlagnahmt.

Die beiden Angeklagten wurden für schuldig befunden, die Strafen allerdings fielen relativ milde aus: W. wurde zu zwei Jahren verurteilt, seine Lebensgefährtin zu einem Jahr und drei Monaten – beide Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem sollen die Angeklagten 250, beziehungsweise 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit verrichten.

Beide hatten bereits kurz nach ihrer Verhaftung Geständnisse abgelegt, waren nicht vorbestraft, saßen bereits für mehrere Wochen in Untersuchungshaft und hätten mit Cannabis weiche Drogen angebaut. All dies habe man in die Bemessung der Strafe einfließen lassen, erklärte der Vorsitzende Richter Frank Tiemann. Die Kammer war damit im Wesentlichen den Anträgen der Verteidiger gefolgt.

Während des Prozesses schilderte der gelernte Lagerarbeiter Heiko W., der in seinem Leben bereits diverse Lokale betrieben hat, wie er 2004 seine Lebensgefährtin in Warnemünde kennenlernte, wie beide in Rostock ein Geschäft für Jugendbekleidung eröffneten – und wie dieser Laden während des G8-Gipfels in Rostock 2007 von Autonomen in Brand gesetzt worden war. Danach seien beide zurück nach Berlin gezogen, um die krebskranke Mutter von Simone B. zu pflegen. Nach deren Tod 2009 wollten beide raus aus der Stadt und kauften mit dem Geld aus der Versicherung für den zerstörten Laden den Hof in Emstal – um Hunde zu züchten, einen Ponyhof zu betreiben oder eine Biker-Kneipe zu eröffnen.

Dann jedoch kam das Angebot von W.’s Jugendfreund Matthias R., gegen den ein separates Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) läuft. Er habe W. zum Anbau der Drogen überredet. Allerdings habe der auch einen „gewissen gärtnerischen Ehrgeiz entwickelt“, wie der Staatsanwalt in seinem Plädoyer resümierte. W. habe sich über die Aufzucht belesen und sogar bereits zu möglichen Haftstrafen Recherchen betrieben.

Wie ein als Zeuge geladener Ermittler des LKA aussagte, sei man erst durch den Drahtzieher Matthias R. auf den Emstaler Hof aufmerksam geworden. Die Ermittler hatten dessen Auto verwanzt und bei Fahrten nach Holland observiert. Irgendwann kreiste dann der Helikopter mit Wärmesucher über ihrem Haus. Und zwei Tage später stand dann die Polizei im Wohnzimmer. Unter Tränen bekannte sie, dass die Idee zum Cannabis-Anbau „total bescheuert“ gewesen sei. Beide gaben an, nach dem Prozess heiraten zu und sich eine Existenz aufbauen zu wollen. „Es ist nicht zu erwarten, dass sie sich noch mal auf so eine Dummheit einlassen“, resümierte Richter Tiemann.

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