Von Henry Klix: Denkpausen und Denkanstöße
Während sich die drei Eigentümer belauern, verfällt das Vorwerk neben dem Schloss Caputh
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Schwielowsee - Vor 270 Jahren wurde hier Bier für das Potsdamer Stadtschloss gebraut: Das königliche Vorwerk in Caputh befindet sich in erbarmungswürdigem Zustand. Dem Gut verdankt der Ort seine Entwicklung im 18. Jahrhundert, heißt es in der jüngsten Denkmaltopographie des Landes Brandenburg. Doch heute bröselt gleich neben dem schmuck sanierten Caputher Schloss mit seinen jährlich über 20 000 Besuchern nicht nur der Putz. Es ist nicht abzusehen, wann sich das ändert: Brauerei, Brennerei und Logierhaus – die drei Flügelbauten des einstigen Wirtschaftshofes – gehören verschiedenen Eigentümern, die sich gegenseitig belauern. Niemand, so scheint es, möchte in dieser zerbröckelnden Nachbarschaft die Initiative ergreifen.
Zwar hat der Eigner des notdürftig gesicherten Brauhauses, Thomas Schielicke, einen Bauantrag für ein Garnihotel gestellt – es wurde bei der Bauaufsicht aber um eine „Denkpause“ gebeten, um zu sehen, wie sich „das Thema entwickelt“, wie gestern verlautete. Lorenz Bruckner, dem die Brennerei und der Innenhof – übrigens auch das Kavalierhaus im Schlosspark – gehört, wartet „seit drei Jahren auf einen Rückruf von Herrn Schielicke“, wie er gestern auf PNN-Anfrage sagte. Bruckner hatte mal vor, hier Ferienwohnungen zu bauen. „Aber wenn Herr Schielicke schon Ferienwohnungen baut, dann baue ich in der Brennerei keine mehr.“
Einen Denkanstoß gibt ein Jahrgangsprojekt des postgradualen Studiengangs Denkmalpflege der TU Berlin: Die Masterstudenten haben unter die Lupe genommen, was sich zwischen tonnengewölbtem Keller und Krüppelwalmdach des Logierhauses machen ließe. Es gehört der Schlösserstiftung. Drei bis vier Ferienwohnungen halten die Studenten auch hier mit dem Denkmalschutz für vereinbar. Zweite Variante: eine Touristeninformation und Wirtschaftsräume, die die Stiftung noch dringend benötigt. Variante drei ist ein Museum mit dem Haus als Exponat – einem typischen, gut ausgestattetem Pächterhaus in Nachbarschaft märkischer Herrschersitze. Im Keller könnte ein Verkauf regionaler Produkte ans Vorwerk erinnern. Auch die DDR-Geschichte, in der das Schloss als „Zentralberufschule“ für Fotografen und die drei Wirtschaftsfgebäude als Internat dienten, solle eine Rolle spielen. Die Bestandsaufnahme der Bausubstanz fällt nach 15 Jahren Leerstand unerfreulich aus: gravierende Schäden an Wänden, Ausbauchungen, konstruktive Risse, durchgebogene Decken, Verformungsbilder und Feuchtigkeit.
Die Revitalisierung des kompletten Wirtschaftshofes sei von „großem Interesse“, um das Logierhaus in seiner ursprünglichen Nutzung erfahrbar zu machen, resümierten die Studenten. Schlosskastellanin Petra Reichelt liebäugelt für das Logierhaus mit einer Synthese aus Variante eins und zwei: Sie würde gern die knappen Räumlichkeiten für das Stiftungspersonal erweitern, eine Behindertentoilette einbauen und die andere Hälfte des Logierhauses für einen Geldgeber zur Verfügung stellen, der Ferienwohnungen bauen könnte. Hier wiederum hat sie die beiden Eigentümer von Brennerei und Brauhaus im Blick. „Wir sind offen für jede Anregung.“
Architekt Eberhard Hummel, der für Thomas Schielicke die Entwürfe für das Garni-Hotel im Brauhaus zeichnete, findet es schade, dass die Studenten sich auf das Logierhaus beschränkt haben. Die Stiftung hätten den Auftrag erweitern sollen: „Das Vorwerk ist ein Ensemble, so sollte es auch betrachtet werden.“ Zumindest sollte das Projekt zum Anlass für einen Runden Tisch aller Eigentümer genommen werden, vielleicht moderiert von der Bürgermeisterin, schlägt er vor. „Egal was man macht: Wenn der Wirtschaftshof ausgebaut ist, wäre das für alle ein Gewinn.“
Eine Ausstellung zum TU-Projekt ist bis 25.4. im Erweiterungsflügel des Schlosses zu sehen, Samstag und Sonntag 10-17 Uhr
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