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Vorfreude. Ab April ist Wilfried Wendel wieder mit seinen Kanadiern unterwegs.

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Potsdam-Mittelmark: „Der Amazonas der Mark“

Der Glindower Wilfried Wendel ist Spezialist für Abenteuertouren auf den Havelgewässern

Von Eva Schmid

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Werder (Havel) - Abenteuer können bereits mit einem Telefonanruf beginnen. Und selbst dieser Anruf wird zu einem Erlebnis: denn plötzlich wird aus der Havel der Amazonas, die Wälder rund um Ketzin zu einem wilden Urwald.

„Dieser Urwald ist absolut verrückt“, schwärmt der Glindower Reiseveranstalter Wilfried Wendel, wenn er seine Gäste bereits am Telefon auf eine Kanutour vorbereitet. Ohne Führer sei man dort verloren. Die Äste der Bäume ragen kreuz und quer, zum Teil nur knapp über der Wasseroberfläche. „Das Wasserlabyrinth bei Ketzin ist genauso spannend wie die Mangrovenwälder, die ich in der Karibik gesehen habe“, sagt der Naturliebhaber.

Auch die Havel hat für ihn eine Spur Exotik: „Sie ist für mich der Amazonas der Mark“. Amerikanische Gäste brachten ihn auf diesen Vergleich. Sie hatten versucht, mit einem Kanu am schilfbewachsenen Havelufer anzulegen - ohne Erfolg. „Als sie zurückkamen, erzählten sie mir, dass es hier wie am Amazonas sei.“ Dort könne man auch nicht am dichtbewachsenen Ufer an Land gehen.

Im westlichen Havelland ist Wendel mit dem Kanu unterwegs ebenso wie zwischen Brandenburg und Werder oder auf dem Betzsee. „Ich stelle den Gästen zusammen, was sie sich wünschen.“ Ob Zelt, Lagerfeuer oder Komfort in einer Pension – Wendel organisiert für die Freizeitkanuten auch den Umstieg auf das Rad, wenn Paddeln den Gästen nach mehreren Tage zu monoton wird. Die Amazonas-Tour dauert fünf Tage und führt von Petzow über Töplitz, Ketzin, Klein Kreutz nach Brandenburg an der Havel. Die Havel zwischen Ketzin und Brandenburg gehört zu Wendels Lieblingsabschnitten: „Da gibt es so viele Nebenarme.“ Wenn er dort eine Tour leitet, dann erzählt er bei Abstechern vom Kloster Lehnin und zeigt die Salzwiesen zwischen Netzen und Schenkenberg, auf denen Orchideen wachsen. „Die Wasserminze, die an der Havel vorkommt, kennt auch kaum jemand.“ Daraus bereitet er seinen Gästen einen Tee. Aus frisch gepflücktem Löwenzahn und Sauerampfer stellt er ab und zu auch einen Salat zusammen.

Die Leidenschaft für den „muskelbetriebenen Wassertourismus“ musste der 62-jährige Glindower erst entdecken. Mit einer Klassenfahrt seiner Tochter nach Schweden hat alles begonnen. „Davor waren Zelturlaube überhaupt nicht mein Ding.“ Die Kanufahrt in Schweden war so schlecht organisiert, dass er sich bei dem Berliner Reiseveranstalter beschwerte. Ein Jahr danach engagierte dieser ihn als Scout für Familientouren in Schweden. Damals erstellte er als Informatiker Software für Ärzte und konnte sich die Zeit flexibel einteilen.

Vor sieben Jahren musste er aus gesundheitlichen Gründen jedoch auf längere Aufenthalte im Ausland verzichten. Seither entdeckt er die Gewässer des Havellandes. „Ich will etwas in dieser touristischen Wüste verändern“, das Angebot sei in der Havelregion noch ausbaufähig. So errichtete er 2007 zwischen Brandenburg und Werder die ersten Wasserwanderrastplätze.

In wenigen Tagen wird Wendel die letzten Vorbereitungen für den Saisonstart Anfang April treffen: Die Planen müssen um die Stangen der Tipi-Zelte gespannt werden. Dass Tipi-Dorf mit seinen drei Zelten hat Wendel im Strandbad Ketzin aufgebaut. Die Touren seiner Firma Brandenburg-Kanu kosten im Schnitt pro Tag etwa 50 Euro pro Person. Eine Entdeckungstour kann wenige Stunden oder mehrere Wochen dauern. Auch wenn es keine Piranhas in der Havel gibt, für seine Gäste aus Deutschland, Polen, Russland und Österreich lässt sich Wendel immer ein Abenteuer einfallen. Eva Schmid

Am heutigen Dienstag stellt Wilfried Wendel bei den Werderaner Gesprächen um 19.30 Uhr im Schützenhaus, Uferstraße 10, seine Havelrouten und Reisegebiete vor.

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