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Ludwig Burkardt ist im Alter von 68 Jahren verstorben.

© privat

Nachruf auf Ludwig Burkardt: Der freundliche Meister der Zahlen

Der Kleinmachnower CDU-Politiker und Landtagsabgeordnete Ludwig Burkardt ist tot. Ein Nachruf.

Potsdam/Kleinmachnow - Es gibt noch dieses Bild von ihm: Ludwig Burkardt eröffnet die Sitzung des Finanzausschusses des Landtags und begrüßt den neuen Finanzminister Christian Görke von den Linken. Am 13. Februar 2014 war das. Burkardt schenkt dem Minister einen Abakus, einen Rechenschieber, und wünscht ihm alles Gute für das neue Amt.

Burkardt hatte einen Sinn für solche Dinge, für die kleinen Zeichen und Aufmerksamkeiten. Weggefährten, die ihn kennen, sagen, er legte Wert auf Form, Anstand, Stil. Umso mehr traf politische Gegner dieser Gestus. Weil Burkardt nicht bloß freundlich, sondern auch ein versierter Fachmann war. Einer der wenigen, der einen Haushalt, ob im Landtag, im Kreistag Potsdam-Mittelmark oder in der Gemeindevertretung von Kleinmachnow, lesen konnte – und auch verstand, was sich hinter diesen Zahlenkolonnen verbirgt. Finanzminister Görke und sein Amtsvorgänger Helmuth Markov (Linke) haben das immer wieder zu spüren bekommen und sich mehr als einmal darüber geärgert, wenn Burkardt spitz den Haushalt sezierte. Nicht nur in der Landespolitik, auch in Kleinmachnow und im Kreistag las er den Haushalt wie kein anderer und fand Fehler und Ungereimtheiten im Detail.

Ein Leben für und mit der Politik

Ludwig Burkardt war so etwas wie ein „political animal“, ein politisches Wesen durch und durch, das mit und für die Politik lebte. Und es war eine Herausforderung für ihn, den Konservativen, neue Wege zu gehen.

Geboren wurde Ludwig Burkardt ein Jahr nach Ende des Zweiten Weltkriegs, am 15. Juli 1946, im ländlichen Burghaun, einer Marktgemeinde in Osthessen, er hatte vier Brüder. Nach dem Abitur 1966 in Fulda und dem Wehrdienst studierte er Jura, erst in München, dann in Würzburg, 1975 erwarb er sein zweites Juristisches Staatsexamen. Seine berufliche Karriere startete Burkardt in der Wirtschaft, bis Ende der 1970er-Jahre war er Assistent des Vorstandschefs der Colonia Versicherung AG in Köln.

In die Politik ging Burkardt im Vergleich zu jüngeren Politikern auch in der Brandenburger CDU-Landtagsfraktion relativ spät. Statt mit 17 oder 18 trat er erst mit Mitte 20 in die CDU ein, er war von 1971 bis 1975 Vorsitzender der Jungen Union Osthessen und im Landesvorstand, wurde bald Abgeordneter im Kreistag Fulda und Fraktionschef in der Gemeindevertretung seines Heimatortes Burghaun.

CDU-Engagement war auch ein Statement

Dass jemand ab Mitte 20 derart schnell aufsteigt und Verantwortung in der Kommunalpolitik übernimmt, ist nicht selbstverständlich. Wobei das Engagement in der CDU damals im tiefschwarzen Hessen auch ein Statement war: Denn derweil wälzten die 68er die Bundesrepublik um, versuchten den Mief des jahrelangen Schweigens über die NS-Zeit zu lüften, die Enge längst überholter Normen und Werte loszuwerden. In Frankfurt (Main) besuchten unzählige Studenten Vorlesungen der Philosophen Max Horkheimer und Theodor W. Adorno und fühlten sich in ihrer teils radikalen Kritik an der alten Bundesrepublik bestätigt. Ludwig Burkardt nicht.

Während die 68er freie Liebe propagierten, legte sich Ludwig Burkardt fest, bis zuletzt. Am 23. April 1977 heiratete er seine Frau Ulrike Michalsen-Burkardt, eine Lehrerin.

Beruflich ging es für ihn mit Anfang 30 in die Politik. Von 1979 bis 1982 war er Stadtdirektor, Stadtrechtsrat und Beigeordneter in Lennestadt, einer Stadt mit 28 000 Einwohnern im Sauerland, Nordrhein-Westfalen. Von 1982 bis 1988 war er Stadtdirektor, Stadtkämmerer und Werkleiter der Stadtwerke in Goslar im Osten Niedersachsens. 1989 wechselte Burkardt zum Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. (BBU) und bliebt dort, im ältesten wohnungswirtschaftlichen Regionalverband Deutschlands, 20 Jahre, bis 2009, im Vorstand.

Am 10. November 1989 auf der Mauer

Später sagte er über diesen Wechsel einmal, dass er nach zehn Jahren in verschiedenen Stadtverwaltungen einfach etwas anderes machen wollte: „Die Wohnungswirtschaft liegt in der gesellschaftlichen Bedeutung nahe bei der Kommunalpolitik. Gute Wohnungswirtschaft sichert sozialen Frieden.“

Und der Wechsel nach Berlin ist für Burkardt im Nachhinein auch noch von ganz anderer Bedeutung, ebenso sein Umzug nach Kleinmachnow: Berlin habe ihn schon immer interessiert, wegen seiner politischen Bedeutung und der Lage im Zentrum zwischen Ost und West. „Seinen prägenden Höhepunkt hat dies in dem Moment erfahren, als ich am 10. November 1989 auf der Mauer am Brandenburger Tor stand“, sagte Burkardt.

Privat engagierte sich Burkardt in den 90er-Jahren weniger in der Kommunalpolitik – später aber wieder umso stärker. 2003 wählten ihn die Kleinmachnower in die Gemeindevertretung, er war daraufhin lange Jahre Chef der CDU-Fraktion im Gemeindeparlament, wurde Mitglied im Vorstand der Mittelmark-CDU und 2008 Abgeordneter im Kreistag. Im März 2014 wählten ihn die Parteikollegen zum Vorsitzenden der CDU Kleinmachnow. Er setzte sich für den Erhalt und den Neubau der dritten Grundschule ein, unterstützte den Neubau der evangelischen Kirche, warb in Potsdam-Mittelmark für die Förderschulen, die Michendorfer Bühnenfreunde oder den Verein zum Erhalt der Klausdorfer Kirche.

Kleines Funkeln in den Augen

In die Landespolitik kam Burkardt mit der Wahl 2009, kurz nachdem er sich vom BBU in den Ruhestand verabschiedet hatte, der dann doch keiner war. Im Landtag machte sich Burkardt schnell einen Namen, wurde fachpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion für Haushalt und Finanzen und Vorsitzender des Finanzausschusses, der nach parlamentarischer Tradition auch „Königsausschuss“ genannt wird, weil hier mit den Zahlen und Geldern, mit nur scheinbar trockener Finanzpolitik die maßgeblichen Entscheidungen für den Kurs der Politik getroffen werden.

Bei all dem nüchternen Gestus, aller Etikette, die Ludwig Burkardt an den Tag legte, so behielt er für sich doch etwas Jugendliches, fast Spitzbubenhaftes. Wenn er im Parlament glaubte, Regierungsvertreter in die Enge getrieben zu haben, war es zu sehen, ein schelmisches Lächeln und ein kleines Funkeln in den Augen, nicht grob, nicht überheblich, nur ganz leicht. Dabei sagen nicht nur politische Weggefährten, sondern auch politische Gegner, dass sie sich stets ernst genommen fühlten von ihm. Er habe immer sachlich argumentiert, habe seine Ziele nie mit politischem Geschrei durchgesetzt, aber auch finanzpolitischen Laien zugehört und sich überzeugen lassen von anderen. Burkardt ging es nicht um Schnellschüsse, er war – neben seinen anderen Lieben, der modernen Kunst und Pferden – Langstreckenläufer: Seine beste Marathonbestzeit von knapp unter drei Stunden erzielte er in München 1987.

In den vergangenen Monaten war von diesem Ludwig Burkardt mit seinem Funkeln in den Augen immer weniger zu sehen. Es begann mit einem Patzer des damaligen Partei- und Fraktionschefs Michael Schierack. Für die SPD war es eine Vorlage, die CDU trotz Zugewinnen doch nicht als Partner in eine Koalition zu holen. In der CDU ging es deshalb drunter und drüber, die Fraktion wurde neu aufgestellt, Ausschussvorsitz und Fachpolitik zugleich sollte es fortan nicht mehr geben. Ludwig Burkardt durfte nicht mehr mitmachen, er, der über alle Fraktionsgrenze hinaus geachtete Haushälter. Den Vorsitz des Finanzausschusses übernahm ein anderer, auch den Sprecherposten der Fraktion für die Finanzpolitik. Ludwig Burkardt wirkte – und man sah es ihm deutlich an – enttäuscht, gekränkt wohl auch, er trug schwer daran. Er haderte mit seiner Partei.

Politik als Berufung

Die Politik, sagen Weggefährten, das war für ihn nicht nur Beruf, sondern Berufung. Er war einer, der mit Verve an das Rednerpult ging, wenn er meinte, die Regierenden ertappt zu haben. Einer, der brannte für seine Sache und dabei doch immer aufrichtig nach allen Seiten blieb, wie selbst politische Gegner sagen, die schärfste Attacken von Burkardt ertragen mussten.

Abgebrüht aber war er nicht. Die menschlichen Abgründe in der Politik ließen ihn nicht kalt, das konnte er nicht abschütteln, sagen jene, die ihn gut kannten. Die Menschen, mit denen er Politik machte, waren ihm wichtig. Das Umfeld musste stimmen. Er wolle nur so lange in der Politik bleiben, solange er nach all den langen Abenden und Sitzungen noch Lust habe, mit seinen Parteikollegen einen Wein trinken zu gehen. So soll er es einmal gesagt haben.

Ludwig Burkardt starb in der Nacht von Freitag auf Samstag im Alter von 68 Jahren. Er hinterlässt seine Frau und zwei erwachsene Kinder.

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