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KulTOUR: Der gute Geist von Giebich

Nicht zum ersten Mal staunt und freut man sich über eine Ausstellung in der Land-Art-Galerie zu Töplitz. Meist holt Marianne Kreutzberger, ehrenamtliche Kuratorin seit gut einem Jahrzehnt, frische Kräfte auf die Insel Töplitz, meist Studierende und Absolventen der Burg Giebichenstein/Kunsthochschule Halle, und da hat man, bei vier Ausstellungen pro Jahr, schon manche gute Überraschung erlebt.

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Nicht zum ersten Mal staunt und freut man sich über eine Ausstellung in der Land-Art-Galerie zu Töplitz. Meist holt Marianne Kreutzberger, ehrenamtliche Kuratorin seit gut einem Jahrzehnt, frische Kräfte auf die Insel Töplitz, meist Studierende und Absolventen der Burg Giebichenstein/Kunsthochschule Halle, und da hat man, bei vier Ausstellungen pro Jahr, schon manche gute Überraschung erlebt.

Zwerg Giebich, der König vor Ort, lehrt auf seine Art Kunst und Handwerk, die Sagen bezeugen es. Staunen also auch bei der Ultimo-Ausstellung, die heute nach einem hochkarätigen Konzert um 16 Uhr mit Les Seraphines um 17 Uhr eröffnet wird. Die drei jungen Leute, zwei Damen mit Examen, Mattes Fischer im Vor-Diplom sind allesamt Giebichens Jünger, und was für welche! Bei der Textilkünstlerin Undine J. E. Hannemann erstaunt schon die Biografie: geboren in Berlin, kam sie früh mit der weiten Welt in Berührung, Neuseeland, USA, später auch Syrien und Libyen. Sie wohnt und arbeitet in einer entwidmeten Kirche zu Mücheln. Was sie beschäftigt und künstlerisch ausdrückt, ist ihr Proporz zur Vergänglichkeit. Dazu entwirft sie am Computer wanddeckende Gewebe in Jacquard-Technik, der frühesten Anwendung des „Lochkarten-Prinzips“ Anfang des 19. Jahrhunderts. Das Material besteht aus Leinen, Polyamid und Edelstahl-Fäden, die ja bekanntlich allesamt unterschiedliche Verfallsdaten haben. Und fügt, toll, Grassamen ins Mischgewebe, als Zeichen schnellkeimender Vergänglichkeit. Wunderbare Farbspiele im Gesamtkunstwerk. Diese Arbeiten mit feinsten Farbstufen wirken durchweg feminin, sogar im Triptychon „Kämpfende Gazellen“. Aus ihrem malerischen Schaffen sind drei bunte Tier-Motive dabei.

Anna Andropova ist gebürtige Russin mit Pass, aber in Berlin aufgewachsen. Sie hat in Halle Buchkunst und Grafik studiert. Ihre Spezialität ist die selten gewordene Technik der Schab-Lithografie auf Asphalt-Grundlage. Sie ermöglicht die raffinierten Hell-Dunkel Kontraste, besonders bei den schaurig-schönen Motiven russischer Phantastik. Erstaunlicherweise interessiert sie ihr intuitiver Schaffensprozess mehr als das fertige Bild, was aus dem wird, sei ihr angeblich „völlig egal“. In Russland, erzählt sie, werde ein Bild nicht etwa gemalt, „man schreibt es“. Klar, jedes Bild ist zugleich auch Textur. Wunderbare, vollkommene Arbeiten, auch das Buch und die bemalte Vase in der Vitrine machen keine Ausnahme!

Nicht minder Mattes Fischer, ein existenziell denkender und fühlender Künstler mit hohem Grafiker-Talent. Er hat fantastisch schöne Mezzotinto-Arbeiten mitgebracht, eine auch nicht alltägliche Schabe-Technik, die viele Graustufen ermöglicht. Für ihn besteht die wirkliche Welt nur aus Wundern, zum Beispiel klotzige Karpfen im Teich, ein dürrer Kastanienzweig mit Fruchtkapsel- Rest oder ein Pflasterstein „auf Tuchfühlung“. Was ist Wasser eigentlich im metaphysischen Sinn, und was passiert in den zwei Sekunden, wo man etwas nicht ansieht? Seine Mezzotintos geben kunstvolle Antwort.

Es ist eine Freude und eine tiefe Befriedigung, in Töplitz junge Leute erleben zu dürfen, die etwas wissen, etwas wollen, und etwas können. Aller drei Arbeiten überzeugen sofort durch sich selbst, da muss man nicht erst suchen. Ein echtes Kunst-Event eben, großen Dank, auch an den Herrn vom Giebich! Gerold Paul

Galerie Töplitz neben der Kirche bis zum 25. September Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr, Mo.–Fr. 16 bis 18 Uhr

Gerold Paul

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