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Potsdam-Mittelmark: Der Mann fürs Große

Uwe Flemming, Polizeiführer beim Landespräsidium, hat den Polizeieinsatz geleitet

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Potsdam - Er ist das, was man eine kantige Type nennt: Ein Schrank von einem Kerl, die Haare stoppelkurz, große, kräftige, gut trainierte Erscheinung, schweigsam, wenn es um ihn selbst geht, fachlich sicher, aus kritischer Distanz agierend, das Gegenüber taxierend. Uwe Flemming, 44 Jahre alt, verheiratet, Vater eines sechsjährigen Sohnes ist seit dem Jahr 2006 Chef der Führungsstelle im Polizeipräsidium für das Land Brandenburg. Flemming ist in Brandenburgs Polizei der Mann für die dicken Dinger, er leitet die Großeinsätze – er managt, wie es im Polizeideutsch heißt, die großen Lagen. Sein Dienstsitz ist in Potsdam-Eiche. Flemming hat am Entführungstag den Einsatz geleitet – hat die 530 Polizeibeamten, die Kriminalisten und Streifenpolizisten, die Bereitschafts- und Spezialpolizisten, die Profiler und Psychologen, die Kriminaltechniker und Hubschrauberpiloten, die Hundeführer und das Verhandlungsteam koordiniert. Er gab das Zeichen zum Zugriff.

Flemming hat das, was man als echte gesamtdeutsche Laufbahn bezeichnen kann – er ist so was wie ein Einheitspolizist: In Sachsen aufgewachsen wird er in der untergehenden DDR Bereitschaftspolizist, ist zum Schluss Zugführer. Mit der Bildung des Landes Brandenburg kommt er zur Bereitschaftspolizei des Landes. Er ist bei den vielen Einsätzen gegen rechte Straftäter Anfang der 1990er Jahre bei der Bereitschaftspolizei und den Spezialkräften dabei. Er kommt zur Spezialeinheit, macht Schulungen und Weiterbildungen, wird Observant und Verhandlungsführer für Geiselnahmen und Entführungen, besucht die Polizeiakademie in Münster, wechselt in das Landesinnenministerium, leitet die zentrale Abteilung 1 im Polizeipräsidium, wechselt in dieFührung des Schutzbereichs Havelland bevor er Leiter des Ständigen Stabes im Polizeipräsidium wird.

Im Laufe der Jahre hat er die Sicherung von Großdemonstrationen und Staatsbesuchen geleitet, war für den Queen- und den Bush-Besuch in Potsdam verantwortlich. Bei fünf Entführungen war er als Polizist in unterschiedlichen Funktionen dabei. Bei der schlimmsten in der Geschichte Brandenburgs war er der Mann, der das Lösegeld übergab: Bei der Entführung des 20-jährigen Matthias Hinze aus Geltow im Jahr 1997. Als Flemming damals das Lösegeld wie gefordert durch eine Luke in einer Schallschutzwand an einer Autobahn steckt, ist das Opfer schon tot – erstickt in einem Erdloch in einem Wald in Mecklenburg.

Daran denke man bei Einsätzen wie am Donnerstag nicht, sagt Flemming. Wenn es um seine Gefühlslage geht, ist er noch kürzer angebunden, lässte er sich jeden Satz mit Nachfragen abringen: „Da ist man hochkonzentriert.“ „Mit kleinen Schwankungen.“ „Den ganzen Tag.“ Und dann: „Froh, wenn alles gut gegangen ist.“ Und danach? Flemming geht in sich in Deckung: „Ja, man redet mit Kollegen über bestimmte Aspekte.“ „Über positive Sachen.“ „Ja, auch über Sachen die stressig waren.“ „Ja, auch Sachen, die einen gestört haben.“ Einer, der mit Schwerkriminellen umgeht, der gibt nichts von sich preis, der spricht außerhalb des Dienstes nicht über Gefühle. Ohne „eine gewisse Stressresistenz und sonstige Eignung“ wird man nicht das, was er ist. Das stellt er klar. Was war das schlimmste an dem Donnerstag? „Wenn man wusste, dass wir handeln müssen, aber nicht alle nötigen Informationen vorlagen, die Lage vor Ort nicht ganz eindeutig war.“

Er war am Tag der Entführung morgens um 7 Uhr im Büro und hat es am nächsten Tag gegen 0.30 Uhr wieder verlassen. Erschöpft – aber erleichtert und zufrieden mit sich und den Kollegen. In der Nacht hat er 4,5 Stunden geschlafen. „Gut und fest.“ Um sieben war er wieder in Eiche im Büro. Peter Tiede

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