zum Hauptinhalt

Von Peter Tiede: Der Vernetzte

Axel Hilpert hatte oft Schwierigkeiten – in der DDR kam der Spion und Händler meist davon

Stand:

Eng war es für Axel Hilpert schon oft in seinem Leben. Mal flog der heute 62-Jährige als junger Mann als Kellner in der DDR-Fahrgastschifffahrt auf der Oder im wahrsten Sinne des Wortes über Bord – ein Teil der Besatzung, so erzählte er es, habe ihn nicht mehr dabei haben wollen. Hilpert schwamm an Land und übernachtete im Nirgendwo in einem Stall und kam wieder auf die Beine. Ein anderes Mal recherchierte eine wahre Heerschar von DDR-Geheimdienstlern, Fahndern und Spitzeln seinen Geschäften mit Autos, Antiquitäten und anderen seltenen Dingen in der DDR hinterher. Belastendes war genügend da, doch auf Weisung von ganz oben, aus der Spitze des DDR-Geheimdienstes MfS wurde die Operative Personenkontrolle gegen Hilpert, der als Stasi-Mann auch der Spionageabwehr diente und Kontakte- und Geschäftsmakler für die DDR auch im Ausland aktiv war, eingestellt. Als Spion, so berichten es andere Geheimdienstler, habe er der DDR auch im Ausland gut gedient.

Kurz vor Ende der DDR hatte im Jahr 1988 die staatliche Antikhandelsfirma KuA (Kunst und Antiquitäten GmbH), für die Hilpert arbeitete, eine Inventur in dessen Lagern durchgeführt. Dabei meinte man, auf beträchtliche Fehlbeträge gestoßen zu sein. Dies blieb ebenfalls folgenlos. Hilpert, der ein Antiquitätenlager auch auf dem Grundstück der Familie Joop in Bornstedt hatte, plante da längst mit dem damaligen Potsdamer SED-Bezirkschef und späteren Strippenzieher der brandenburgischen und bundesdeutschen SED/PDS/Linkspartei, Heinz Vietze, in einer halbstaatlichen Firma Devisengeschäfte und Westexporte für den Bezirk Potsdam. Auch Ideen für eine schon erstaunlich stark auf Westberlin und die Glienicker Brücke ausgerichtete Potsdamer Stadtplanung trugen Hilpert und seine Geheimdienstkollegen und Westkontakte Ende der 1980er Jahre in Potsdam vor. Inklusive Golfplatz im Babelsberger Park und Baumarkt zwischen Teltow und Potsdam. Das Glienicker Horn war ebenfalls in Teilen schon beplant.

Und auch durch die Wende kam Hilpert weitgehend heile – er war einer der ersten aus dem Reich der geheimen Kommerziellen Koordinierung (KoKo), dem Devisenbeschaffungs- und Embargohandels-Konglomerat der DDR und des Auslandsgeheimdienstes HVA, der zur Generalstaatsanwaltschaft der DDR marschierte und zu plaudern begann. Auch die Fahnder der Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität (Zerv) fanden bei ihm später nichts.

Weitgehend ohne Konsequenzen blieb für Hilpert selbst, als 1993 Brandenburgs erster Bauminister Jochen Wolf (SPD) über seine Verbindungen zu Hilpert und dessen Immobiliengeschäfte in Seeburg stolperte. Hilpert war für die hiesige Landesregierung und diverse Konzerne im noch- oder einst sozialistischen Ausland längst als Kontaktmakler unterwegs.

Hilpert, außergewöhnlich gut vernetzt in Ost und West und in allen Milieus, handelte Anfang und Mitte der 1990er Jahre zunächst mit schönen Immobilien in Florida.

Über Jahre versuchte Hilpert aber auch immer wieder, das Schloss Petzow zu kaufen. Als das zunächst nicht ging, kaufte er erst eine Scheune neben dem Schloss und später das alte Jugendtouristhotel. Daraus machte er das Resort Schwielowsee. Auf die Flächen zwischen Petzow und Ferch, auf denen er seit langem einen Golfplatz plant, hatte er sich den Zugriff schon früh in den 1990er Jahren gesichert. Aus seiner Liebe zu Kuba und Florida entspringt auch das Konzept für das Resort in Petzow: Der Stil des Hotelbaus ist angelehnt an Florida, der des Restaurants „Ernest“ an Havannas Bars.

Gegen Hilpert und dessen groß angelegte Pläne für das Dorf Petzow hatte es zunächst auch Widerstand in der Werderaner CDU gegeben. Die konnte er auf die ihm eigene, zuweilen kumpelhafte Art ausräumen. Als er merkte, dass er auch die Linke, die er nach der Wende regelrecht hasste, für seine Pläne braucht, besann er sich. So kam es auch, dass er deren einstigen Potsdamer Oberbürgermeisterkandidaten Rolf Kutzmutz einstellte. Später war auch Heinz Vietze bei ihm wieder ein gern gesehener Gast.

Nach der Eröffnung wurden die Plätze im Resort vom Touristikkonzern Tui vermarktet. Für Tui und andere bundesdeutsche Touristiker hatte Hilpert zusammen mit einem Westberliner Steuerberater und Geschäftspartner einst auch die ersten Hotelverträge für West-Hotelketten auf der sozialistischen Sonneninsel Kuba vermittelt – gegen Provision für die DDR-Staatskasse.

Hilpert leitete in den 1980er Jahren für das DDR-Geheimdienst-Firmengeflecht KoKo auf Kuba eine Art Joint Venture mit dem Kubanischen Geheimdienst. Ziel: Antiquitäten und andere wertvolle Dinge von Kuba aus vermarkten. So wurden via Mexiko auch schon mal Oldtimer in die USA verkauft. Darüber, ob auf Kuba auch gezielt historisches Blechspielzeug gefälscht wurde, um es in westeuropäischen Auktionshäusern zu verkaufen, gibt es unterschiedliche Berichte. Bestätigt hat er eine Lieferung, die in den Wendewirren der DDR für Schlagzeilen sorgte: Bei Rostock war eine Waffenlieferung, die gegen das Embargo verstieß, sichergestellt worden. Am Ende stellte sich heraus: Es waren historische Waffen, die Amerikaner bei ihrer Flucht auf Kuba zurückgelassen hatten. Die DDR wollte sie via Skandinavien in die USA verkaufen.

Einen wahren Medienerfolg landete Hilpert aber in seinem alten Metier, dem Kunsthandel. Auf umschlungenen Wegen erreichte ihn über seinen alten Führungsoffizier bei der DDR-Spionageabwehr 1997 ein unglaubliches Angebot: Ein Bremer Notar bot ein Steinmosaik aus dem verschollenen Bernsteinzimmer der russischen Zaren an. In einer komplizierten Aktion mit der Potsdamer Polizei und dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel sorgte Hilpert schließlich zusammen mit einem Geschäftspartner, der als Scheinkäufer auftrat, dafür, dass das Mosaik beschlagnahmt werden konnte*.

Aus Dankbarkeit für seine Dienste machte der Kubanische Geheimdienst Hilpert noch zum Ehrenoberst. Zu seinem 50. Geburtstag überreichten ihm die Kubaner im tiefsten Westen Berlins eine neue Uniform. Die alte hatte er nicht mehr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })