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Koffein soll Fahrgäste in Schwung bringen: Zur Fahrplan-Neuerung spendiert die Berliner S-Bahn drei Wochen lang Kaffee für die Pendler und hofft, damit neue Kunden anzulocken.

© Ariane Lemme

S-Bahn nach Teltow: Des einen Freud, des anderen Leid

Die Fahrgäste begrüßen den Zehn-Minuten-Takt auf der Linie 25 von Teltow nach Berlin. Pendler freuen sich über die gewonnene Zeit. Einige Anwohner wollen klagen.

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Teltow - Fast jeder, der an diesem Montagmorgen mit der S 25 nach Berlin fährt, ist begeistert: Alle zehn statt wie bisher alle 20 Minuten fahren die Züge nun in Teltow ab, zumindest in der Zeit von 6 bis 20.30 Uhr. „Das ist einfach super, vor allem im Winter wird das eine große Erleichterung sein“, sagt Viktoria Scherzberg. Die Stahnsdorferin pendelt regelmäßig nach Berlin, seit sie 2002 raus ins Grüne zog. Die Pendler freuen sich über die gewonnene Zeit, einige nehmen sich deshalb sogar die Zeit für einen Kaffee, den die Deutsche Bahn drei Wochen lang zu Werbezwecken kostenlos ausschenkt.

Werbung sei für die Linie S 25 auch nötig, sagt der Berliner S-Bahn-Sprecher Ingo Priegnitz. Seit der Eröffnung des Streckenabschnitts 2005 sind die Fahrgastzahlen nicht gestiegen: Statt der von der S-Bahn anvisierten 10 000 Kunden täglich blieb die Zahl mehr oder weniger konstant bei gut 3 000. „Es wird interessant, ob die Leute das neue Angebot auch nutzen“, so Priegnitz. Er ist überzeugt, dass sich das Land Brandenburg die mäßige Auslastung nicht ewig ansehen wird. Bei allen anderen neu eröffneten Streckenabschnitten hätte sich die Zahl der Fahrgäste kontinuierlich erhöht, nur in Teltow nicht. Ein Grund könnte sein, dass die Region jahrelang schlecht angebunden war und viele deshalb an das Auto gewöhnt seien, vermutet Priegnitz. Auch S-Bahn-Chef Peter Buchner rückt von seinem Ziel, die Zahl der Fahrgäste bis Jahresende zu verdoppeln, ab. Er rechne aber mit mehr Kunden, wenn im Winter die Avus ausgebaut wird.

Viktoria Scherzberg lässt ihr Auto morgens meist stehen, sie kommt mit dem Bus zur S-Bahn. „Am Bahnhof selbst gibt es ohnehin zu wenige Parkplätze, da muss die Stadt noch nachbessern“, moniert sie. Aldona Schewa, Pendlerin aus Teltow, stören die fehlenden Parkplätze nicht, sie kommt jeden morgen zu Fuß, extra deswegen ist sie in unmittelbare S-Bahn-Nähe gezogen. Eine Entscheidung, die Gotthard Kudlek von der Teltower Interessensgemeinschaft Lärmschutz sicher nicht nachvollziehen kann. Für ihn bedeutet der verdichtete Takt vor allem eines: mehr Lärm für die Teltower, die in Seehof, Siegridshorst oder der Lessingstraße wohnen.

Außerdem rücke die S-Bahn mit dieser Neuerung klar vom Planfeststellungsbeschluss für die 2005 eröffnete Strecke ab. Dort sei, nur auf Wunsch der S-Bahn-Gesellschaft, ein 20-Minuten-Takt festgeschrieben worden. Damals, so Kudlek, habe man dort behauptet, ein Zehn-Minuten-Takt wäre auf diesem Abschnitt gar nicht möglich, weil es in Lankwitz einen Zwangspunkt gibt, einen eingleisigen Streckenabschnitt also. „Den Zwangspunkt als zwingenden Grund für einen 20-Minuten-Takt anzugeben, war offensichtlich nur Kalkül“, ärgert sich Kudlek. Dadurch habe die Bahn knapp die Richtwerte unterschritten und sei so um die Kosten für Schallschutzwände und -fenster herumgekommen. Die Lärmschützer wollen nun erneut versuchen, eine einstweilige Verfügung gegen den Zehn-Minuten-Takt zu erwirken. Kudlek will außerdem Strafanzeige erstatten. Ob durch den dichteren Takt nun tatsächlich neue Lärmschutzmaßnahmen nötig werden, müsse die DB-Netz zusammen mit dem Eisenbahn-Bundesamt prüfen. „Das ist nicht unsere Aufgabe“, erklärt indes Priegnitz.

Die Bedenken der Lärmschutzinitiative Teltow will er ohnehin nicht so recht gelten lassen: „Die S-Bahn ist zwar hörbar, aber nicht wirklich laut.“ Außerdem gewöhne sich das Ohr auf Dauer auch an das Geräusch. Viktoria Scherzberg und Aldona Schewa werden sich zumindest schnell an den verbesserten Takt gewöhnen, sie hoffen, dass der Zehn-Minuten-Takt bleibt.

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