
© M. Thomas
Werder (Havel): Die Erdbeer-Saison geht wieder los
Brandenburg startet in die Erdbeer-Saison, auch auf dem Hof von Günter Schultz in Werder (Havel). Auf vielen Höfen in der Region können Besucher nun auch selber pflücken.
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Werder (Havel) - Mit ihrem leuchtenden Rot künden die Erdbeeren auf Günter Schultz’ Feld schon von Weitem von ihrer Saftigkeit. Nach dem Start der Brandenburger Erdbeersaison am vergangenen Mittwoch werden bei Schultzens am Wochenende wieder zahlreiche Menschen auf dem Feld hocken und eine rote Beere nach der anderen in ihre Körbe legen. „Alles, was Beine hat, kommt her“, sagt Günter Schultz. „Die Leute fragen schon seit Wochen immer wieder nach, wann es denn endlich losgeht.“ Die meisten seiner Besucher kommen mit dem Auto oder Fahrrad aus der näheren Umgebung zum Erdbeerpflücken – einige schon seit Jahrzehnten. An die 100 Körbe würden an einem durchschnittlichen Wochenende in der Pflücksaison voll.
Um die Saison zu strecken, arbeitet der 69-Jährige mit Lochfolien. So ist auf seinem Hof beinahe jedes Stadium vertreten, in dem sich die beliebte Frühsommerfrucht befinden kann: Am Rand stehen ein paar Pflanzen noch in voller Blüte, daneben folgen die Reihen der reifen roten Beeren. Die Sträucher in den angrenzenden Gewächshäusern wiederum sind schon beinahe vollständig abgeerntet. Die Gewächshaus-Erdbeeren verkauft Schultz auf Wochenmärkten in der Umgebung, die Früchte auf dem Feld jedoch sind für die Selbstpflücker reserviert.
Erdbeeren haben Frost überstanden - dank Hilfsmittel
Der nächtliche Frost Ende April, der so viele Werderaner Bauern um große Teile ihrer diesjährigen Obsternte gebracht hat, konnte Schultz’ Erdbeeren zum Glück kaum etwas anhaben. Es seien nur vereinzelte Blüten erfroren, der Gesamtertrag werde sich aber kaum von den Vorjahren unterscheiden. Gegen ungünstige Witterung haben Schultz und seine Mitarbeiter ein schnelles Notfallprogramm: „Sobald sich Gewitter oder Hagel ankündigt, gehen wir los und ziehen die Schutzfolie über die Metallbügel“, erklärt der 69-Jährige. So entsteht ein Dach, das die Pflanzen von harten Niederschlägen und Kälte abschirmt.
Zusätzlich reguliert der Obstbauer die Reifestadien seiner Früchte mit schwarzen und weißen Folien, die direkt auf dem Erdreich aufliegen. In der Folie befinden sich Löcher, durch die die Pflanzentriebe ans Licht gelangen. Je nach Farbe der Folie zieht der Boden Wärme an oder strahlt sie ab – so sorgt Schultz dafür, dass die Früchte früher oder später reifen und es die ganze Saison über etwas zum Selbstpflücken gibt.
Hilfe von Hummeln
Zur Bestäubung kauft Schultz’ Sohn Michael jedes Jahr Hummelkästen. „Hummeln fliegen schon ab zwei Grad, Bienen erst ab acht bis zehn Grad“, sagt Michael Schultz. Mit Hilfe der Hummeln kann er somit die Blütenbestäubung vorverlegen. Die Kästen stellt Michael Schultz neben dem Feld auf: „Die Hummeln fliegen dann nicht weg, sondern kehren immer wieder in ihr Zuhause zurück.“ Mit diesen Hilfsmitteln – Hummelkästen und Folien – könnten sie ihren Ertrag optimieren, ohne auf chemische Pflanzenschutzmittel zurückzugreifen.
Die Erdbeeren auf dem etwa einen Hektar großen Feld der Familie Schultz gehören größtenteils zur ertragreichen Sorte Elsanta. Bis zu 30 Tonnen der Frucht können auf einem Hektar Land wachsen. Mit jedem Jahr verliert die Erde allerdings an Nährstoffen. Spätestens nach drei Jahren müsse ein Erdbeerfeld darum entweder auf ein neues Areal umziehen oder der Bauer müsse den Boden erneuern. Bei Schultz’ Erdbeerfeld wird es im nächsten Jahr so weit sein. Ob er das Selbstpflücker-Areal dann auf das benachbarte Feld verlegt oder den Boden austauscht, wird er sich in den kommenden Monaten überlegen. Im August muss er die nächsten Erdbeeren pflanzen.
Neben der Elsanta baut Schultz auch weitaus weniger ertragreiche ältere Sorten an – wie die Senga Sengana oder die Mieze Schindler. „Wegen ihres guten Geschmacks werden alte Sorten wieder beliebter“, sagt Günter Schultz. Die Erdbeersorte Mieze Schindler etwa wurde 1925 von Otto Schindler, dem damaligen Leiter einer botanischen Versuchsanstalt im sächsischen Pillnitz, gezüchtet. Der Name, den Schindler seiner Schöpfung gab, war der Kosename seiner Ehefrau Emilie.
West-Erdbeeren nach Werder geschmuggelt
Wie die Mieze Schindler bringt auch die Senga Sengana keine großen Erträge. Günter Schultz erinnert sich aber, dass schon seine Eltern und Großeltern große Mühen auf sich nahmen, um die Sorte in den späten 50er- und frühen 60er-Jahren aus Westberlin nach Werder zu holen. Die Hamburger Sorte habe die Erdbeeren, die in der DDR erhältlich waren, geschmacklich weit übertroffen, so Schultz.
In ganz Brandenburg wurden im vergangenen Jahr rund 3500 Tonnen Erdbeeren geerntet. Nach Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern hat Brandenburg mit 400 Hektar die drittgrößte Anbaufläche in Ostdeutschland. Bundesweit steht Niedersachsen mit 4000 Hektar an der Spitze. Dieses Jahr verzögerten die Frosteinbrüche im April die Erdbeerernte in vielen Regionen. Aufgrund des verringerten Angebots werden die Preise in diesem Jahr vergleichsweise hoch: Erste Preismeldungen für deutsche Erdbeeren lagen Anfang Mai zwischen vier und fünf Euro pro 500 Gramm.
Schultzens Siedlerhof, Werder (Havel), Ortsteil Elisabethhöhe, Karl-Liebknecht-Straße 17, Telefon (0177)2666367
Felder zum Erdbeerenpflücken bieten in Potsdam- Mittelmark mehrere Obstbauern an: In Glindow können Erdbeer-Hungrige den Obsthof Wels in der Ziemensstraße besuchen. Weitere Infos unter Tel.: (03327) 66 95 40.
Auch auf dem Obsthof Lindicke bekommen Selbstpflücker ihre Erdbeerkörbe voll. Die Felder sind am Plessower Eck, an der Bundesstraße 1 gelegen – Tel.: (03327) 456 24. In Beelitz ist der Klaistower Spargelhof eine gefragte Adresse unter Erdbeerfreunden. Dort können sich Besucher täglich von 8 bis 18 Uhr zum Pflücken in die Felder schlagen. Auch auf dem Jakobs-Hof in Schäpe können Selbstpflücker auf Erdbeersuche gehen. Vorher sollten sie sich im Hofladen melden.
Experten empfehlen, die Erdbeeren erst kurz vor dem Verzehr zu waschen – so bleiben sie länger frisch. Dazu sollten die Früchte in einem vollgelaufenen Spülbecken gebadet werden. Ein harter Wasserstrahl zerstört die empfindliche Oberfläche der Früchte. PNN
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