Potsdam-Mittelmark: Die ganz große Oper in Werder
Open Air auf der Inselstadt: Staatsoper Stettin führt am 2. August Verdis „Nabucco“ auf
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Werder (Havel) - Wenn ein gebürtiger Tscheche mit niederländischem Akzent eine von Polen produzierte Oper italienischer Herkunft in Deutschland vorstellen will, dann muss das wohl etwas ganz besonderes sein. Genau das tat Pavol Munk (Veranstaltungsbüro Paulis, Braunschweig) kürzlich im Rathaus zu Werder. Seit fast zehn Jahren im Geschäft, kennt er die Konditionen, die Sorgen und Nöte derer, die ein ganz großes Kulturereignis wollen, es sich aber nicht leisten können. Auf Grund günstiger Konditionen ist es ihm nun gelungen, die Stadt Werder für einen Open-Air-Auftritt von Giuseppe Verdis „Nabucco“ im August zu interessieren.
Seine guten Beziehungen nach Osteuropa und die genaue Kenntnis mentaler Besonderheiten in Polen und Deutschland ermöglichen ein sehr günstiges Angebot für dieses Großereignis. Ganz schön praktisch: Die Stadt stellt am 2. August den Marktplatz auf der Insel kostenfrei zur Verfügung, alles andere liegt bei Veranstalter und Ensemble. Das funktionierte, nach Munk, bisher zur allgemeinen Zufriedenheit bei 300 „Freiluft-Aufführungen“ in allen möglichen Städten, Auslastungsquote mindestens 90 Prozent. Er kennt die Sehnsucht des Publikums: „Die Leute haben Lust, eine Oper zu sehen! Wir bringen sie zu ihnen hin!“, und ganz nebenbei freut es ihn, sie für ein paar Stunden vom Fernseher wegzubekommen. Hier steckt kultureller Missionsgeist der besten Sorte drin.
„Nabucco“ (1842) – Verdis dritte Oper – ist nach einem „babylonischen“ Libretto von Temistocle Solera komponiert. Scala-Intendant Merelli musste ihn ziemlich drängen. Der Komponist hatte gerade seine ganze Familie durch eine Epidemie verloren, zudem war hier vor zwei Jahren seine Oper „Un giorno di regno“ ausgepfiffen worden. „Nabucco“, Leidenschaft, Knechtschaft, Liebe und Macht an einem alttestamentarischen Stoff exemplifizierend, verschaffte ihm in jeder Hinsicht den Durchbruch. Seit dieser Galeerenarbeit galt Verdi als großer Patriot im österreichisch besetzten Italien, ganz Europa jubelte ihm plötzlich als Maestro zu, finanziell war er unabhängig.
Aufgeführt wird dieses berühmte Werk durch Chor und Orchester der Staatsoper Stettin, welche nicht nur zum emsigen Reisen, sondern auch zum Auftritt Open Air bei jedem Wetter bereit ist. Die musikalische Leitung hat Intendant Warcislaw Kunc selbst übernommen, die szenische Einrichtung Olga Ivanowa, das Bühnenbild stammt von Anton Tarasov. „Bei uns ist das Ensemble der Star“, sprach Pavol Munk eloquent, zudem werde die aktuelle Besetzung erst kurz vor dem Auftritt entschieden: „Unsere guten Tenöre kennt hier sowieso keiner.“ Dennoch weiß er aus besagter Erfahrung, dass man diesseits der Elbe die Kunst etwas mehr beim Worte nimmt als jenseits davon. Stimmt.
Ausgelegt ist der dreistündige Abend in drei Blöcken für 1500 Stühle (mit Rückenlehnen). Die Kartenpreise bewegen sich von 49 Euro abwärts, Rollstuhlfahrer haben freien Eintritt. Ein stimmungsvoller Sonnenuntergang ist zwar erwünscht, im Notfall hält der Veranstalter aber auch Regenschutz für einen Euro bereit. Dann dürfen die befreiten Israeliten mit ihrem berühmten Chor in italienischer Sprache von Babylon wieder gen Jerusalem ziehen.
Pavol Munk gibt den Besuchern sogar eine Rundum-Garantie in Sachen Akustik. So bekommt die Stadt Werder endlich, was ihr zu lange schon fehlt, ein musikalisches Angebot innerhalb ihrer eigenen Tore. Munks Credo ist ja auch überzeugend: Live-Kultur ist allemal besser als Fernsehen!
2. August um 20 Uhr, Inselmarkt; Vorverkauf über Telefon (0531) 346 372 oder über www.Paulis.de
Gerold Paul
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