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Potsdam-Mittelmark: Die Kulturschmiede

Wo lange Zeit der Hammer der Beelitzer Schmiede zu hören war, erklingen heute Lieder und Gedichte

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Beelitz - Seinen Hammer hat Schmiedemeister Hans-Joachim Graatz schon vor Jahren niedergelegt. Seine alte Werkstatt sieht trotzdem noch genau so aus, wie er sie damals verlassen hat – mit Werkzeugen, Maschinen und der großen Esse. „Ich habe ihm versprochen, dass ich das Andenken an seine Schmiede in Würde bewahren werde“, sagt Bernhard Knuth. Der Beelitzer Bürgermeister weiß um seine Verantwortung – immerhin hat der Hof in der Poststraße 14 eine über 200-jährige Geschichte. Knuth hat ihn vor vier Jahren, als er noch nicht im Amt war, von der Familie Graatz gekauft und aufwendig saniert. Er nutzt den Altstadthof aber nicht nur selbst: An der Straßenfront befinden sich zwei Geschäfte und auf dem Hof blüht seit 2007 die Kultur.

Die Arbeitsgemeinschaft „Städte mit historischem Stadtkern“ hat den Schmiedehof gestern als Denkmal des Monats gewürdigt. „Sie haben ihn nicht nur übernommen und saniert, sondern auch mit Leben gefüllt“, sagte Dietlind Thiemann (CDU), Oberbürgermeisterin der Stadt Brandenburg (Havel). Das Projekt, das Knuth damals in Angriff genommen hat, künde von Pflichtbewusstsein und der Liebe zur Stadt Beelitz. Neben Thiemann waren weitere Amtskollegen wie Werders Bürgermeister Werner Große und das Treuenbrietzener Stadtoberhaupt Michael Knape an die Nieplitz gekommen, um Knuth zu gratulieren. Auch viele Stadtverordnete waren zu sehen. Und Schmiedemeister Graatz, den es hin und wieder noch in seine alte Werkstatt zieht.

Dessen Vorfahren arbeiteten hier schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts als Schmiedemeister und Stellmacher. Nebenan befand sich die Postrelaisstation, eine wichtige Haltestelle für Kutschen auf der Strecke Berlin-Leipzig. Unterwegs konnten nicht nur die Passagiere verschnaufen, sondern auch die Pferde neu beschlagen werden. Die Alte Posthalterei ist mittlerweile ebenfalls saniert.

1860 brannte der Hof der Graatzens allerdings ab und es musste neu gebaut werden. Um 1900 teilte sich die Familie, nachdem zwei Brüder den Hof geerbt hatten. Der eine betrieb hier Landwirtschaft, der andere zog mit der Schmiede auf die gegenüberliegende Straßenseite. Da das dortige Gebäude zu klein war, musste er oft auf der Straße arbeiten. Mit der Zunahme des Autoverkehrs in den 1920ern ging dies jedoch nicht mehr. Der Schmied zog zurück in den Stammsitz der Familie, das Hauptgebäude wurde dafür aufgestockt. Später muss die Familie wieder kleiner geworden sein, denn im Erdgeschoss wurde Platz frei für Geschäfte. Ein Pantinenmacher, ein Eisenwaren- und ein Tante-Emma-Laden hatten im 20. Jahrhundert zu den Mietern gehört. All dies wusste Knuth, der sich offenbar ausgiebig mit der Geschichte seines Heimes beschäftigt hat, zu berichten.

Nachdem er den Hof 2007 gekauft hatte, sanierte er zuerst die Läden an der Straße. Heute befinden sich sein Optikgeschäft und ein Buchladen darin. Das Obergeschoss hat Knuth sich zur Wohnung ausgebaut. Insgesamt habe er 290 000 Euro investiert, erläuterte er, davon seien 85 000 Euro als Städtebauförderung für die Sanierung der Außenhülle geflossen. Den Innenhof hat der Hausherr für Freiluftveranstaltungen hergerichtet: Am Giebel des Nachbarhauses steht eine Bühne, davor sind in lockerer Weise Tische und Stühle aufgestellt. Skulpturen bieten einen Hingucker, ebenso wie die Blumen. Das Bild soll nun vervollständigt werden: Noch in diesem Jahr will Knuth die Sanierung des Stalls in Angriff nehmen.

Stolz berichtete der Hausherr, wen er seit Eröffnung seines Altstadthofes schon für Auftritte nach Beelitz locken konnte: Herbert Köfer, Angelika Mann, Wolfgang Lippert und viele andere Künstler waren schon hier. Auch an diesem Wochenende ist das Programmheft prall gefüllt: Bereits gestern Abend spielte die Irish-Folk-Band „The Sandsacks“ vor ausverkauften Plätzen, heute wird ab 20 Uhr zur italienischen Klassiknacht mit dem Streichquartett „O-Ton“ geladen. Und morgen ab 16 Uhr gastiert das Theater Marameo im Schmiedehof. Mit ihrer Inszenierung des Kleist-Stückes „Prinz von Homburg“ ist die Schauspieltruppe den ganzen Sommer über in den historischen Stadtkernen Brandenburgs unterwegs.

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