Potsdam-Mittelmark: Die Schlankmacher
Rehbrücker Ernährungsforscher betreuen in einer Studie übergewichtige Kinder
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Nuthetal - Immer mehr Kinder und Jugendliche sind zu dick. Es ist „eines der größten Gesundheitsprobleme überhaupt“, wie es im Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Bergholz-Rehbrücke heißt. „Übergewicht und die damit assoziierten Erkrankungen nehmen in Europa seit Jahren dramatisch zu“, erklärt Mitarbeiterin Angela Kohl.
Um dem Problem auf die Spur zu kommen, bringt das Institut seit knapp einem halben Jahr übergewichtige Kinder aus Berlin und Potsdam und deren Familien im Rahmen der EU-Studie „Diogenes“ regelmäßig auf die Waage. Schon seit 1992 wird an dem Institut auf dem Gebiet der Ernährung und Gesundheit geforscht, auf bundesweit einmalige Weise, wie in Rehbrücke betont wird. Insgesamt wird an dem der Standort in diesem Jahr auf 60 Jahre Ernährungsforschung zurückgeblickt.
Der Wissenschaftliche Direktor, Hans-Georg Joost, beschreibt sein Haus als „nationales Kompetenzzentrum“. Betrieben wird Grundlagenforschung: Mehr als 100 Wissenschaftler aus dem In- und Ausland untersuchen in mehreren Abteilungen etwa, wie Ernährung Krebs auslösen kann. Geforscht wird aber vor allem zum „Metabolischen Syndrom“: das gleichzeitige Auftreten mehrerer Symptome wie Fettsucht und Bluthochdruck. Das Syndrom und seine Folgeerkrankungen – beispielsweise die so genannte Altersdiabetes – kosten die gesetzlichen Krankenkassen nach Institutsangaben schon jetzt jährlich rund sechs Milliarden Euro. In diesem Jahr seien Gene identifiziert worden, die mit diesen Defekten in Verbindung stehen, erläutert Joost.
Bei der EU-Studie „Diogenes“ müssen sich die übergewichtigen Familienmitglieder nach einer Diät sechs Monate an unterschiedliche Ernährungsprogramme halten, berichtet Kohl. Mit Ergebnissen sei Ende 2007 zu rechnen. Teilnehmer würden noch gesucht. Zurzeit geht das Institut der Frage nach, ob das Ernährungsverhalten angeboren oder anerzogen ist. Die Arbeit am Institut geht aber auch in ganz andere Richtungen: So gelang es den Mitarbeitern, 25 unterschiedliche Geschmacksrezeptoren zu identifizieren, die für den Bittergeschmack beim Menschen verantwortlich sind.
Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung wurde 1992 vom Bund und dem Land Brandenburg als selbstständige Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet. Beide Seiten gaben laut Joost 5,5 Millionen Euro jährlich. Hinzu kämen rund drei Millionen Euro an Drittmitteln.
Hervorgegangen war das DIfE aus dem Zentralinstitut für Ernährung der Akademie der Wissenschaften der DDR. Davor war in Bergholz-Rehbrücke 1946 das Institut für Ernährungs- und Verpflegungswissenschaften gegründet worden, eine Zweigstelle des gleichnamigen Instituts in Berlin-Dahlem. „In der DDR hatte das Institut ein breites Aufgabenspektrum“, sagt Joost. Zu der Untersuchung des Zusammenhangs von Krankheit und Ernährung sei die Entwicklung von Produkten gekommen darunter Babykost und fettarme Mayonnaise. Nach der Wende sei der Schwerpunkt auf die Ernährung gelegt worden. „Das war eine richtige Entscheidung“, sagt der 58-jährige Direktor. Er ist sich sicher: „Das Institut kann in Europa mithalten.“ Leticia Witte
Leticia Witte
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