zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: „Die stehen nicht nur rum und trinken Bier“

Forum der PDS gegen Rechtsextremismus / Netzwerke rechter Gruppen keine Seltenheit

Stand:

Forum der PDS gegen Rechtsextremismus / Netzwerke rechter Gruppen keine Seltenheit Werder - Wie sollte eine Gemeinde mit Rechtsextremismus umgehen? Die Verantwortlichen sind oft hilflos: Bürgermeister, die solche Tendenzen in ihrem Ort dementieren, Lehrer und Direktoren, die sich allein gelassen fühlen. Frauke Postel und Thomas Weidlich sind seit Jahren in Potsdam, der Mittelmark und dem Havelland unterwegs, um Unterstützung zu geben – an Schulen oder auf Gemeindekonferenzen, wo sich Parteien, Vereine und Bürger mit dem Problem auseinander setzen. Postel und Weidlich haben als Mobiles Beratungsteam einen genauen Einblick in die hiesige Jugendkultur. Beide waren am Dienstagabend in Werder zu Gast und erläuterten ihre Erfahrungen. Die örtliche PDS um Andreas Bernig hatte zu einem Forum gegen Rechtsextremismus eingeladen. Die Stadt Werder, räumten die mobilen Berater ein, stehe auf ihrer Agenda nicht ganz oben, aber auch hier gebe es bekannte Personen im rechten Spektrum. Postel verwies auf einen Neonazi, der hier bis 2001 rechtsradikale CD''s unter die Jugend brachte. Rechtsextreme würden mittlerweile Netzwerke mit eigener Kleidung, eigenen Treffs und zum Teil Kontakten zu Organisationen wie der in Deutschland verbotenen „Blood & Honor“ bilden. „Die stehen nicht nur an der Ecke und trinken Bier", so Postel. Mitglieder seien keineswegs Arbeits- oder Ausbildungslose, „darunter sind Lehrlinge, Gesellen, sogar Handwerksmeister oder Akademiker", berichtete Weidlich. Vorgestellt wurde eine Studie zweier Sozialforscher, die Anfang April erschienen ist. Sie besage unter anderem, dass 31 Prozent der Brandenburger ausländerfeindlich denken. Dies sei jedoch lediglich eine Facette des Rechtsextremismus. Untersucht wurde auch der Bezug zum Dritten Reich: 20 Prozent glauben, der Nationalsozialismus hätte auch gute Seiten gehabt. 27 Prozent denken ferner, dass es lebenswertes und -unwertes Leben gebe. Zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa hatten die Initiatoren 1000 Bürger aus Berlin und Brandenburg befragt, wobei letztere eindeutig stärker nach rechts tendierten. Und das schlage sich in den Wahlergebnissen nieder. Bernig forderte deshalb einen überparteilichen Konsens gegen Rechtsextremismus. Ein weiterer Ansatz liege beim Nachwuchs: Jugendliche müssten mehr ins Vereinsleben eingebunden werden, hieß es. Doch was ist, wenn dort wie in Jugendclubs rechte Gruppen dominieren? Frauke Postel: „Sobald es zu einer Entgleisung kommt, muss jeder Nebenstehende darauf reagieren.“ Aber auch in den Elternhäusern gebe es noch Überzeugungsarbeit zu leisten , so der Stadtverordnete Peter Hintze (PDS). Ein weiterer Vorschlag kam vom Landeschef der Bündnisgrünen, Joachim Gessinger: In Werder könnte ein Projekt auf den Weg gebracht werden, dass Schüler auf Spurensuche schickt. In der Stadt habe sich zur Nazizeit ein KZ-Außenlager befunden. Diese Vergangenheit müsse noch aufgearbeitet werden.Thomas Lähns

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })