Schweizer Firma schafft Arbeitsplätze in Kleinmachnow: Die virtuellen Energieberater
Der Landkreis Potsdam-Mittelmark will seinen Energiebedarf komplett aus erneuerbaren Energien gewinnen. Auf dem schwierigen Weg dorthin will die Schweizer Firma Enersis mit einer Software helfen. Das Unternehmen eröffnet nun eine Niederlassung in Kleinmachnow, in der bis zu 150 Menschen Arbeit finden sollen.
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Kleinmachnow – Potsdam-Mittelmark will bis zum Jahr 2022 seinen Strombedarf vollständig aus erneuerbaren Energien decken. So steht es im ehrgeizigen Leitbild des Kreises. Doch der Ausbau ist schwer, es gibt kaum zusammengefasste Daten, wo in den Kreisen und Kommunen welche Windräder oder Solarpaneele stehen und wie das Stromnetz dorthin ausgebaut ist. Die Schweizer Firma Enersis hat deshalb eine Software entwickelt, die all diese Daten zusammenfasst und auf einer Karte verdeutlicht. Das Unternehmen hat am gestrigen Donnerstag seinen neuen Standort im Kleinmachnower Europarc eingeweiht, der das Europageschäft der Firma managen soll.
„Gemeinden, Genossenschaften oder Energieversorger können mit Hilfe unserer Software unter anderem sehen, wo welche Leistung installiert ist und simulieren, an welchen Orten im Stromnetz Speicher am sinnvollsten installiert werden können“, so Thomas Koller, Gründer und Geschäftsführer von Enersis. Bis zum Jahreswechsel sollen etwa 20 Mitarbeiter am Standort die ersten Kunden beraten, in den kommenden drei Jahren soll die Belegschaft auf 80 bis 90 Mitarbeiter anwachsen. Sieben Millionen Euro sollen dafür in den Standort investiert werden.
Die Mitarbeiter sollen auch Modelle der Kommunen erstellen, wie das Unternehmen sie für die Schweiz bereits erstellt hat: Dort kann auf dreidimensionalen Karten der Energieverbrauch in Straßenzügen angezeigt werden. Gebäude, die besonders viel Strom verbrauchen, werden rot dargestellt. „So können Gemeinden genau ermitteln, wo Einsparpotential ist und wo die eingespeiste Energie am stärksten verbraucht wird“, so Koller. Viele der Daten existieren zwar schon, sind aber auf mehrere Fachbereiche verteilt.
Außerdem können sich Gemeinden in Bezug auf die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien pro Einwohner vergleichen. Die Daten aller Kommunen und Landkreise liegen, basierend auf Bevölkerungszahlen und Energiedaten bis 2013, vor. Für Kleinmachnow zeigt das Programm Nachholbedarf: Die Gemeinde landet auf Platz 10 661 der rund 11 000 deutschen Gemeinden. Allerdings ist der Koeffizient aus Energieproduktion und Einwohnerzahl in Ballungsgebieten immer geringer. Auf Kreisebene sieht es deutlich besser aus: Potsdam-Mittelmark erreicht Rang 86 der mehr als 300 Kreise und kreisfreien Städte im Bundesgebiet.
Den Landkreis und besonders Kleinmachnow habe sich Enersis als Standort ausgesucht, da hier Fachkräfte nahe sind. „Unser Programm basiert auf der Software SAP, die genau wie das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam sitzen, zu dem man hinradeln kann“, so Koller. SAP hat ein Innovation Center in der Landeshauptstadt. Zudem habe das brandenburgische Wirtschaftsministerium nicht nur Hilfe zur Ansiedlung, sondern auch weitere Unterstützung während des Betriebes zugesagt. Auch die Zukunftsagentur des Landes (ZAB) habe ihn für die Ansiedlung gut beraten. Koller scheint zuversichtlich ob der guten Zusammenarbeit: Der Firmenstandort wurde gestern eingeweiht, obwohl das Land über einen Antrag auf Fördermittel noch nicht entschieden hat.
Über die Höhe der möglichen Förderung schwiegen sowohl Koller als auch der anwesende Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD), der die Ansiedlung als großen Erfolg bezeichnete. Enersis sei das 46. Unternehmen aus der Schweiz, das sich in Brandenburg ansiedle. Die Eidgenossen sind unter den Top Fünf der Investoren, die größten Schweizer Unternehmen sind der Amaturenhersteller Franke und der Fahrzeugbauer Stadler.
Enersis passt Gerber zufolge hervorragend nach Brandenburg. „Kein anderes Bundesland hat so kräftige Investitionen in Ökostrom pro Einwohner.“ 56 000 Beschäftigte habe die Energiebranche in Brandenburg und Berlin. Dass sich Enersis nicht in, sondern vor der Hauptstadt ansiedelt, hat laut Geschäftsführung allerdings auch profanere Gründe: Berlin fördert Unternehmen sachkostenbezogen, Brandenburg fördert Lohnkosten. In einem IT-Unternehmen machen die den weitaus größeren Teil aus. Enersis will langfristig in Kleinmachnow sogar 150 Menschen beschäftigen. Derzeit hat das Unternehmen weltweit 17 Mitarbeiter. Die erwarteten Wachstumsraten sind Thomas Koller zufolge aus Erfahrungen in der Schweiz abgeleitet.
Die Enersis-Mitarbeiter sind nun auf der Suche nach Gemeinden für ihre Software, die über den Internetbrowser arbeitet und durch Passwörter gesichert ist. Normalerweise kostet die Nutzung die Gemeinden eine Pauschale von einem Euro je Einwohner. Bei Pilotgemeinden sei man aber zu anderen Finanzierungen bereit. Zudem würden die Kommunen im Hinblick auf Förderprogramme beraten.
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