Potsdam-Mittelmark: Die Wende wird nicht mehr erwartet
Verhaltene Freude bei Fluglärmgegnern im Potsdamer Umland über Gutachten des Umweltbundesamtes
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Potsdam-Mittelmark - Die große Euphorie ist ausgeblieben: Nachdem erste kritische Einschätzungen aus dem Umweltbundesamt gegen die Lärmbelastung durch den künftigen Flughafen BER in Schönefeld bekannt geworden sind, herrscht bei den Bürgerinitiativen (BI) im Potsdamer Umland eher verhaltene Freude. „In Anbetracht dessen, was man erwarten konnte, sind wir notgedrungen zufrieden“, kommentierte Peter Kreilinger, Sprecher der BI „Fluglärmfreie Havelseen“, die Vorab-Veröffentlichung eines Gutachtens der Dessauer Behörde.
Es werde zwar anerkannt, dass auch die Menschen in der Region zwischen Werder (Havel) und Nuthetal schutzbedürftig seien, doch würden sich die Flugrouten dadurch nicht mehr ändern. „Der Flughafen ist, wo er ist. Und das Umweltbundesamt kann nur die vorhandenen Routen bewerten – Alternativen anbieten kann es nicht“, so Kreilinger. Deshalb werde sich seine Initiative jetzt für „kreative Flugverfahren“ am künftigen Hauptstadtflughafen, der am 3. Juni in Betrieb gehen soll, einsetzen. Kreilinger verwies auf das Prinzip des „Point merge“, bei dem Anflüge in großer Höhe „kanalisiert“ und dann kontinuierlich sinkend zum Endanflug geführt werden. Weil die Flugzeuge steiler sinken, können auch startende Maschinen schneller steigen, wodurch insgesamt weniger Lärm am Boden ankommen soll. Während die Deutsche Flugsicherung dieses Prinzip zurzeit am Simulator testet, will die Fluglärminitiative Kontakt zu jenen Planern herstellen, die das Point-merge-Prinzip bereits am Flughafen Oslo umgesetzt haben.
Dass die Flugrouten „vom Grundsatz her gegessen sind“, schätzte auch Winfried Ludwig von der Fichtenwalder Bürgerinitiative „Natürlich gegen Lärm“ ein. „Die Riesenwende ist nicht mehr zu erwarten“, sagte er und sprach sich deshalb ebenfalls für steilere An- und Abflüge aus. Es könne nicht sein, dass sich Kommunen zerfleischen, weil sie sich gegenseitig Flugrouten zuschieben müssten, sagte er mit Blick auf Beelitz, Seddiner See und Michendorf: Die geplante Abflugroute West I spaltet Ortsteile im doppelten Sinne. Als positiv wertete Ludwig die Forderung des Umweltbundesamtes, dass es eine einjährige Probezeit für die Routenführung geben solle. „Generell sollte man eine Lärmkartierung angehen, so wie es sie bereits für Straßen gibt“, sagte er. Nur so ließe sich die tatsächliche Entwicklung der Lärmbelastung nachvollziehen.
Als „Hoffnungsschimmer am Horizont“ wertete die BI „Stahnsdorf gegen Fluglärm“ die Einschätzungen der Behörde. Nun müssten weitere Schritte folgen. Eine „schön gezeichnete“ Flugroute in südwestliche Richtung nütze nichts, wenn die Flugzeuge vorher in 5000 Fuß Höhe nach Norden abdrehen und so über die Region Teltow fliegen dürfen, erklärte Sprecher Wolfgang Brenneis gestern. Er sprach sich für eine Flugfreigabe erst hinter dem Autobahndreieck Werder aus.
Thomas Lähns
Seiten 1 und 12
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