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KulTOUR: Ein bisschen Liebe nach barocken Regeln

Das Berliner Ensemble „Commedianza“ trat mit zwei Stücken in Caputh auf

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Schwielowsee - Damals pfiffen es wohl alle preußischen Spatzen von den Dächern: Friedrich II. hat sich in die hübsche Tänzerin Barbara Campanini verknallt! Das war so um 1744. Friedrichs Schwester umschrieb die Liaison mit den galanten Worte „Un peu touché - un peu d´amour“, was etwa „Eine kleine Berührung - ein bisschen Liebe“ heißt.

Eine hübsche Geschichte, halb und halb glaubhaft – und Gegenstand einer kleinen Aufführung, welche sich die Stiftung Preußische Schlösser und Katen zum dreihundertsten Geburtstag Friedrichs für den Kulturplan von Schloss Caputh einfach mal leistete.

Eigentlich fing die Sache an wie ein Krimi: Fritz verpflichtete die begnadete Tänzerin aus Italien an die Berliner Oper, sie aber verliebte sich und kam nicht. Erst nachdem Friedrich den venezianischen Gesandten als Gegenpfand festgesetzt und von Staats wegen zwei Auslieferungsanträge gestellt hatte, wurde „die Barbarina“ (1721 - 1799) unter Militär-Eskorte in die preußische Hauptstadt gebracht. Dort soll es dann auch zum touché und der kleinen Affäre gekommen sein.

Aufgeführt wurde das barocke Mimenspiel am frühen Samstagabend an Nordeingang des Churfürstlichen Hauses vor immerhin gut dreißig Besuchern, open air also. Das Ensemble „Commedianza Berlin“ hat ja mit solchen Capricen genug Erfahrung, oft sah man die stumm-beredte Truppe zu Festspielen in Potsdam, ganz dem Vergnügen des Volkes verpflichtet.

Vor Beginn der Aufführung gab es ein bisschen Lehrstoff vorab: Die Theaterleiterin Anja Fengler führte das Publikum in die nonverbalen Künste des Barock ein. Was bedeutete zum Beispiel eine gelbe Rose von Frau zu Mann, was ein Schönheitspflästerchen, ein sogenanntes Mouche, im Augenwinkel? Und was wollte eine Frau sagen, wenn sie ihren Fächer in der Rechten flattern ließ? Aus solchen Gesten lassen sich Komödien und gewaltige Tragödien zimmern!

Das Berliner Ensemble Commedianza begnügte sich mit zwei so charmanten wie unschuldigen Geschichten. Die Episode zu Friedrichs touché war zur Premierenvorstellung in Caputh noch nicht recht durchgestaltet, die erste mit dem Titel „Mörderische Liebschaften" war zwar besser, aber kaum sehr mörderisch.

Sie zeigte, was einem jungen Adligen (Hendryk Voß) nach seinem morgendlichen Erwachen gegen elf so alles passiert, besonders wenn sich gleich drei seiner Amouren ankündigen. Cosima Ertl und Michael Vater spielten im Stil der Comedia dell’ arte seine Bediensteten. Ein stummes, aber präzises Spiel in zeitgenössischen Kostümen zu Musik von Jean-Philippe Rameau, Jean-Baptiste Lully und Pascale Collasse aus der Konserve.

Zwischendurch schlich sich eine freche schwarze Katze in die Szene, keiner wagte es, sie fortzujagen. Die erste Geschichte endete dann mit der Inbesitznahme des jungen Mannes durch alle drei Damen gleichzeitig, die zweite zeigte die „Barbarina“ (Melissa Maldonado) vor ihrer Begegnung mit Fritz, für dessen Anwesenheit allein sein Dreispitz stand. Oder hatte er sich in das schwarze Katzentier verwandelt? Die Farbe tät ja stimmen.

Eine schöne Idee jedenfalls vom Veranstalter, auf so originelle Weise mal ein bissel Barock zu spielen. Einmal im Jahr sollte so eine Aufführung künftig unbedingt auf dem Programm stehen. Ach ja, und was die Sprache von Blume und Gesten betrifft: Eine gelbe Rose bedeutete damals „Willst du dich denn nicht entdecken?“, das Mouche am besagten Ort „Ich bin eine Leidenschaftliche!“ und der flatternde Fächer: „Ich liebe einen anderen“ - aber störe dich nicht daran.“

Gerold Paul

Gerold Paul

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