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Das 136. Baumblütenfest in Werder: Ein Fest unter Blüten

Das 136. Baumblütenfest in Werder ist vorbei. Trotz vieler Drogendelikte sind Stadt, Polizei und Bauern zufrieden mit dem Verlauf.

Von Enrico Bellin

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Werder - Dass in Werder Baumblütenfest war, konnte man in diesem Jahr schon weit vor dem Havelstädtchen sehen: Zwischen Brandenburg/Havel und Berlin waren an allen Bahnhöfen Blumenkinder mit entsprechendem Schmuck um Hals und Haar unterwegs, teils schon im morgendlichen Berufsverkehr. Ein Bild wie zur besten Hippiezeit.

Doch der Blumenschmuck war nicht der einzige Trend der 68er auf dem zumeist friedlich verlaufenen Blütenfest: So wurden deutlich mehr Betäubungsmittel sichergestellt als noch im Vorjahr. „Wir hatten bereits am Sonntagmittag mehr als 100 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz während der Festtage gezählt“, sagte Polizeisprecher Christoph Koppe am gestrigen Sonntag den PNN. Die meisten Aufgegriffenen hatten Cannabis dabei, vereinzelt nahmen Festgäste auch Kokain mit nach Werder. Im Vorjahr wurden nur 75 Fälle gezählt.

Etwa 200 000 Besucher

Laut Koppe könne man die Zahl aber positiv werten: „Wenn die Polizisten mehr Zeit haben, Drogenkontrollen durchzuführen, bedeutet es, dass das Fest friedlich verlaufen ist.“ Mit 40 Körperverletzungen bis Redaktionsschluss lag die Zahl exakt auf dem Vorjahresniveau.

Das trifft auch auf die Besucherzahl von Brandenburgs größtem Volksfest zu, das nach neun Tagen am Sonntag um 22 Uhr mit dem traditionellen Höhenfeuerwerk endete. Durch den Streik im Nahverkehr seien laut Ulrike Rehberg von der Beelitzer Busgesellschaft zwar weniger Menschen mit dem Bus nach Werder gefahren, obwohl die Busse meist halbstündlich fuhren. Dafür stieg jedoch die Zahl der Fahrgäste bei der Bahn im Vorjahresvergleich um 5 500 auf 73 500 Anreisende, wie eine Sprecherin der Bundespolizei am Sonntagnachmittag sagte. Mit den Schiffen der Weissen Flotte reisten laut Geschäftsführer Jan Lehmann wie im Vorjahr rund 17 000 Menschen nach Werder an. Insgesamt gehen Sicherheitskreise davon aus, dass das Baumblütenfest wie im Vorjahr etwa 200 000 Besucher hatte.

Zur Eröffnung war besonders viel los

„Das Fest war rundherum gelungen, alle Organisationspartner haben gut zusammengearbeitet“, so das Fazit von Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU). Zwar sei der verregnete Montag schrecklich gewesen, doch schon zum Werdertag am Dienstag seien die Besucher trotz einiger Regenschauer wieder zahlreich erschienen. Am meisten sei am Eröffnungssamstag los gewesen, da nicht nur die Werderaner zum Blütenumzug auf die Straße kamen, sondern auch per Bahn allein an diesem Tag 18 000 Menschen nach Werder gefahren sind.

Auch Stefan Lindicke, Bauer und Geschäftsführer des Werderaner Obst- und Gartenbauvereins, zieht ein positives Fazit vom Fest. „Montag und Dienstag war es zwar so verregnet, dass wir abwechselnd mit unseren Nachbarn die Plantage geschlossen hatten, aber ab Mittwoch wurde es kontinuierlich besser.“ Der sonnige 1. Mai und der Samstag danach seien dann besonders gut besucht gewesen. Immer mehr Gäste kämen aus der Innenstadt heraus auf die Plantagen rund um den Panoramaweg, da es dort aber auch immer mehr Angebote gebe, sei es unter den Bäumen trotzdem nicht zu voll geworden. „Es war ein sehr entspanntes Fest bei uns, ohne größere Rangeleien.“

Jugendliche wollten Grenzen austesten

Polizeisprecher Koppe bestätigte den Volksfestcharakter, den das Blütenfest bei den älteren Besuchern hatte. Er sieht dagegen aber den Trend, dass die jugendlichen Festgäste gegenüber der Polizei ihre Grenzen austesten wollen. „Es war enorm zu merken, dass Heranwachsende schon stark alkoholisiert in der Innenstadt ankommen und eine aggressive Grundstimmung haben“, so Koppe. Ob das als Vorglühen bezeichnete Trinken schon auf der Fahrt zum Fest zugenommen hat, kann er zwar nicht einschätzen, da die Bundespolizei für die Fahrgäste zuständig ist. „Aber es gibt ja schon auf dem Weg vom Bahnhof zur Innenstadt viele Weinstände, wo sich die Jugendlichen dann eine Flasche Obstwein kaufen und sie wie Saft austrinken.“ Im vergangenen Jahr wurden mehr als 300 alkoholisierte Jugendliche von der Polizei gezählt. In diesem Jahr erfasste das Ordnungsamt die Zahlen, die Sonntag noch nicht genannt werden konnten.

Das aggressive Verhalten wird auch bei der Zahl der Platzverweise deutlich, die von 230 im Vorjahr auf 280 gestiegen ist. Mit den Verweisen wolle man Koppe zufolge störende Menschen von vornherein fernhalten, was aber nicht immer gelinge. Bekannt wurde ein Fall am Freitagabend, bei dem ein 24-jähriger Berliner einen Rettungswagen behinderte und von der Polizei nach mehrfacher Aufforderung, aus dem Weg zu gehen, zur Seite und schließlich auf den Boden gerungen wurde. Freunde bezichtigten die Beamten gegenüber Medien eines übertriebenen körperlichen Einsatzes. Kurzzeitig verlor der Mann – der Polizei zufolge wegen starker Alkoholisierung – sein Bewusstsein. Der Rettungsdienst habe der Polizei aber zweimal bestätigt, dass es dem Mann körperlich gut gegangen sei. Dennoch musste er das Wochenende im Krankenhaus verbringen. Für Koppe ist es unverständlich, dass jemand den Einsatz der Rettungskräfte behindert und sich dann noch gegen ein Wegschieben zur Wehr setzt.

"Fließende Grenze zwischen Wagemut und Dummheit"

Beim Fest gibt es ohnehin eine „fließende Grenze zwischen Wagemut und Dummheit“, wie Koppe beobachtete. Am Wochenende sei etwa ein betrunkener 18-Jähriger am Brandenburger Hauptbahnhof direkt vor dem Polizeitransporter langgeradelt. „Mit 1,43 Promille hatte er Glück, erst ab 1,6 hätte er eine Straftat begangen“, so der Sprecher. Am Donnerstag hatte sich wie berichtet sogar ein per Haftbefehl gesuchter Werderaner getraut, auf das Fest zu gehen, auf dem mehrere Hundert Polizisten zugegen sind.

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