Potsdam-Mittelmark: Ein gutes Team
Wahlfälschungsvorwurf gegen Sören Kosanke: Auch an Bürgermeister Thomas Schmidt gibt es viele offene Fragen
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Teltow - Es waren viele Fragen, die Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) gestern nicht beantworten konnte. Etwa mit welcher Begründung er im Herbst 2008 die Akte zu einem Vorgang schloss, der seinen persönlichen Referenten Sören Kosanke betraf. Wie er die Sache heute sieht. Und ob er einen Verstoß gegen das Melde- oder Wahlgesetz erkennt. Herr Schmidt bemühte sich „intensiv um die Aufklärung“, hieß es aus dem Rathaus. Die Akte sei erst gestern Abend gefunden worden, eine Presserklärung mit Kosanke stellte Schmidt für Montag in Aussicht. Im Übrigen hätte es der Wahlausschuss und der Wahlleiter, nicht der Bürgermeister, beanstanden müssen, wenn ein Verstoß gegen das Wahlrecht vorgelegen hätte, so Schmidt.
In der Akte vermerkt ist ein Vorgang, der nicht nur Kosanke, sondern auch dem Bürgermeister gefährlich werden könnte. Rückblick, Herbst 2008: Kosanke ist damals seit einem Jahr Wirtschaftsförderer und Bürgermeisterreferent im Rathaus. Er hält Thomas Schmidt den Rücken frei, er macht es auch in schwierigen Situationen gut. In der SPD hatte er seit seinem Eintritt 1998 eine ordentliche Karriere hingelegt, in seinem Heimatort Eberswalde schon als 21-jähriger Stadtverordneter den Sozialausschuss geleitet. Nach dem Studium der Philosophie, Soziologie und des öffentlichen Rechts in Heidelberg zurück in Eberswalde wird er 2007 zum Landeschef der Jusos gewählt. Ein viertel Jahr später hat das Nachwuchstalent die Stelle im Teltower Rathaus.
Es ist eine politisch spannende Zeit im Herbst 2008. Kosanke und Schmidt erweisen sich als gutes Team und halten alle Fäden in der Hand: Die Teltower Ortsumfahrung wird vorfristig fertig, kurz darauf legt die SPD bei der Kommunalwahl sieben Prozent zu. Da ist etwas im Werden, Thomas Schmidt bereitet seine nächste Bürgermeisterkandidatur vor. Kosanke will mit 31 in den Landtag, keinen wundert’s. Innerparteilich gibt es Widerstände, die überwunden werden. Schmidt wird im November als Bürgermeisterkandidat nominiert, Kosanke im Dezember Direktkandidat des Teltower Wahlkreises. Und beide werden später gewählt.
Es muss Kosanke klar gewesen sein, dass seine politische Karriere am Hauptwohnsitz Teltow hängt: Nur wer hier wohnt, kann im Landtags-Wahlkreis 20 angekreuzt werden. Am 25. September unterschreibt er einen Mietvertrag bei der Wohnungsgenossenschaft TWG und meldet sich im Rathaus an. Der Mitarbeiterin sagt er, er ziehe am selben Tag ein. An der Kommunalwahl vom 28. September – Stadtparlament und Kreistag wurden gewählt – nimmt er per Briefwahl teil. Aus Übereifer? Oder Arglosigkeit?
Auch wenn Kosanke gestern kurz erklärte, er „habe sich nichts zuschulden kommen lassen“: Es bleibt die Frage, ob sein Eintrag ins Wahlverzeichnis getürkt war. Am Tag der Kommunalwahl geht im Rathaus ein anonymer Anruf ein: Kosanke hätte demnach nicht wählen dürfen, weil er noch nicht in Teltow wohne. Tatsächlich beginnt sein Mietvertrag erst am 1. November. Das Ordnungsamt startet eine Routineprüfung, ob eine Scheinanmeldung vorliegt. Nach allem, was verbürgt ist, werden die Mitarbeiter fündig: Kosanke wohnte nicht an der Meldeadresse, konnte es gar nicht, weil noch die Handwerker zugange waren. Bürgermeister Schmidt erklärte den Fall nach einem Gespräch mit Kosanke dennoch für beendet. Ihm reichte eine nachträgliche Vermieterbestätigung und Kosankes Aussage, dass ein fehlendes Briefkastenschild nun angebracht sei.
Einigen Rathausleuten stieß Schmidts einsames Vorgehen übel auf, von Vertuschung soll die Rede gewesen sein. Auch der Stadtverordnete Eberhard Adenstedt von der Fraktion Linke / Bündnisgrüne kann sich erinnern, wie das Thema Wahlfälschung hochzukochen drohte – und wieder verschwand. „Sören Kosanke war für viele ein Wunschkandidat. Als Schmidt erklärte, dass an der Sache nichts dran sei, nahmen das alle gerne hin“, so Adenstedt. „Die Sache wurde bagatellisiert“, so Peter Joachim Trog (CDU). Die Stadtverordneten hätten sich abbügeln lassen, jetzt müsse hart nachgefragt werden. Eberhard Derlig (FDP) fordert, mit derselben Genauigkeit aufzuklären wie die Vorwürfe um Bundespräsident Wulff: „Kosanke und Schmidt müssen sich jetzt erklären.“
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