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Kurz vor dem großen Gewitter. Leo zog den Wels am Samstagabend aus der Havel – an sich war er für einen so großen Fang gar nicht ausgestattet. Der 26-Jährige leitet seit fünf Jahren den Anglermarkt „Angeljoe“ in Potsdam.

© privat

Potsdam-Mittelmark: Ein kapitaler Fang

Ein Angler hat aus dem Zernsee einen fast zwei Meter langen Wels gezogen. In der Anglerszene gibt es noch ein zweites Gesprächsthema: den beißenden Monsterwels von Reinickendorf

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Werder (Havel) / Berlin - Die Ausrüstung, mit der sich Leo am Samstag zum Angeln nach Werder aufgemacht hatte, ist an sich für kleine Raubfische gedacht: eine Baitcast-Rute, 1,90 Meter lang, mit einem leichten, künstlichen Hartplastikköder, einem Wobbler. Die Angelschnur trägt bis zu neun Kilogramm, normalerweise hängen Hechte, Zander, Barsche oder Rapfen an ihrem Ende. Am Samstagabend, kurz vor dem großen Gewitter, war es ein 1,95 Meter langer Wels, wenigstens fünfmal schwerer, als die Angelsehne schafft. „Gutes Material, hat gehalten“, sagt Leo.

Mit robuster Angelausrüstung kennt er sich aus: Der 26-Jährige leitet seit fünf Jahren den Anglermarkt „Angeljoe“ in Potsdam, der bundesweit fünf Filialen hat. Nach der Lehre zum Einzelhandelskaufmann hat Leo, der seinen Nachnamen nicht mal engen Kollegen verrät, sein Hobby zum Beruf gemacht. Wenigstens zweimal die Woche sei er in Ostsee, Spree, Oder oder anderen Gewässern zum Angeln unterwegs.

Sein Lieblingsrevier ist allerdings die heimatliche Havel, die unter Welsfischern zunehmend beliebter wird, wie zahlreichen Internetforen und Youtube-Videos zu entnehmen ist. Nach Angaben des Instituts für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow sind 40 Prozent der Seen in Brandenburg vom Wels besiedelt. Vor zehn Jahren sei der Wert halb so hoch gewesen.

Leo hört in seinem Angelladen etwa alle halbe Jahre von Welsfängen in der Größenordnung von um die zwei Meter. Meistens würden 1 bis 1,40 Meter lange Exemplare aus dem Wasser gezogen. Man benötige festes Material, große Rollen, 60-Kilo-Schnüre und große Haken. Seinen Fang nennt Leo im Nachhinein einen Zufall, dass das Material gehalten hat, Glück. Als er auf der Golmer Seite im dort kaum anderthalb Meter tiefen Großen Zernsee das Gewicht an der Angel spürte, lichtete seine Freundin erst mal den Anker. „Man zieht sich in so einem Fall mit der Rute in Richtung Fisch.“ Leo drillte die fette Beute etwa anderthalb Stunden lang und legte dabei rund zwei Kilometer zurück. Dann zog er das zappelnde Prachtexemplar auf den Kahn.

An sich tummeln sich Welse, die in ihrer Lebenszeit von bis zu 80 Jahren drei Meter lang werden können, in der Nähe der Gewässergründe. Werders Fischer Alexander Mai kann sich vorstellen, dass der Wels in diesem Fall zum Laichen in flacherem Wasser unterwegs gewesen war. Häufig würden Welse auch in der Wublitz unter schwimmenden Schilfinseln laichen. Zu DDR-Zeiten und nach der Wende waren sie in Brandenburger Gewässern ausgesetzt worden. Feinschmecker schätzen das weiße, etwas fettige und weitgehend grätenfreie Fleisch.

Leos Fang sprach sich in der Szene herum. Dort gab es in den vergangenen Tagen noch ein anderes Gesprächsthema den Wels betreffend: Am letzten Juliwochenende soll ein Badegast im Reinickendorfer Flughafensee in Berlin von einem Wels attackiert worden sein.

Als er entspannt in Rückenlage über den See geschwommen war, hatte er plötzlich einen heftigen Schmerz im Fuß verspürt, wie mehrere Berliner Zeitungen berichteten. Dann will der Mann einen mehr als einen Meter großen Wels erkannt haben, der ihn unter Wasser ziehen wollte. In Panik habe er den Fuß aus dem Maul gerissen, sei ans Ufer geschwommen und begab sich mit dem von den Kiefernplatten blutenden Fuß ins Krankenhaus. Womöglich sei der Schwimmer in einem Laichgebiet unterwegs gewesen, wo Welse angeblich auch mal aggressiv auf ungebetene Gäste reagieren sollen, wie es hieß.

Tatsächlich saugen sie mit ihrem großen Maul stattliche Fische ein, gelegentlich auch Enten, Wasserratten und Otter. Immer wieder gibt es Berichte von kleinen Hunden, die beim Schwimmen in Welsgewässern unter der Wasseroberfläche verschwinden. Der Präsident des Landesumweltamtes, Matthias Freude, hält Hunde als Welsbeute nicht für ausgeschlossen. „Irgendwoher muss die Größe ja kommen.“ Wissenschaftlich nachgewiesen sei, das Welse ausgewachsene Stockenten und kleine Schwäne in ihr riesiges Maul einsaugen. Doch selbst große Welse würden nie einen Menschen unter Wasser ziehen, versichert der Zoologe. „Das ist Unsinn.“

Denkbar sei immerhin, dass der Wels auf der Nahrungssuche mal am Zeh oder Fuß lutscht – und ihn wieder ausspuckt. Freude: „Welse sind wie Menschen: von Natur aus faul und wollen leichte Beute.“

nbsp;Henry Klix

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