Potsdam-Mittelmark: Ein Kirschblütenfan
Wolfgang Zart, größter Imker im Werderschen, feiert morgen Dienstjubiläum
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Werder · Derwitz - Im Obstanbaugebiet von Werder (Havel) ist er der größte seiner Zunft. 70 Völker hat Wolfgang Zart. Vor 50 Jahren hat er angefangen, am Sonntag feiert der Berufsimker aus Derwitz sein Bienenjubiläum. Damals war er 12, heute liegt Wolfgang Zart mit 62 im Durchschnittsalter der Imker in Deutschland. Er macht sich ein bisschen Sorgen um den Nachwuchs – was er tun konnte, hat er getan: Sein Sohn, sein Bruder, sein Schwager – alle sind „mehr oder weniger“ durch ihn zur Imkerei gekommen. Die Familie dominiert heute den Glindower Imkerverein mit seinen 15 Mitgliedern.
Doch Zart wird auch nicht wehmütig, wenn er zurückdenkt an die Zeit, als es im Werderschen Havelland noch 90 Imker gab. Die Bienenhaltung war in der DDR einträglich, auch wenn Wolfgang Zart als Profiimker – anders als seine Hobbykollegen – Steuern abführen musste. Der Staat kaufte den Honig für 14 Mark das Kilo ab. Offiziell selbst verkaufen durften Imker nicht, Devisen wurden gebraucht. Aber unter dem Ladentisch ging doch einiges weg. Und auch die GPGen – die Gärtnerischen Produktionsgenossenschaften – zahlten Bares für die Bestäubung der riesigen Apfel- und Kirschplantagen. „Es schwirrten so viele Bienen, dass sie sich gegenseitig Konkurrenz machten“, erinnert sich Zart. Honig blieb manchmal kaum übrig. Der Nebeneffekt: Die Obsterträge waren wegen der guten Bestäubung selbst in Frostjahren ausgeglichen.
Plantagen gibt es weniger, auch Imker. Aber ein halbes statt vier Völker pro Hektar Raps sei gerade noch in Ordnung und gebe auch mehr Honig, meint Wolfgang Zart. Auch wenn er weiß, dass es in anderen Regionen bereits Engpässe gibt. Seit 1995 haben über 500 Imker im Land Brandenburg aus Altersgründen den Betrieb aufgegeben. „Übriggebliebene“ haben Bienenwanderungen als Marktlücke entdeckt, denn auch heute wird von großen Obstbaubetrieben für die Bestäubung gezahlt. Wolfgang Zart ist Partner des Obstbaubetriebs Seidel in Schmergow.
Wie es wird, wenn die „Senioren“ aus dem Glindower Imkerverein aufhören, weiß er nicht – warum sich der Nachwuchs schwer tut schon: „Die Imkerei ist ein teures Hobby geworden.“ Geräte und Zubehör haben sich zwar weiterentwickelt, kosten aber das Doppelte bis Zehnfache. Der 30-prozentige Zuschuss, den das Land inzwischen Neuimkern zahlt, fällt da nicht sehr ins Gewicht. Kein Wunder also, dass sich seit der Wende auch mal ein schwarzes Schaf in der Branche findet: Zart kann sich gut an den „Einwanderer“ aus Nordrhein-Westfalen erinnern, der behauptet hatte, 300 Bienenvölker mitgebracht zu haben. „Die hat nie jemand gesehen, aber die Importfässer mit Honig.“
Für Wolfgang Zart ist es keine Frage, wo es den besten Honig gibt: Importhonig sei oft wässriger, weil er zu früh geerntet wird – es ist natürlich profitabler, wenn die Bienen für 500 Gramm Honig nicht die dreifache Menge sammeln müssen. Seine Lieblingsmarke, die Kirschblüte, sei in anderen Regionen ohnehin schwer zu haben. Und Heilkundler wissen auch, dass nur der Honig der eigenen Region gegen Pollenenallergie hilft – einige seiner Kunden nutzen den Effekt.
Zartsche Qualität muss sich nicht mehr beweisen. Das Hobby führte zur Lehre bei der VEG Marquardt. 1964 machte sich Wolfgang Zart selbstständig, lebt auch heute mit seiner Frau, Erika Zart, von dem Honig, den er an der B 1, der „Vitaminstraße“, verkauft. Sie musste damals das Handwerk sehr schnell lernen, als Wolfgang Zart einberufen wurde, und macht seitdem mit. „Die niederen Arbeiten“, wie sie sehr bescheiden meint.
Erika Zart schüttelt den Kopf, wenn sich ihr Mann täglich ohne Schleier und Handschuhe bei den Bienen umschaut. Er demonstriert Ruhe und Gelassenheit. Dass er sich in Sicherheit bringen musste, ist ihm nur einmal in der Lehrzeit passiert. Die 100 Stiche von damals haben ihre Wirkung getan. Wolfgang Zart weiß, wie er sich zu nähern hat. Und für den fleißigen, sanften Charakter seiner Bienen hat er gesorgt – die Königinnen hat er schließlich selbst gezüchtet.
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