Potsdam-Mittelmark: Ein Korb für die Opposition
Große Koalition hält beim Thema Integration zusammen / Gemeinsamer Antrag kam irrtümlich zustande
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Potsdam-Mittelmark - In der Frage des hauptamtlichen Integrationsbeauftragten für Potsdam-Mittelmark tritt die Kreistagskoalition nun doch geschlossen auf. Man wolle gemeinsam einen Vorschlag unterbreiten, wie Migranten künftig noch besser integriert werden können, sagte SPD-Fraktions- und Kreisparteichefin Susanne Melior gestern gegenüber den PNN. Kurz zuvor war ein Antrag im Innenausschuss des Kreises bis auf Weiteres vertagt worden, der eigentlich ihre Unterschrift hätte tragen sollen.
Denn auf der Vorlage waren neben den Grünen und Linken auch die SPD und FDP als Antragssteller aufgeführt – offenbar ohne vorher ausdrücklich zugestimmt zu haben. In dem Papier geht es um die Schaffung einer hauptamtlichen Personalstelle für die Betreuung von Menschen mit Migrationshintergrund im Landkreis. Kostenpunkt im jährlichen Haushalt: gut 30 000 Euro. Im Sozialausschuss vor gut einer Woche hatten Vertreter aus FDP und SPD die Beschlussvorlage noch befürwortet. „Es war nie ein gemeinsamer Antrag“, sagte Melior nun auf PNN-Anfrage. Vielmehr habe es sich um ein Missverständnis gehandelt, das sich aus einem Gespräch mit Grünen-Fraktionschef Axel Müller ergeben habe. Gefragt habe der, ob sie eine solche Stelle befürworten würde.
Weitaus empörtere Töne kamen während der Sitzung des Innen-Ausschussses aus der FDP-Fraktion: „Ich bin damit überhaupt nicht einverstanden“, so Kreischef Rolf-Hermann Löhr. Man dürfe im Landkreis kein „Beauftragten-Wesen“ schaffen, sagte er, „am Ende gibt es noch für jeden Sportverein eine solche Stelle“, so Löhr. Der Innenausschuss hat sich jetzt – mit den Stimmen der Koaltion – dafür ausgesprochen, das Thema erst im Zusammenhang mit der Haushaltsdiskussion für dieses Jahr zu führen. Die findet allerdings voraussichtlich erst ab dem Frühjahr statt. Die Linken, die bei dem Antrag die Feder führten, waren über den Korb von SPD und FDP nicht erfreut. „Reine Verzögerungstaktik“, schimpfte Abgeordneter Sieghard Rabinowitsch.
Ziel der Kreistagskoalition ist offenbar ein eigener Antrag, für den nun die Partner auf eine Linie gebracht werden müssen. Denn gerade im konservativen Lager wird der Bedarf nach einer hauptamtlichen Stelle für die Integrationsarbeit nicht gesehen. „Wir wollen aber an dem Thema festhalten“, so Melior. Ob dafür nun eine hauptamtliche Stelle neu geschaffen werden muss oder vorhandenes Personal dafür zur Verfügung gestellt wird, müsse noch diskutiert werden. „Im Moment ist der Handlungsbedarf nicht so dringend“, sagte die SPD-Chefin, denn im Moment sei die Stelle ja besetzt.
Die ehrenamtliche Ausländerbeauftragte des Landkreises, Ulrike Kasten, ist allerdings seit diesem Monat im Mutterschutz. Sie hatte sich bereits im Dezember für eine hauptamtliche Stelle ausgesprochen, da ein Ehrenämtler die vielen Aufgaben nicht bewältigen könne. Sie selbst habe die Mitarbeit in Projekten und Netzwerken vernachlässigen müssen, weil ihre direkte Arbeit mit Migranten sie zu sehr in Anspruch nehme. Schwerpunktmäßig müsse sie sich auf einzelne Anliegen konzentrieren. Als Beispiel nennt sie die Unterstützung einer deutsch-ungarischen Familie bei deren Suche nach einer geeigneten Grundschule für das Kind.
Zusätzlichen Handlungsbedarf sieht die Ausländerbeauftragte künftig im Hinblick auf die steigende Anzahl von Kindern mit Migrationshintergrund im Landkreis. In den Kitas und Grundschulen müssten Beratungsstunden für die Erzieherinnen und Lehrer stattfinden, um diese für das Thema empfänglicher zu machen. Ein weiteres Feld sei die Vermittlung von sogenannten „Anpassungsqualifizierungen“. Viele Zuwanderer haben einen Hoschschulabschluss, der in Deutschland nicht anerkannt wird. Im vergangenen Jahr konnten laut Kasten 17 Zuwanderer nach einer solchen Anpassung ihre Arbeit in Brandenburg aufnehmen.
Generell verbessern müsse sich die Situation für Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften des Kreises. „Der Gesundheitszustand der irakischen Flüchtlinge hat sich im letzten Jahr dramatisch verschlechtert, die psychotherapeutische Betreuung ist mangelhaft“, so die Einschätzung der ehrenamtlichen Ausländerbeauftragten. Thomas Lähns
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