Potsdam-Mittelmark: Ein Naturpark, der „von unten“ wächst
Großschutzgebiet „Mittlere Havel“ auf gutem Weg / 4. Havelbadetag in Ketzin
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Ketzin - Was an heißen Sommertagen normalerweise der Erfrischung dient, war am gestrigen Sonntag mit einer Botschaft verbunden: Für ihren Fluss gingen mehrere hundert Gäste im Strandbad Ketzin ins Wasser. Der Förderverein „Mittlere Havel“ hatte zum vierten Havelbadetag eingeladen, und was einst als Protestveranstaltung anfing, hatte an diesem Wochenende Volksfestcharakter. Denn hier ist man nicht nur gegen den Ausbau des Flusses im Rahmen des Verkehrsprojektes Nr. 17, sondern auch für einen Naturpark „Mittlere Havel“ zwischen Werder und Brandenburg.
Und der scheint auf gutem Wege zu sein. Nachdem die Gemeinden Groß Kreutz, Kloster Lehnin und die Stadt Ketzin sich schon längst über ein gemeinsames Vorgehen verständigt haben, hat die Stadt Brandenburg in diesem Jahr nachgezogen und sich per Stadtverordnetenbeschluss in den Kreis der künftigen Naturpark-Kommunen eingereiht. Bis zur Dominsel soll sich das Gebiet dann erstrecken, für das Jahr 2010 wird die Eröffnung angestrebt.
Es geht einerseits darum, die zirka 600 Quadratkilometer entlang der hiesigen Havel zu schützen, andererseits aber auch, sie besser zu vermarkten. Erste Gesprächsrunden mit hier ansässigen Landwirten hätten bereits Ängste abgebaut, so Chris Rappaport, Vorsitzender des Fördervereins. Eine der Voraussetzungen für die Naturpark-Gründung ist schon längst erfüllt: 50 Prozent der Fläche müssen Landschafts- oder Naturschutzgebiet sein – hier seien es 60.
Während man sich auf kommunaler Ebene über die Ziele einig ist, geben sich die höheren Instanzen noch verhalten. Im Landkreis Havelland gibt es bereits einen Naturpark zwischen Rathenow und Rhinow, man befürchte dort zusätzliche Kosten, berichtet Ketzins Bürgermeister Bernd Lück. Ähnlich sieht es im Land Brandenburg aus: Ein Naturpark Mittlere Havel wäre das 16. Großschutzgebiet in der Mark, also wird im Umweltministerium erst einmal abgewartet. „Die Finanzierung liefe aber Hand in Hand mit allen Beteiligten“, versucht Rappaport Vorbehalte auszuräumen. So seien die Kommunen sogar bereit, eigene Mitarbeiter für die Verwaltungsaufgaben des Parks abzustellen, der größte Kostenpunkt wäre damit gedeckt.
Immerhin: Der Landkreis Potsdam-Mittelmark will auf dem Götzer Berg im kommenden Jahr einen Aussichtsturm finanzieren. Weitere anstehende Projekte sind ein Radweg von Phöben nach Brandenburg sowie die Errichtung von Wasserwanderstationen. So könnte ein eigenes Markenzeichen entstehen: Was zwischen Nuthe und Nieplitz die Reiterhöfe sind, wäre hier der Wassersport, so Rappaport. Der Förderverein selbst hat in dem Ort Götzer Berge vor kurzem einen Kanuverleih eröffnet, erste Wanderwege wurden auch schon beschildert.
Die Bürgermeister verweisen darauf, dass dieses Projekt „von unten“ entstanden ist und schon deshalb etwas Besonderes sei. „Wir haben von Anfang an mit unseren Bürgern gesprochen“, so Bernd Lück. Die Vermarktungsmöglichkeiten seien groß, allerdings müsse noch stärker das Interesse touristischer Unternehmen geweckt werden, sagt der Groß Kreutzer Bürgermeister Reth Kalsow.
Mit dem Naturpark wäre der Ausbau der Havel längst nicht verhindert. Die Projektgegner bleiben wachsam und geschlossen. So führte das 13. Volksradeln gegen den Havelausbau gestern nach Ketzin. Thomas Lähns
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